Geliebter Fremder
geweigert, auch nur noch einen Fuß in dieses Haus zu setzen!«
»Wahrscheinlich ist dies das einzige Argument dafür, alles so zu belassen, wie es ist«, entgegnete er trocken.
Lara schlug sich die Hand vor den Mund, konnte aber nicht verhindern, dass sie laut auflachte. Das Geräusch hallte von den Marmorwänden wider.
Hunter grinste und ergriff ihre Hand, bevor sie sich ihm entziehen konnte. Er rieb mit dem Daumen über ihre Handfläche. »Komm mit nach oben und iss mit mir zu Abend.«
»Ich habe keinen Hunger.«
Er schloss seine Hand fester um ihre. »Du musst mehr essen als ich. Ich hatte ganz vergessen, wie zart du bist.«
»Ich bin nicht zart«, protestierte sie und zerrte vergeblich an ihrer Hand, um sie aus seinem Griff zu befreien.
»Ich könnte dich glatt in meine Westentasche stecken.« Er zog sie näher zu sich heran und lächelte über ihr Unbehagen. »Komm mit nach oben. Du hast doch keine Angst davor, mit mir allein zu sein, oder?«
»Natürlich nicht.«
»Du denkst, dass ich wieder versuche, dich zu küssen, nicht wahr?«
Lara blickte sich in der Eingangshalle um. Hoffentlich hatte sie keiner von den Dienstboten gehört. »Ich habe keine Lust, mit dir darüber zu reden …«
»Ich küsse dich schon nicht«, sagte er ernst. »Ich fasse dich auch nicht an. Und jetzt sag ja.«
»Hunter …«
»Sag es.«
Sie lachte ein wenig ärgerlich auf. »In Ordnung, wenn es dir so schrecklich wichtig ist, dass wir miteinander zu Abend essen.«
»Schrecklich wichtig«, erwiderte er leise und strahlte sie triumphierend an.
Trotz der Veränderungen, die Lord und Lady Arthur vorgenommen hatten, hatten sie die Köchin behalten, wofür Lara dankbar war. Mrs. Rouille war seit über zehn Jahren in den Diensten der Hawksworths. Auf der Grundlage der französischen und italienischen Küche bereitete sie Mahlzeiten mit solcher Raffinesse zu, dass sie damit die besten Küchenchefs von London in den Schatten stellte.
Lara hatte sich an die einfachen Mahlzeiten gewöhnt, die sie im Cottage zu sich genommen hatte. Aber jetzt war es ein Vergnügen, sich in Hawksworth Hall wieder an einen gedeckten Tisch zu setzen. Zu Ehren von Hunters Heimkehr hatte Mrs. Rouille sein Lieblingsgericht zubereitet: gegrillte Ente mit Zitrone, Auberginen in Cremesoße, gekochte Artischocken und Makkaroniauflauf mit Butter und geriebenem Käse.
»Oh, wie ich das vermisst habe!«, rief Lara unwillkürlich aus, als der erste Gang aufgetragen wurde. Sie sog das Aroma der Speisen ein und seufzte: »Ich muss zugeben, dass es mir am schwersten gefallen ist, ohne Mrs. Rouilles Küche auszukommen.«
Hunter lächelte. Sein Gesicht hätte im goldenen Kerzenschimmer eigentlich weich aussehen müssen, aber kein Lichtspiel konnte die harten Kanten seiner Wangenknochen und die energische Linie seines Kinns mildern. Es verwirrte Lara, ihren Mann so zu sehen, so vertraut und doch so verändert.
Sie fragte sich, ob sie ihn während ihrer Ehe wohl jemals so ausgiebig betrachtet hatte. Sie konnte seinem Blick kaum ausweichen. Er sah sie so intensiv und forschend an, als wolle er jede geheime Wendung ihrer Gedanken ergründen.
»Ich hätte dir etwas von der Schiffsverpflegung mitbringen sollen«, bemerkte Hunter. »Gesalzenes Trockenfleisch, getrocknete Erbsen und Grog. Nicht zu vergessen den harten Käse und das schale Bier und gelegentlich ein paar Maden dazu.«
»Maden!«, rief Lara entsetzt aus.
»Sie haben sich in dem harten Zeug breit gemacht.« Er lachte über ihren Gesichtsausdruck. »Nach einer Weile haben wir gelernt, dankbar dafür zu sein – sie haben Gänge in den Zwieback gebohrt, die es einem leichter machten, ihn auseinander zu brechen.«
Lara verzog das Gesicht. »Ich will nichts über Maden hören. Du verdirbst mir den Appetit.«
»Tut mir Leid.« Er versuchte, zerknirscht dreinzublicken, wobei er Lara an die mutwilligen Jungen im Waisenhaus erinnerte. »Dann wechseln wir sofort das Thema.« Sein Blick fiel auf ihre linke Hand, mit der sie gerade ein Stück Brot abbrach. »Sag mir, warum du den Ring nicht mehr trägst, den ich dir geschenkt habe.«
Lara starrte ihn verständnislos an, bis sie plötzlich begriff, was er meinte. »Oh, ich …« Sie schwieg und das Blut stieg ihr in die Wangen.
»Wo ist er?«, fragte er freundlich.
»Ich weiß nicht genau …«
»Das glaube ich dir nicht.«
Lara erstickte fast an ihrem schlechten Gewissen. Der Ring, ein verschlungener Goldreif, war das einzige Schmuckstück, das er ihr
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