Geliebter Fremder
Tätowierungskünstler schließlich mit seinen Vorbereitungen fertig war und sie hinausscheuchte.
»Bei diesem Lärm kann ich nicht arbeiten«, beklagte sich der Franzose. »Hinaus, Mädchen, und kommt erst wieder, wenn ich fertig bin.«
»Und wo soll ich inzwischen meine Freier empfangen?«, jammerte eine der Huren.
»An der Häuserwand«, kam die entschiedene Antwort und die Prostituierten verließen den Keller.
Der Tätowierungskünstler blickte Hunter prüfend an. »Es ist vielleicht bequemer für Sie, wenn Sie sich hinlegen, während ich an Ihnen arbeite, Monsieur.«
Hunter blickte auf das fleckige Laken auf der Liege und schüttelte angewidert den Kopf. Er setzte sich auf den Hocker, hob den Arm und lehnte sich mit den Schultern an die Wand.
»D’accord«, meinte der Franzose. »Aber ich warne Sie, wenn Sie sich bewegen oder zucken, wird die Zeichnung verdorben.«
»Ich werde mich nicht bewegen.« Hunter sah zu, wie der Mann mit zwei Instrumenten aus Elfenbein, von denen eins mit einer kleinen Nadel versehen war, auf ihn zutrat. Der Franzose betrachtete noch einmal die Zeichnung, die Hunter ihm gegeben hatte, dann tauchte er die Nadel in schwarze Tinte, setzte sie auf Hunters Haut an und klopfte mit dem anderen Instrument dagegen.
Hunter erstarrte, als er den Stich spürte. Immer wieder tauchte der Franzose die Nadel in die Tinte und drückte sie in die Haut. Jeder Stich an sich war nicht besonders schlimm, es war die Wiederholung, welche die Prozedur so schmerzhaft machte, dass sich Hunters Nervenenden aufbäumten. Schweiß trat ihm auf die Stirn, sammelte sich auf seinem Bauch, sogar an seinen Fußknöcheln. Bald hatte er das Gefühl, sein Arm stünde in Flammen. Er konzentrierte sich darauf, gleichmäßig zu atmen und das Brennen zu akzeptieren, statt sich dagegen zu wehren.
Der Franzose hielt inne und gönnte ihm einen Moment Ruhe. »Die Schmerzen bringen die meisten Männer zum Weinen, ganz gleich, wie sehr sie dagegen ankämpfen«, sagte er. »Ich habe noch nie erlebt, dass jemand es so tapfer ertragen hat wie Sie.«
»Machen Sie einfach weiter«, murmelte Hunter.
Achselzuckend ergriff der Franzose seine Instrumente. »Le scorpion ist eine ungewöhnliche Wahl«, sagte er, während er Hunters Haut weiter bearbeitete. »Was bedeutet er für Sie?«
»Alles«, presste Hunter zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Der Franzose hörte auf, als die Nadel einen empfindlichen Nerv traf und Hunter zusammenzuckte. »Halten Sie bitte still, Monsieur.«
Hunter hielt trockenen Auges durch. Er dachte an die Zukunft, die vor ihm lag – an Lara – und hieß die Nadel beinahe willkommen. Für das, was er wollte, war sie nur ein kleiner Preis.
Kapitel 8
Auf Hunters Anweisung hin nahm Lara die Dienste eines Innenarchitekten, Mr. Smith, in Anspruch, der die Räume von Hawksworth Hall wieder umgestalten sollte. Begleitet vom Verwalter, Mr. Young, führte Lara Mr. Smith durch das Haus.
»Wie Sie sehen, Mr. Smith«, sagte sie lachend, »ist meine Bemerkung, dass dies die größte Herausforderung Ihrer Laufbahn wird, nicht unberechtigt.«
Smith, ein schwergewichtiger Mann mit einer langen silberweißen Mähne, grunzte unbeteiligt und kritzelte etwas in ein kleines Notizbuch mit vergoldetem Seitenschnitt. Obwohl sein richtiger Name Mr. Hugh Smith war, war er bekannt als ›Möglichkeiten-Smith‹. Dieser Spitzname rührte daher, dass er ständig sagte: »Dieser Raum hat entschieden viele Möglichkeiten.« Bis jetzt hatte Lara allerdings vergeblich auf diesen magischen Satz gewartet.
Sie hatte ihm das ägyptische Esszimmer mit seinen wie Sarkophagen geformten Nischen gezeigt, die barocke Eingangshalle, die chinesischen Empfangssalons mit ihrem falschen geschnitzten Bambus und den marokkanischen Ballsaal mit den in rosa Togen gewandeten Mohren. Mit jedem neuen Raum, den er zu sehen bekam, wurde Mr. Smiths Gesichtsausdruck finsterer und sein Schweigen tiefer.
»Glauben Sie, es ist noch etwas zu retten?«, fragte Lara in einem leisen Anflug von Humor, »oder sollen wir das Haus lieber bis auf den Grund niederbrennen und es neu aufbauen?«
Die Silbermähne wandte sich zu ihr. »Was den schlechten Geschmack angeht, so übertrifft es jedes Heim, bei dem ich bisher das Unglück hatte, es zu besichtigen.«
Mr. Young schaltete sich taktvoll ein. »Ich versichere Ihnen, Sir, dass Lady Hawksworth einen exquisiten Geschmack besitzt und sie mit diesem Dekor nicht das Geringste zu tun hat.«
»Hoffentlich
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