Geliebter Fremder
Kissen. »Gott sei Dank.«
»Ach du lieber Himmel.« Rachel blickte Lara mit weit aufgerissenen Augen an. »Ich habe noch nie gehört, dass ein Ehemann mit seiner Frau über solche Dinge verhandelt. Natürlich gibt es Vereinbarungen, die Männer mit ihren Geliebten treffen, aber … du bist eigentlich nicht…« Sie brach ab und sagte dann lahm: »Das ist alles sehr seltsam.«
»Äußerst seltsam«, stimmte Lara grimmig zu. »Erst werde ich Witwe und gestatte mir zu glauben, dass ich mich nie wieder mit Männern und ihren ekelhaften Bedürfnissen auseinander zu setzen habe, und jetzt muss ich auf einmal wieder mit Hunter schlafen.« Sie kuschelte sich tief in ihren Sessel und starrte trübsinnig auf die elegante, luxuriöse Einrichtung in Rachels Salon. »Wenn man so lange vorher schon davon weiß, ist es sogar noch schrecklicher.«
Rachel blickte sie mit fasziniertem Mitgefühl an. »Hast du vor, dein Versprechen zu halten?«
»Natürlich nicht«, erwiderte Lara. »Ich möchte, dass du mir hilfst, einen Plan auszuhecken. Deshalb habe ich dich besucht.«
Offensichtlich geschmeichelt, weil ihre ältere Schwester ihre Ideen brauchte, legte Rachel ihre Handarbeit beiseite und konzentrierte sich auf das Problem. »Du könntest dich vielleicht so unattraktiv herrichten, dass er dich nicht mehr begehrt«, sagte sie. »Oder du fängst dir eine ansteckende Krankheit ein, die Pocken zum Beispiel, und hoffst darauf, dass sie sich auf deinem Gesicht ausbreiten.«
Lara zog die Nase kraus. »Die Idee finde ich nicht so gut.«
Rachel vertiefte sich begeistert in das Thema. »Du könntest so tun, als ob du krank wärest.«
»Das geht nur eine Zeit lang gut.«
»Vielleicht kannst du ihn irgendwie impotent machen – mit einem Kraut oder einem Pulver, das wir ihm geben könnten.«
Lara bedachte den Vorschlag zweifelnd. »Ich möchte nicht riskieren, dass er krank wird … Der Plan kommt mir ziemlich gefährlich vor. Ich würde so nervös sein, dass ich am Ende noch alles zugäbe.«
»Hmm.« Rachel wickelte sich ein Stück blaues Seidengarn um den Finger. »Vielleicht«, sagte sie zögernd, »solltest du dich ihm einfach für eine Nacht hingeben und danach ist es dann vorbei.«
»Ich will nicht so benutzt werden«, erwiderte Lara heftig. »Schließlich bin ich ja nicht sein Eigentum!«
»Da muss ich dir widersprechen, Larissa. Ich weiß nicht, woher du diese seltsamen Vorstellungen nimmst. Lord Hawksworth ist dein Mann. Du gehörst ihm. Du hast gelobt, ihm zu gehorchen.«
»Ich habe ihm ja gehorcht. Ich bin all seinen Wünschen in Bezug auf mein Verhalten und meine Freunde gefolgt.
Ich habe ihn immer um Erlaubnis gefragt. Ich habe seinen Ehebruch toleriert und ich habe mich ihm im Bett nie verweigert. Aber dann ist er nach Indien gefahren und ich war drei Jahre lang allein … es kann nicht mehr so werden, wie es einmal war.«
»Aber wahrscheinlich muss es das«, murmelte Rachel. »Es sei denn, uns fällt etwas ein, womit wir ihn abschrecken können.«
Sie schwiegen beide eine Zeit lang. Draußen regnete es in Strömen. Ein grauer, trüber Tag, der genau zu Laras Laune passte.
Schließlich sagte Lara: »Am sinnvollsten ist es wahrscheinlich, etwas zu finden, das Hunter mehr begehrt als mich.
Dann wird er so beschäftigt mit seiner neuen Entdeckung sein, dass er darüber unseren Handel vergisst.«
»Aber … hat er nicht gesagt, dass du die einzige Frau bist, die er will?«
»Das hat er sicher nicht so gemeint«, entgegnete Lara knapp. »Ich weiß von früher, dass Hunter gar nicht in der Lage ist, sich auf eine einzige Frau zu beschränken. Er liebt die Abwechslung. Er genießt lediglich die Herausforderung.«
»Und wen willst du ihm präsentieren?«, fragte Rachel. »Welche Frau wird er unwiderstehlich finden?«
»Das ist der leichte Teil der Aufgabe«, sagte Lara und trat ans Fenster. »Weißt du, Rachel, ich glaube, dieser Plan könnte vielleicht funktionieren.«
Kapitel 13
Als Lara den Besitz der Lonsdales verließ, waren die Straßen schlammig und vom Regen aufgeweicht. Der schwere Vierspänner schaukelte schwerfällig und langsam an regennassen Wiesen, Farmhäusern und tropfenden Hecken vorbei. Man konnte sich gar nicht vorstellen, dass ein so heftiger Regenfall möglich war, aber es goss dermaßen, dass es sich anhörte, als ob jemand ständig Wassereimer auf dem Dach der Kutsche ausleerte. Lara sorgte sich um die Pferde, den Kutscher und die Lakaien und wünschte, sie hätte mit dem Besuch bei
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