Geliebter Fremder
hinaus. Lara keuchte auf und barg ihren Kopf an seiner Schulter, als ihr der Regen ins Gesicht peitschte. Mr. Colby saß bereits auf einem Pferd und hielt die Zügel von Hunters braunem Hengst.
Hunter hob Lara in den leeren Sattel, als ob sie nicht mehr wöge als eine Feder, und schwang sich hinter ihr auf das Pferd. Der Sattel war glatt und nass und hatte keinen Knauf, um den Lara ihr Knie hätte legen können. Instinktiv suchte sie nach Halt, als sie merkte, dass sie herunterrutschte. Sofort schlang er seinen muskulösen Arm um sie.
»Entspann dich«, sagte Hunter liebevoll dicht an ihrem Ohr. »Glaubst du, ich ließe dich herunterfallen?«
Lara konnte nicht antworten. Der Regen strömte ihr übers Gesicht und sie fror, als die Nässe durch ihren Umhang drang. Mit einer Hand knöpfte Hunter seinen Regenmantel auf und zog sie an seinen, sodass sie sicher umhüllt war.
Hunter strahlte Wärme aus. Sie atmete tief den Geruch nach feuchter Wolle vermischt mit seinem vertrauten Duft ein. Sie legte ihm den Arm um die Taille und fühlte sich sicher und geborgen, während der Regen hernieder strömte. Offensichtlich störte ihn ihre Haube, denn er zog ungeduldig an den Bändern und warf sie schließlich beiseite, als das Pferd in Trab verfiel.
Lara steckte indigniert den Kopf aus seinem Mantel. Das war meine Lieblings …«, begann sie, aber ein Regenschauer traf ihr Gesicht und sie barg es erneut unter seinem Mantel. Schließlich verfiel das Pferd in einen raschen Galopp. Bisher war sie erst einmal so geritten, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war und ihr Vater sie auf dem Pferd mit zum Dorfladen genommen hatte, um ihr Bänder für ihre Haare zu kaufen. Damals war Lara ihr Vater so groß und stark vorgekommen, als wenn er all ihre Probleme lösen könnte. Als sie älter geworden war, war ihr Vater nach und nach auf normale Ausmaße zusammengeschrumpft und enttäuscht hatte sie feststellen müssen, wie sehr er sich von ihr und ihrer Schwester zurückgezogen hatte, als sie beide schließlich verheiratet waren. Als ob er nicht länger für sie und Rachel verantwortlich wäre.
Lord Hawksworth ist dein Mann. Rachels Stimme hallte in ihrem Kopf wider. Du gehörst ihm …
Sein starker Arm hielt sie fest und mit den Schenkeln dirigierte er das Pferd. Es gab Lara einen Stich, als sie daran dachte, dass sie von der Gnade dieses großen, scheinbar unverletzlichen Mannes abhing. Er hatte versprochen, sanft zu ihr zu sein … aber wenn ein Mann von primitiven Begierden getrieben wurde, verlor er gewöhnlich die Kontrolle über seine Handlungen.
Als ihr diese unerfreulichen Gedanken durch den Kopf schossen, war ihr Hunters Nähe auf einmal gar nicht mehr so angenehm und sie rutschte unbehaglich hin und her. Sie hörte, dass er sie etwas fragte, aber wegen des Sturms und des Hufgetrappels konnte sie ihn nicht verstehen.
Warum war Hunter selbst gekommen? Früher wäre sie ihm das nicht wert gewesen. Und jetzt war so vieles an seinem Verhalten verwirrend … Dass er mit ihr um ihre Gunst handelte, statt sich einfach zu nehmen, was ihm zustand … die Mischung aus Spott und Liebkosung, die seine wahren Gefühle nie verriet … und jetzt kam er ihr zu Hilfe, obwohl keine Notwendigkeit dazu bestand. Als ob er um sie werben würde. Aber warum sollte er ihr den Hof machen, wo er doch genau wusste, dass sie in einem Monat mit ihm schlafen würde?
Lara war so beschäftigt mit all diesen unbeantworteten Fragen, dass sie beinahe überrascht war, als sie feststellte, dass sie sich bereits auf der Auffahrt von Hawksworth Hall befanden.
Sie blieben vor dem Haupteingang stehen und Diener kamen mit Regenschirmen herausgestürzt. Lara war betrübt und erleichtert zugleich, als Hunter ihr vom Pferd herunter half. Ein Lakai hielt einen Schirm über ihren Kopf und geleitete sie in die Eingangshalle. Naomi eilte herbei, um Lara den feuchten Umhang abzunehmen, während Mrs. Gorst die Mädchen beauftragte, ihr schnell ein heißes Bad einzulassen. Zitternd stand Lara da in ihrem feuchten Reisekleid und sah zu, wie Hunter Hut und Mantel ablegte.
Er rieb sich über das tropfende Gesicht und fuhr sich mit den Fingern durch die teilweise nassen Haare, wobei er ihr ein schiefes Lächeln zuwarf.
Ihre eigenen Gefühle verwirrten sie. Er war ihr Feind, aber auch ihr Beschützer. Er wollte ihren Körper und er konnte ihr, wenn er sein Ziel erreichte, das Herz brechen. Ungeachtet der Diener um sie herum trat Lara zögernd auf ihn
Weitere Kostenlose Bücher