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Geliebter Fremder

Geliebter Fremder

Titel: Geliebter Fremder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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nachts viel zu sehr mit einer anderen Frau beschäftigt sein würde, um ihr auch nur einen flüchtigen Gedanken zu schenken.
    Mit Naomis Hilfe badete Lara ausgiebig in nach Lavendel duftendem heißem Wasser und danach rieb sie sich Schultern, Arme und Hals mit einer parfümierten Creme ein. Ein Hauch von Perlpuder ließ ihr Gesicht durchsichtig schimmern und Rouge machte ihre Lippen voll und rosig. Naomi frisierte ihre Haare zu einer geflochtenen Krone, die sie mit einzelnen Steckperlen verzierte.
    Laras Kleid war einfach, aber wunderschön, ein zartes weißes Unterkleid mit silbriger Spitze darüber. Der Ausschnitt war ziemlich tief und die Ärmel bestanden nur aus durchsichtigen Spitzenbändern. Es war ein elegantes Kleid, jedoch ein bisschen gewagt. Natürlich war es um einiges schicklicher gewesen, bevor sie die Schneiderin angewiesen hatte, den Ausschnitt zu vergrößern.
    Lara blickte kritisch in den Spiegel. »Gott sei Dank habe ich noch Zeit, um mich umzuziehen.«
    »Oh, Mylady, das dürfen Sie nicht!«, rief Naomi aus.
    »Das ist das schönste Kleid, das ich je gesehen habe, und Sie sehen wie ein Gemälde darin aus!«
    »Ein ziemlich auffälliges Gemälde«, erwiderte Lara lachend und zupfte unbehaglich an dem Ausschnitt herum.
    »Ich habe das Gefühl, mir fällt gleich alles heraus.«
    »Lady Crossland hat viel ausgeschnittenere Kleider als dieses hier getragen, ohne mit der Wimper zu zucken«, sagte Naomi. »So ist eben die Mode.«
    Janet war auch eine Frau, die einen Spiegel über ihrem Bett hatte anbringen lassen, dachte Lara und schüttelte den Kopf. »Bring das rosafarbene Kleid, Naomi. Ich nehme die Perlen aus den Haaren und stecke stattdessen eine Rose hinein.«
    Die Zofe wollte gerade widersprechen, als Johnny schreiend und kreischend vor Entzücken in den Raum gestürmt kam. »Pass auf! Er kommt!«, schrie der Junge und versteckte sich hinter Laras Röcken.
    Verblüfft blickt Lara auf, als das Brüllen eines Tigers erschallte und Hunter den Flur entlang rannte. Mit fließenden Bewegungen trat er auf Lara zu und packte den kichernden Jungen. Er hob ihn hoch und tat so, als wolle er ihn beißen, während das Kind sich wand und zappelte und lachte.
    »Sie spielen wieder Tigerjagd in Indien«, sagte Naomi zu Lara. »Das haben sie schon die ganze Woche über gemacht.«
    Lara lächelte, während sie den beiden zusah. In den vergangenen Wochen hatte Johnny eine ungestüme Energie entwickelt. Er hatte ein angeborenes Nachahmungstalent und lernte schnell, was Lara ihm beibrachte. Und er spielte gern und nutzte dabei seine natürliche Intelligenz.
    Mit seiner hellblauen kurzen Jacke, der dunkelblauen Hose und seinen schwarzen Haaren, auf denen die allgegenwärtige Kappe mit den Messingknöpfen saß, sah man ihm das Kind nicht an, das einmal in der Gosse gelebt hatte. Er war hübsch, gesund und liebenswert. Und er gehörte zu ihr.
    Iis kümmerte sie nicht, was andere davon hielten oder wie viele Augenbrauen verächtlich hochgezogen wurden.
    Und es würde sie auch in Zukunft nicht kümmern, wenn andere hässliche Gerüchte über Johnnys Herkunft verbreiten und erzählen würden, dass er Hunters oder ihr uneheliches Kind sei. Warum sollte das eine Rolle spielen? Sie hatte die Chance bekommen, für ein Kind zu sorgen, es zu lieben, und genau das wollte sie tun.
    Sie hatte jedoch nicht erwartet, dass Hunter eine solche Bindung zu dem Kind entwickeln würde. Trotz seines Mangels an Erfahrung mit Kindern und trotz seines anfänglichen Widerstands gegen Johnnys Anwesenheit schien er den Jungen fast besser zu verstehen als sie selbst. Er hatte rasch die geheimnisvolle Sprache der Frösche, Sandkuchen, Stöcke und Steine gelernt, die kleine Jungen so liebten. Spiele mit wilden Jagden und Herausforderungen, Rangeleien, grausige Geschichten … Hunter kannte unzählige Methoden, Johnny zu fesseln.
    »Ich mag den Jungen«, hatte er leichthin zugegeben, als Lara es einmal gewagt hatte, ihn auf seine offensichtliche Zuneigung zu dem Kind anzusprechen. »Warum auch nicht? Ich würde ihn jedem dieser zarten, passiven Geschöpfe vorziehen, die aus den meisten aristokratischen Kinderstuben hervorgehen.«
    »Ich dachte, du würdest den Jungen ablehnen, weil er nicht dein Kind ist«, hatte Lara unverblümt erwidert.
    Hunter hatte spöttisch gelächelt. »Wie du selbst gesagt hast, der fehlende Stammbaum ist nicht seine Schuld. Und die Tatsache, dass Crossland-Blut in den Adern eines Jungen fließt, macht ihn noch nicht

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