Geliebter Fremder
gehen.«
»Schön, Sie wiederzusehen«, murmelte Isabel mit ungewöhnlich düsterer Stimme.
»Ja«, krächzte Hargreaves und trat beiseite. »So ist es.«
Gerard öffnete die Tür, warf einen letzten bedeutsamen Blick auf seinen Rivalen und schob dann seine Frau mit einer Hand auf dem Rücken aus dem Geschäft. Langsam und in Gedanken versunken, gingen sie die Straße hinunter. Einige Passanten wollten sich ihnen nähern, wurden allerdings mit einem scharfen Blick in ihre Schranken gewiesen.
»Das war unangenehm«, murmelte er schließlich.
»Ach, das ist dir doch aufgefallen?«, sagte sie, mied aber seinen Blick.
In gewisser Hinsicht vermisste er die Sorglosigkeit seiner Jugend. Vor vier Jahren hätte er diese Begegnung als amüsant abgetan. Tatsächlich hatte er genau dies schon mehrfach getan, als er bei gesellschaftlichen Anlässen Pels Geliebten gegenübergestanden hatte und sie seinen. Jetzt war er sich seiner Fehler und Unzulänglichkeiten mehr als bewusst, und seines Wissens hatte der beliebte und geschätzte Hargreaves nichts dergleichen.
»Ich weiß nicht, wie ich ihm deine Bemerkung erklären soll«, sagte sie, offensichtlich aufgebracht.
»Er weiß, welches Risiko man eingeht, wenn man mit der Frau eines anderen schäkert.«
»Aber es gab kein Risiko! Niemand konnte voraussagen, dass du nach Hause kommen und verrücktspielen würdest!«
»Es ist nicht verrückt, seinen Ehepartner zu begehren. Im Gegenteil: Es ist lächerlich, das zu leugnen.«
Er blieb abrupt stehen, als die Tür eines Geschäfts aufging und ein Kunde direkt vor ihnen auf die Straße trat.
»Verzeihen Sie, meine Dame«, rief der Mann Pel zu und tippte sich kurz an den Hut, bevor er mit großen Schritten davoneilte.
Gerard sah sich das Geschäft genauer an, weil er sich fragte, woher die Aufregung des Mannes rührte. Dann verzogen sich seine Lippen zu einem Lächeln, und er langte nach dem Türgriff.
»Ein Juwelier?«, fragte Isabel stirnrunzelnd.
»Ja, Rotfuchs. Den hätte ich schon vor Jahren aufsuchen sollen.«
Er drängte sie hinein, wo der Angestellte lächelnd von seinem Kontenbuch aufblickte. »Guten Tag, mein Herr. Meine Dame.«
»Das war ein glücklicher Mann, der eben gegangen ist«, bemerkte Gerard.
»Allerdings«, bestätigte der Angestellte. »Ein Junggeselle auf dem Weg zu einem Heiratsantrag, dem er mit einem schönen, heute gekauften Ring Nachdruck verleihen will.«
Auf der Suche nach einem ähnlichen Glück betrachtete Gerard den Schmuck in den Vitrinen.
»Was suchst du denn?«, fragte Pel und neigte sich neben ihm vor. Ihr Geruch berührte ihn so tief, dass er wünschte, er könnte sich in damit getränkte Satinlaken legen. Wahrhaft himmlisch würde es werden, wenn auch noch ihre anmutigen Gliedmaßen mit seinen verschlungen wären.
»Hast du schon immer so wundervoll gerochen, Pel?« Als er den Blick zu ihr wandte, bemerkte er, dass sein Gesicht ganz dicht an ihrem war.
Sie wich blinzelnd zurück. »Gray, im Ernst! Könnten wir das Gespräch über Düfte verschieben und uns auf das konzentrieren, was du suchst?«
Lächelnd nahm er ihre Hand und schaute zum Angestellten, der sich in der Nähe herumdrückte. »Diesen hier.« Er zeigte auf den größten Ring in der Vitrine – einen wuchtigen Rubin, der von Diamanten umringt war und von einem filigranen Goldring getragen wurde.
»Himmel«, hauchte Pel, als er aus dem Glaskasten genommen wurde und im Licht glitzerte.
Gerard hob ihre Hand und schob ihr den Ring auf den Finger. Es befriedigte ihn zutiefst, dass er sich eng, aber nicht zu eng über ihren Handschuh schob. Jetzt sah Pel aus wie eine verheiratete Frau. Perfekt.
»Nein.«
Er zog die Augenbrauen in die Höhe und bemerkte, dass seine Frau unglücklich wirkte. »Warum nicht?«
»Er … ist zu groß«, protestierte sie.
»Er passt zu dir.« Er lehnte sich gegen die Vitrine und hielt ihre Hand lächelnd in seiner gefangen. »Als ich in Lincolnshire war –«
»Ach ja?«, fragte sie rasch.
»Unter anderem«, sagte er und streichelte ihre Handfläche, »sah ich mir manchmal einen Sonnenuntergang an und dachte an dich. Manchmal leuchteten die Wolken in einem Rot, das genau den helleren Tönen in deinem Haar entsprach. Fast dieselbe Farbe sieht man, wenn das Licht auf den Rubin fällt.«
Sie starrte ihn an, als er ihre Hand an seine Lippen führte. Zuerst küsste er den Ring und dann ihre Handfläche. Er kostete die Gelegenheit aus, jemandem wieder so nahe zu sein.
Die Sonnenaufgänge hatten
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