Geliebter Fremder
so ungern ich es sage, aber du warst bereits provoziert.« Jetzt unterdrückte er sein Lächeln nicht mehr. Als sie das sah, musste sie sich am Treppengeländer festhalten. »Ich gebe zu, es freut mich, dich so eifersüchtig zu sehen.«
»Ich bin nicht eifersüchtig.« Isabel stieg die letzte Stufe hinauf und wandte sich zum Gang. »Ich erwarte einfach, dass man mir in meinem eigenen Haus ein wenig Respekt erweist. Und ich habe vor langer Zeit gelernt, dass ein Mann, der seine Frau eifersüchtig macht, nichtswürdig ist.«
»Dem stimme ich zu.«
Seine leise Bestätigung verwirrte sie, und sie blieb kurz vor ihrer Tür stehen.
»Du vergisst hoffentlich nicht, Pel«, murmelte er, »dass mir diese Gäste genauso wenig willkommen waren wie dir.«
»Lügner. Du liebst schmachtende Frauen. Wie alle Männer.«
Es liegt nicht in der Natur von Ehemännern, treu zu sein, vor allem nicht, wenn sie gut aussehen und charmant sind,hatte ihre Mutter gesagt, und Isabel hatte das am eigenen Leib erfahren. Natürlich hatte Gray sie nicht angelogen. Er hatte ihr keine Treue versprochen, sondern nur, ein guter Liebhaber zu sein – was sie nicht bezweifelte.
» Schmachtende Frauen liebe ich nur, wenn es temperamentvolle Marchionesses in satinverkleideten Boudoirs sind.« Er griff an ihr vorbei zum Messingknauf ihrer Tür und streifte dabei mit seinem Arm ihre Brust. »Was bekümmert dich, Isabel?«, fragte er, mit seinem Mund an ihrem Ohr. »Wo ist das Lächeln, nach dem ich mich verzehre?«
»Ich versuche nur, nett zu sein, Gray.« Sie hasste es, schlechte Laune zu haben. Es lag nicht in ihrem Naturell.
»Ich hatte andere Pläne für heute.«
»Ach ja?« Sie wusste nicht, wieso es sie störte, dass er irgendwohin wollte, um etwas zu erledigen, mit dem sie nichts zu tun hatte.
»Ja.« Er strich ihr mit der Zunge über ihre Ohrmuschel und versperrte ihr mit seinen breiten Schultern die Sicht. »Ich hatte gehofft, den Tag damit zu verbringen, dich zu umwerben und dir meine charmante Seite zu zeigen.«
Isabel stieß gegen seine Brust und unterdrückte das leichte Zittern, das seine Worte und seine Nähe hervorriefen. Er lehnte sich näher zu ihr und hielt sich mit einer Hand am Türpfosten fest, bis sein Geruch und sein harter Körper sie umgab. Eine dicke Locke seines schimmernden braunen Haars fiel ihm ins Gesicht und ließ ihn sehr lässig und sehr jung aussehen.
»Von deiner charmanten Seite habe ich genug gesehen.« Genauso wie von seiner leidenschaftlichen Seite. Sie erschauerte, als sie an seine Umarmung und seine Lippen auf ihrem Hals dachte.
»Ist dir kalt, Isabel?«, fragte er in leisem, vertraulichem Ton. Er hatte die Lider halb gesenkt. »Soll ich dich wärmen?«
»Ehrlich gesagt«, flüsterte sie und fuhr ihm mit den Händen über die Schultern, was ihn zum Erschauern brachte, »ist mir im Moment sehr heiß.«
»Mir auch. Bleib heute Abend mit mir zu Hause.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich muss wirklich ausgehen.« Sie wich in ihr Zimmer zurück und erwartete, dass er ihr folgte. Aber er blieb, wo er war.
»Nun gut.« Gray seufzte und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Wirst du das Abendessen auf deinem Zimmer einnehmen?«
»Ja.«
»Ich habe noch etwas zu tun, aber wenn ich zurückkehre, sehe ich dir bei den Vorbereitungen zu. Ich hoffe, du hast nichts dagegen. Man muss nehmen, was sich einem bietet.«
»Nein, ich habe nichts dagegen.« Langsam bemerkte sie, wie sie die Vorstellung, dass er sich sein Vergnügen woanders suchte, zutiefst verstörte.
»Dann bis später.« Er zog die Tür zu, doch noch lange, nachdem er gegangen war, starrte Isabel darauf.
In den nächsten Stunden badete sie und nahm eine leichte Mahlzeit zu sich. Normalerweise plauderte sie mit Mary, während sie zurechtgemacht wurde. Die Dienerschaft kannte immer den neuesten Klatsch, und Isabel ließ ihn sich gern erzählen. Doch heute war sie ungewöhnlich still, weil ihre Gedanken noch mit den Ereignissen des Nachmittags beschäftigt waren. Sie wusste, dass einige der Frauen, die sich in ihrem Haus eingefunden hatten, intime Freundinnen ihres Mannes gewesen waren. Sie war diesen Frauen in den letzten vier Jahren oft begegnet und hatte sich nichts dabei gedacht. Aber jetzt regte es sie so auf, dass sie an nichts anderes mehr denken konnte.
Schlimmer jedoch war der Gedanke an die neuen Frauen – nicht die seiner Vergangenheit, sondern seiner Zukunft. Diejenigen, die mit ihren Wimpern geklimpert, seinen Arm berührt und ihn
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