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Geliebter Fremder

Geliebter Fremder

Titel: Geliebter Fremder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Day
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»Tut mir leid.«
    »Ist Graysons Rückkehr so schwierig für dich?«, fragte er sanft. »Du bist so anders als sonst.«
    »Das weiß ich.« Frustriert atmete sie geräuschvoll aus. »Außerdem habe ich seit gestern Abend nichts mehr gegessen.«
    »Das erklärt einiges. Du warst schon immer unausstehlich, wenn du Hunger hattest.« Er bot ihr seinen Arm. »Sollen wir uns unter die Menge der miesepetrigen Klatschtanten mischen und dir etwas zu essen besorgen?«
    Isabel hielt sich ihre behandschuhte Hand vors Gesicht und lachte.
    Kurz darauf stand sie ihm gegenüber am Büffet und belud ihren Teller ungebührlich hoch. Er schüttelte den Kopf und blickte zur Seite, um ein nachsichtiges Lächeln zu verbergen. Dann stellte er sich ein Stück abseits, holte seine Taschenuhr heraus und fragte sich, wie lange er dies noch durchstehen musste.
    Es war erst drei Uhr. Klickend schloss er die Taschenuhr und stöhnte.
    »Es ist äußerst ungehörig, derart deutlich zu zeigen, dass Sie sich langweilen.«
    »Wie bitte?« Er wirbelte herum, um die Besitzerin der lieblichen Stimme auszumachen. »Wo sind Sie?«
    Keine Antwort.
    Doch plötzlich richteten sich seine Nackenhärchen auf. »Ich werde Sie finden«, versprach er und betrachtete die niedrigen Hecken um ihn herum.
    »Etwas zu finden heißt, etwas ist verloren gegangen oder verborgen, und ich bin weder das eine noch das andere.«
    Bei Gott, diese Stimme war so lieblich wie die eines Engels und so sinnlich wie die einer Sirene. Ohne Rücksicht auf seine braune Kniehose brach Rhys durch die hüfthohen Hecken, umrundete eine große Ulme und entdeckte auf der anderen Seite einen kleinen Sitzbereich. Dort saß auf einer halbrunden Marmorbank eine zierliche Brünette mit einem Buch.
    »Etwas weiter unten ist auch ein Weg«, bemerkte sie, ohne den Blick von ihrer Lektüre zu heben.
    Er betrachtete ihre propere Gestalt und erfasste die abgestoßenen Spitzen ihrer Schuhe, den leicht ausgeblichenen Saum ihres geblümten Kleids und ihr zu enges Mieder. Er verneigte sich und sagte: »Lord Trenton, Miss …?«
    »Ja, ich weiß, wer Sie sind.« Sie ließ das Buch zuschnappen, hob den Kopf und musterte ihn genauso ausgiebig wie er sie.
    Rhys starrte sie an. Er konnte nicht anders. Sie war nicht besonders schön. Eigentlich waren ihre zarten Züge nichts Besonderes. Ihre kecke Nase war mit Sommersprossen gesprenkelt, ihr Mund genau wie der anderer Frauen. Sie war weder alt noch jung. Er schätzte, dass sie auf die dreißig zuging. Aber ihre Augen waren so hinreißend wie ihre Stimme: groß und rund, in einem leuchtenden Blau mit goldenen Sprenkeln. Außerdem sehr intelligent und – was noch faszinierender war – mit einem spitzbübischen Funkeln.
    Erst nach einem Augenblick merkte er, dass sie nichts sagte.
    »Sie starren mich an«, bemerkte er.
    »Sie mich auch«, erwiderte sie mit einer Direktheit, die ihn an Bella erinnerte. »Ich habe eine Entschuldigung. Sie nicht.«
    Er hob die Augenbrauen. »Dann erklären Sie mir doch, welche Entschuldigung das sein soll. Vielleicht kann ich sie auch für mich anführen.«
    Als sie lächelte, wurde ihm plötzlich unangenehm heiß. »Das bezweifle ich. Sehen Sie, Sie sind bei Weitem der bestaussehende Mann, den ich je vor Augen hatte. Ich gestehe, ich musste meine normalen Maßstäbe von männlicher Schönheit erst kurz überdenken, um Ihre Erscheinung zu verarbeiten.«
    Er erwiderte ihr Lächeln unverhohlen.
    »Lassen Sie das«, sagte sie und drohte ihm mit einem tintenverschmierten Finger. »Gehen Sie.«
    »Wieso?«
    »Weil ich in Ihrer Gegenwart nicht mehr klar denken kann.«
    »Dann denken Sie doch nicht.« Er ging auf sie zu und fragte sich, wie sie wohl roch und warum ihre Kleider abgetragen und ihre Finger tintenbeschmiert waren. Warum war sie allein und las während einer Gesellschaft? Die plötzliche Flut von Fragen und der überwältigende Drang, die Antworten zu erfahren, verwirrten ihn.
    Als sie den Kopf schüttelte, fielen ihr glänzende dunkle Locken in die rosigen Wangen. »Sie sind genauso unverschämt, wie alle sagen. Wenn ich Sie nicht abwiese, was würden Sie dann tun?«
    Das freche Ding schäkerte mit ihm, doch er nahm an, dass es unbewusst geschah. Die Frau war wirklich neugierig, und dieser ungenierte Wissensdurst weckte sein Interesse. »Ich weiß es nicht genau. Sollen wir es zusammen herausfinden?«
    »Rhys, verdammt noch mal!«, murmelte Isabel in unmittelbarer Nähe. »Wenn du geflüchtet bist, kannst du von mir nichts

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