Geliebter Fremder
dem er saß, fröstelte.
Kapitel 15
Wieso hab ich das Pech, dass meine Frau mich in den kompromittierendsten Situationen sieht?, fragte sich Gerard.
Er bleckte die Zähne und sah den Eindringling grollend an, der erschrocken zurückfuhr. Anschließend erhob er sich aus der Wanne, schlang sich das Handtuch um, das sein Kammerdiener auf einen Stuhl gelegt hatte, und sah zu, wie Pel Barbara aus dem Raum scheuchte.
Auf dem Gang schrie Isabel der flüchtenden Gestalt nach: »Ich bin noch nicht fertig mit Ihnen, Madam!«
Gerard straffte die Schultern und wartete darauf, dass seine Frau sich umdrehte und ihn wie eine Löwin ins Visier nahm. Als sie es tat, zuckte er wegen ihrer drohenden Miene zurück. Sie starrte ihn einen Moment mit ausdruckslosem Blick an. Ihre bernsteinfarbenen Augen funkelten, ihre Haare waren gelöst und fielen um ihre üppigen Kurven, die in einen Morgenmantel gehüllt waren. Dann wandte sie sich ab und begab sich eilends in ihr Zimmer.
»Isabel.«
Er warf sich hastig den Bademantel über und folgte ihr, wobei er den Arm ausstreckte, damit sie ihm nicht die Tür ins Gesicht knallte. In ihrem Zimmer behielt er sie vorsichtig im Auge, während er sich richtig anzog und sich fragte, wie er das Gespräch beginnen sollte. Sie lief unruhig hin und her. Schließlich sagte er: »Ich habe diesen Überfall weder provoziert noch gewollt.«
Sie warf ihm einen Seitenblick zu, hielt aber nicht inne.
»Ich glaube, du willst mir glauben«, murmelte er. Sie schleuderte weder Schmähungen noch Gegenstände in seine Richtung.
»So einfach ist das nicht.«
Er ging auf sie zu, packte sie an den Schultern und zwang sie, stehen zu bleiben. Erst dann merkte er, wie schwer sie atmete, was seinen Puls abrupt beschleunigte. »Doch, es ist so einfach.« Er schüttelte sie leicht. »Sieh mich an. Sieh mich!«
Als Isabel den Blick hob, sah er denselben vagen, benommenen Ausdruck, der ihm schon beim Ball der Hammonds aufgefallen war.
Er barg ihre Wangen in seinen Händen und bog ihr Gesicht nach oben. »Isabel, Liebste.« Er schmiegte seine Wange an ihre, holte tief Luft und sog ihren Duft ein. »Ich bin nicht Pelham. Früher vielleicht … als ich noch jünger war …«
Sie umklammerte seinen Morgenmantel.
Er seufzte. »Dieser Mann bin ich nicht mehr, und wie Pelham war ich nie. Ich habe dich niemals angelogen und nie etwas vor dir geheim gehalten. Von dem Augenblick an, da wir uns kennenlernten, war ich dir gegenüber so offen wie keinem anderen. Du hast meine schlimmsten Seiten gesehen.« Er suchte ihren Mund, küsste ihre kalten Lippen, fuhr ihr mit der Zunge darüber und zwang sie sanft, sie zu öffnen. »Kannst du in deinem Herzen nichts finden, das dich meine besten Seiten sehen lässt?«
»Gerard …«, hauchte sie und strich zaghaft mit ihrer Zunge über seine, was ihn aufstöhnen ließ.
»Ja.« Er zog sie näher an sich und nutzte skrupellos ihren Anflug von Schwäche aus. »Vertrau mir, Pel. Ich habe so viel, was ich dir anvertrauen will. So viel zu erzählen. Bitte, gib mir – gib uns diese Chance.«
»Ich habe Angst«, gestand sie und offenbarte damit, was er schon gewusst hatte. Aber er hatte darauf gewartet, dass sie es sagte.
»Wie mutig von dir, das zuzugeben«, erwiderte er, »und wie glücklich ich mich schätzen kann, dass du deine Ängste mit mir teilst.«
Sie zog am losen Gürtel seines Bademantels, knotete ihren eigenen auf und presste ihren nackten Körper an seinen. Es gab keine Barrieren zwischen ihnen. Als sie ihre Wange an seine Brust drückte, wusste er, dass sie auf seinen gleichmäßigen Herzschlag lauschte. Er griff unter ihren Morgenmantel und strich ihr über den Rücken.
»Ich weiß nicht, wie ich mich jetzt verhalten soll, Gray.«
»Ich auch nicht. Aber bei unseren Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht finden wir sicher einen Weg. Ich konnte immer sehen, wenn eine Geliebte meiner überdrüssig wurde. Sicher –«
»Du lügst. Es gibt keine Frau, die je das Interesse an dir verloren hätte.«
»Keine Frau, die noch ihre fünf Sinne beisammenhatte«, korrigierte er sie. »Hast du bei Pelham keine verräterischen Anzeichen gesehen? Ist er eines Morgens einfach aufgewacht und hat den Verstand verloren?«
Isabel rieb ihr Gesicht an seiner Brust und lachte. Es klang zittrig, aber trotzdem aufrichtig erheitert. »Doch, es gab Anzeichen.«
»Dann lass uns noch ein Abkommen treffen. Sobald du ein Anzeichen zu sehen meinst, sagst du mir Bescheid, und ich verspreche dir, dich so
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