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Geliebter Lord

Geliebter Lord

Titel: Geliebter Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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sich an den Tisch. Das Spiel war bereits aufgebaut.
    »Ich nehme an, Brendan hat Euch nach bestem Wissen unterwiesen.«
    Plötzlich war sie schüchtern wie ein Kind. Was für ein Unsinn! Wie sollte sie sein Vertrauen gewinnen, wenn sie sich wie ein dummes kleines Mädchen benahm? »Das klingt, als hieltet Ihr nicht viel von seinen Fähigkeiten als Lehrer.«
    Er versuchte zu lächeln, doch der Ausdruck geriet nur ansatzweise freundlich.
    »Lasst uns die Sache einfach hinter uns bringen«, erwiderte er ungeduldig.
    »Ihr meint, je eher Ihr gewinnt, umso eher muss ich gehen?«
    Er nickte.
    Der Feuerschein tauchte den Raum in ein warmes Orangerot und ließ goldene Lichter über Hamishs Haar tanzen. Mary musste sich zwingen, ihren Blick auf das Spielbrett zu senken, doch ihr Gegenüber hatte offensichtlich dasselbe Problem, denn jedes Mal, wenn sie kurz aufschaute, waren seine Augen auf sie gerichtet. Er war ein aggressiverer Gegner als Brendan und wesentlich waghalsiger als Gordon, und auf einen Zug von ihr folgte stets sehr schnell der seine.
    »Ist Euer Ehemann erst kürzlich verstorben?« Die Frage überraschte sie, aber es war nicht das erste Mal, dass er Interesse an ihr bekundete.
    Kein üblicher Patient.
    »Vor einem Jahr.« Im September, wenn der Wind vom nahenden Winter kündete und die Schatten länger wurden, einer Zeit, in der die Familie zusammenrückte. Aber sie hatte keine Familie – außer Charles, der wie ein Sohn für Gordon gewesen war.
    »Vermisst Ihr ihn?«
    Ohne den Bauer loszulassen, mit dem sie als Nächstes ziehen wollte, hob sie den Blick. »Ja. Er war ein so wichtiger Teil meines Lebens, dass es merkwürdig wäre, wenn ich es nicht täte.«
    »Erzählt mir von ihm.«
    Jetzt ließ sie den Bauer doch los, lehnte sich zurück und suchte nach den richtigen Worten, während sie ihre auf der Tischkante ruhenden Fingerspitzen betrachtete.
    »Mein Mann war Goldschmied, ein Künstler von einigem Ruf, aber auch ein guter Geschäftsmann, dem sowohl seine Kunden am Herzen lagen als auch seine Nachbarn. War es das, was Ihr wissen wolltet?«
    »Nicht ganz.« Seine Stimme war rauh, aber nicht sein Ton. »Wann habt Ihr geheiratet?«
    »Als ich siebzehn war.«
    »Brendan sagte, Euer Mann wäre bedeutend älter gewesen.«
    Sie runzelte die Stirn, aber ihre Verärgerung galt Brendan.
    »Ja, er war älter. Ein Freund meiner Eltern. Mein Vater hatte eine Schenke, und Gordon war oft dort, insbesondere im Winter. Er war sehr gesellig, hatte jedoch nie geheiratet.«
    »Und als er Euch sah, beschloss er, das zu ändern, habe ich recht? War denn niemand da, der den alten Mann daran hindern konnte, ein so junges Mädchen zu heiraten?«
    »Die Ehe wurde als ein Segen für mich betrachtet«, erklärte sie. »Eine lohnende Verbindung. Aber Gordon war nicht nur ein wohlhabender Mann, sondern auch ein anständiger. Nach dem Tod meines Vaters sorgte er dafür, dass die Schenke weiterlief, um meiner Mutter ein Einkommen zu sichern. Als sie einige Wochen nach Vaters Tod erkrankte, holte er sie zu uns nach Hause und begegnete ihr mit ausgesuchter Freundlichkeit und Höflichkeit. Jede Frau hätte sich glücklich geschätzt, ihn zum Ehemann zu haben.«
    »Habt Ihr Eure Mutter gepflegt?«
    Mary studierte sein Gesicht im Feuerschein. »Ja«, antwortete sie schließlich, »das tat ich.«
    »Und Euren Ehemann ebenfalls?«
    »Ja.«
    »Werdet Ihr der Alten und Hinfälligen nie müde?«
    Was für eine seltsame Frage. Vergeblich versuchte Mary, in seinen Augen zu lesen. Hatte er in Indien gelernt, seine Gedanken zu verbergen?
    »Es bereitet mir große Befriedigung, jemanden gesund zu machen.«
    Er nickte, als billige er diese Antwort.
    »Seid Ihr deshalb Heilerin geworden?«
    Wieder überraschte er sie. »Ja.«
    »Hat Euer Ehemann Euch zum Lachen gebracht?«
    Das war eine Indiskretion, und da sie sich darüber ärgerte, beschönigte sie die Wahrheit ein wenig. »Er hatte einen ganz speziellen Sinn für Humor und konnte beinahe jeden imitieren, der in unser Geschäft kam. Und er sammelte Anekdoten, wie Kinder Steine in der Hosentasche sammeln.« Es war besser, sich an die frühen Jahre zu erinnern als an die schwierigen Zeiten, dachte sie, während sie die züngelnden Flammen im Kamin beobachtete. »Ja, er brachte mich zum Lachen.«
    »Woran starb er?«
    »Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich hatte er ein Geschwür im Leib.«
    Schweigen hing zwischen ihnen, dicht wie die Schatten außerhalb des Feuerscheins.
    »Habt Ihr Kinder?«
    Sie

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