Geliebter Moerder - Eine wahre Geschichte
Sprungbrett, um die Trennung von Claus zu schaffen und sich damit in ein neues Leben zu katapultieren. Ziemlich sicher ist, dass sie sich von Claus innerlich schon kilometerweit entfernt hatte – so wie ich mich von Thomas.
Claus hatte – anders als Thomas – nichts geahnt, Elkes Worte an diesem Sonntagmorgen trafen ihn wie ein plötz licher Faustschlag in den Solarplexus.
Er hat mir mehrmals von dieser Situation am Frühstückstisch erzählt, und dass es ihn so unvorbereitet, so »eiskalt erwischt« hat, wie er sagt, ist ihm immer noch anzuhören und anzusehen.
Ich bin sicher, dass er sie nicht gehen lassen wollte, dass es stundenlange Gespräche in der Küche neben dem alten Herd gab, in denen er alle Gefühle durchlebte und durchlitt, die zu einem solchen Ereignis gehören: Verzweiflung, Fassungslosigkeit, Wut, Hass, Liebe, Schmerz, Angst, ja sogar Panik. Irgendwann hat er wahrscheinlich begriffen, dass Elke es ernst meint. Dass sie nicht sauer auf ihn ist oder kurz mal ausflippt, sondern dass sich da seit Langem etwas zusammengebraut hat, was jetzt wie ein Tsunami über ihn hereinbricht und sich mit Worten nicht mehr eindämmen oder aufhalten lässt. Dass es anders ist als die kurzen Trennungsphasen nach irgendwelchen Streitereien am Anfang ihrer Beziehung. Dass er sie wirklich verloren hat.
In diesem Moment hat Claus auch die Kontrolle über seine geordnete Welt verloren, aber noch nicht die Kontrolle über sich selbst. Das würde erst ein paar Monate später passieren.
Erst einmal blieb er allein in der gemeinsamen Wohnung zurück und versuchte zu begreifen, was passiert war, versuchte, Gründe zu finden. Ein Ereignis ein paar Monate vor der Trennung fiel ihm ein und verfolgt ihn bis heute, auch davon hat er mir schon mehrmals berichtet.
Er und Elke saßen mit gemeinsamen Freunden zusammen. Eine Freundin sprach angeregt mit Elke über ihre bevorstehende Hochzeit: über Kleideranproben, Hoch steckfrisuren, Einladungskarten, Gästeliste, Locations uche, Menüplanung, Tischdekoration, DJ , Polterabend, Junggesellinnenabschied und alles, was heutzutage sonst noch zu einer traditionellen Trauung gehört. Claus hörte den Mädchengesprächen zu, schüttelte den Kopf über das Riesenvorbereitungstamtam und machte einen dummen Spruch. Als er mir davon erzählte, wusste er nicht mehr genau, was er damals zu Elkes Freundin gesagt hatte. Wahrscheinlich so etwas wie: »Heiraten wird doch gna denlos überschätzt« oder »Heiraten ist nur was für Warm duscher und Schattenparker« und dann noch »So viel Aufwand und Geld dafür, dass man sich mit fünfund fünfzigprozentiger Wahrscheinlichkeit doch wieder schei den lässt …« Claus ist meistens wirklich sehr witzig, aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass er ab und zu mit seinen Sprüchen und Späßen danebengreift, und nicht nur das: Manchmal ist es ziemlich verletzend, was er da, ohne viel nachzudenken, so von sich gibt, auch wenn er das nicht beabsichtigt hat. In diesem Fall stieß er nicht nur Elkes Freundin, die zukünftige Braut, in ihrer Begeisterung vor den Kopf, sondern auch Elke. Die träumte nämlich offenbar von genau so einer Hochzeitsfeier, wie ihre Freundin sie gerade plante, und fand wahrscheinlich, dass es langsam mal Zeit für Claus würde, ihr endlich einen Antrag zu machen. Sie war »im richtigen Alter«, wie Claus es später mir gegenüber nannte, und eine Hochzeit gehörte zu ihrer Lebensplanung. Ich war eigent lich davon ausgegangen, dass sie damit genau auf Claus’ Linie lag, aber damit lag ich falsch.
Stattdessen fügte er seinen dummen Sprüchen noch einen fatalen Satz hinzu: »Also für mich kommt Heiraten nicht infrage, so viel steht fest.« Elke hatte kein Wort dazu gesagt, aber an ihren Gesichtsausdruck erinnert sich Claus noch genau: entsetzt und verletzt. Damals hatte er das nicht allzu ernst genommen, hatte es schnell wieder vergessen. Doch nachdem Elke ihn verlassen hatte, fiel es ihm wieder ein und schien eine Erklärung zu bieten.
Das Ereignis begann ihn damals zu quälen, immer wieder spielte er es im Kopf durch und fragte sich, was passiert wäre, wenn er geschwiegen, sich nicht übers Heiraten lustig gemacht oder Elke später darauf angesprochen und sich mit ihr über ihre Zukunftsträume unterhalten hätte. Sich Zeit genommen und ihr zugehört hätte.
Ihm ist heute natürlich klar, dass dies höchstens ein Auslöser gewesen sein kann, nicht die Ursache für Elkes Entscheidung. Hinter der Trennung nach einer so langen
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