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Geliebter Normanne

Geliebter Normanne

Titel: Geliebter Normanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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Sie glaubte zwar nicht, dass Bosgard vor dem Morgen erwachte, dennoch wollte sie das Wagnis, er könne ihr folgen, nicht eingehen. Hayla brauchte kein Licht, um den Weg zu finden. Penderroc Castle war zu ihrer Heimat geworden, so dass sie auch im Dunkeln jede Stufe kannte. Unbemerkt gelangte sie in den Burghof. Vor einem Feuer saßen vier Wachen, aber Hayla gelang es, sich im Schatten der Wand an ihnen vorbei zur Rückseite der Burg zu schleichen. Die dortige kleine Pforte war nicht nur verriegelt, sondern zusätzlich mit Holzlatten von innen verstärkt. Bereits am Nachmittag hatte Hayla unter einem Busch in der Nähe Werkzeug deponiert, mit dem sie nun die Holzlatten abbrach. Obwohl die Wachen weit genug weg waren, bemühte sie sich, so leise wie möglich zu sein. Einmal rutschte sie ab, und das Stemmeisen hinterließ eine blutige Schramme auf ihrem Unterarm. Hayla war froh über den Schmerz, lenkte er sie doch von dem größeren Schmerz, der ihr Herz zu zerreißen drohte, ab. Endlich war es geschafft, und mit einem von Bosgards Schlüsseln öffnete sie die Pforte. Bevor sie hinausschlüpfte, schaute sie ein letztes Mal zu dem Wohnturm hinauf. Dort oben, im zweiten Stock hinter den Fenstern, schlief Bosgard tief und fest. Wahrscheinlich würde er niemals erfahren, dass sie sein Bier mit Schlafkräutern vermischt hatte.
    »Ich liebe dich«, flüsterte sie in die Stille der Nacht, dann ging sie mit hocherhobenem Kopf die wenigen Schritte auf die Wachposten der Belagerer zu, die einen engen Ring um die Burgmauer gezogen hatten.
    »Wer da?«, rief eine Wache, als sich Haylas Schatten aus der Dunkelheit löste. »Bleib sofort stehen.«
    Hayla trat in das Licht des Feuers und streckte die Hände der Wache entgegen.
    »Mein Name ist Hayla, und ich bin unbewaffnet. Ich bin die Frau, die Sir Yven de Mantes nach London bringen soll. Ich bin gekommen, mich Eurem Herrn zu stellen. Bitte, bringt mich zu ihm.«

[home]
    18. Kapitel
    W
er
seid Ihr?« Fassungslos starrte Yven de Mantes auf die junge Frau in dem schlichten Kleid und mit den auffallend veilchenblauen Augen. Zuerst war de Mantes verärgert gewesen, als man ihn mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen hatte, aber jetzt konnte er nur verwundert den Kopf schütteln. »Warum sollte ich Euch glauben und nicht denken, Ihr wollt mich in eine Falle locken?«
    Hayla lächelte mit einem Anflug von Bitterkeit. »Wie sollte es mir gelingen, Euch zu täuschen, Sir? Ich komme ohne Waffe, nicht einmal das kleinste Messer halte ich irgendwo verborgen. Eure Wache hat mich bereits durchsucht. Einer von Euren Männern, Ralph Clemency, kann bezeugen, dass ich die Gesuchte bin. Ich gebe mich also völlig in Eure Hände.«
    »Warum tut Ihr das? Und was wollt Ihr von mir?« De Mantes konnte es immer noch nicht glauben, dass die Frau, die er nach London bringen sollte und der dort der sichere Tod bevorstand, sich ihm ohne Hintergedanken auslieferte.
    »Was ich will?« Hayla zuckte mit den Schultern, dann fiel ihr Blick auf den Tisch, auf dem ein Krug Wein stand. »Ein Becher Wein wäre sehr freundlich. Wie Ihr Euch denken könnt, habe ich großen Durst.«
    De Mantes winkte einem seiner Männer, der jungen Frau das Gewünschte zu reichen, dann richtete er wieder das Wort an sie. »Ihr seid also die Tochter von Harold Godwinson und damit die Verräterin, die versucht, König William die Krone streitig zu machen.«
    »Es hat wohl wenig Sinn, Euch gegenüber meine Unschuld zu beteuern«, entgegnete Hayla und sah de Mantes offen an. »Ihr folgt Euren Befehlen und tut Eure Pflicht. Allerdings habe ich eine Bedingung, bevor ich mit Euch komme.«
    »Ah, ich wusste es! Was soll das für eine Bedingung sein?«, brauste de Mantes auf. »Ihr seid wohl kaum in der Lage, Forderungen zu stellen.«
    Hayla, die mit einer solchen Reaktion gerechnet hatte, blieb äußerlich ganz ruhig. »Man sagte mir, Ihr seid ein Ehrenmann, Sir. Darum plädiere ich an Eure Ehre und bitte Euch, die Bewohner von Penderroc Castle zu verschonen. Sie haben mit der Sache nichts zu tun. Im Gegenteil, die meisten hielten mich für eine Magd und wussten nichts von meiner Verbindung zu dem verstorbenen Harold, bevor Ihr gekommen seid. Sir de Mantes, Ihr habt mich in Eurer Gewalt, ganz so, wie der König es Euch befahl, darum hebt die Belagerung auf und zieht ab.«
    Yven de Mantes griff nun seinerseits zu dem Wein und leerte den Becher mit einem Schluck. Die junge Frau verwirrte ihn. Es waren nicht nur ihre Augen, die von

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