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Geliebter Normanne

Geliebter Normanne

Titel: Geliebter Normanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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der Stimme, und Hayla senkte betroffen den Kopf. Obwohl sie sich freiwillig in die Hände der Feinde begeben hatte, war sie bestürzt, als de Mantes ihr Schicksal so offen ansprach. Sie durfte seine Freundlichkeit nicht überschätzen. Zwar behandelte er sie wie eine Dame, aber dies könnte sich schnell ändern, wenn sie einen Fluchtversuch wagen würde.
    Yven de Mantes rief seine Wachen und gab den Befehl, das Lager sofort abzubrechen und noch heute Nacht loszureiten. Wenn die Männer über diese Anweisung erstaunt waren, ließen sie es sich nicht anmerken. Ein Wachmann fesselte Hayla an Händen und Füßen, und de Mantes sagte beinahe bedrückt: »Verzeiht, Lady Hayla, aber das ist reine Vorsicht. Das versteht Ihr doch, nicht wahr?«
    »Sicher, Sir. Ich habe mich in mein Schicksal gefügt.«
    Während sich die Männer für den Aufbruch bereit machten, versuchte Hayla, gegen die in ihr aufsteigende Angst anzukämpfen. Sie hatte ihre Entscheidung gefällt – nun gab es kein Zurück mehr.
     
    »Das gibt es doch gar nicht!« Der Wachmann rieb sich die Augen, weil er dachte, einem Trugbild zu erliegen, aber was er sah, war Wirklichkeit: Die Belagerer packten ihre Sachen zusammen und waren dabei abzuziehen. »He, kommt mal her!« Er rief nach seinen Kumpanen, die auf der östlichen und nördlichen Burgmauer Wache standen. Auch diese Männer starrten ungläubig auf das Lager von de Mantes. Das Geschehen war auch von anderen nicht unbemerkt geblieben, und ein Mann nach dem anderen kam auf die Mauer.
    »Wir müssen Sir Bosgard davon unterrichten«, rief Ritter Henri. Einige der Männer folgten ihm zu Bosgards Gemach, aber er fand die Tür verschlossen vor. »Sir Bosgard, öffnet! Die Belagerer ziehen ab.« Mit beiden Fäusten hämmerte er an die Tür, aber in dem Raum regte sich nichts.
    »Es kann doch nicht sein, dass er einen so tiefen Schlaf hat und von dem Geschehen draußen nichts bemerkt«, sagte ein anderer Mann. »Hoffentlich ist ihm nichts geschehen.«
    »Die Sorge habe ich auch.« Henri runzelte die Stirn. »Vielleicht sollten wir die Tür aufbrechen?«
    Der junge Eric schob sich zwischen den Männern hindurch. Er blickte Sir Henri an und grinste schelmisch. »Das würde ich bleiben lassen, Sir, denn Sir Bosgard wird über Eure Störung wohl wenig erfreut sein.«
    »Was meinst du damit, Junge?«
    Eric verschränkte die Arme vor der Brust und sah von einem zum anderen. »Na, ich denke, dass der Herr nicht allein in seinem Gemach ist. Lady Hayla ist nirgends zu finden, darum vermute ich, die beiden haben das Abziehen der Belagerer längst mitbekommen und feiern diesen Sieg nun auf ihre Art.«
    Henri zögerte, dann begann er zu verstehen. Er grinste und schlug Eric auf die Schulter. »Damit könntest du recht haben, Junge, und in diesem Fall möchte ich mir wirklich nicht den Unwillen Bosgards zuziehen.« Henri beugte sich vor und rief, so laut er konnte: »Keine Sorge, Sir Bosgard, wir werden Euch nicht länger stören. Habt noch eine angenehme Nacht.«
    Die Männer prusteten los, dann jedoch hielt es sie nicht länger in der Burg. Kaum waren die letzten Reiter der Belagerer im Wald verschwunden, wurde das Tor von Penderroc geöffnet. Trotz aller Freude waren die Männer aber auch vorsichtig. Sie zückten die Schwerter, und die Bogenschützen hielten ihre Waffen abschussbereit. Die Frauen blieben zuerst im Hintergrund und spähten aufmerksam in alle Richtungen. Vorsichtig näherten sich die Männer den Häusern des Dorfes, das jetzt totenstill in der Nacht lag. Der Halbmond spendete ein wenig Licht, und vereinzelt brannten noch Lagerfeuer. Auf Henris Befehl hin schwärmten die Männer aus, um die Häuser zu durchsuchen.
    »Kein Mensch mehr hier«, wurde Henri bald berichtet. »De Mantes und seine Männer scheinen tatsächlich aufgegeben zu haben.«
    Ein Mann trat mit glänzenden Augen vor und sagte: »Sie waren jedoch so freundlich, uns etwas hierzulassen. In dem Haus hinten rechts lagern Dutzende von Bier- und Weinfässern.«
    Bei dieser Nachricht waren die Männer nicht mehr zu halten und stürmten auf das besagte Lagerhaus zu. Auch die Frauen hatten es vernommen, und binnen weniger Augenblicke glich das Dorf einem Hexenkessel, und die Fässer wurden angezapft.
    »Vorsicht, das Bier könnte vergiftet sein!«, rief Henri, aber niemand hörte auf seine Warnung. Die Menschen waren hungrig und durstig und kippten einen Krug nach dem anderen in sich hinein. Als auch nach einiger Zeit nichts geschah, nahm Henri

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