Geliebter Normanne
Autorität, sondern vielmehr seine Größe, seine kräftige Statur und das scharfe Breitschwert an seiner Seite.
Bosgard war froh, als York, beziehungsweise das, was von der Stadt noch übrig war, am Horizont erschien. William hatte bereits damit begonnen, im Osten der Stadt einen Erdhügel aufzuschütten und eine hölzerne Burg zu erbauen, um seine Macht zu demonstrieren.
Ungehindert konnte Bosgard nach York einreiten, denn jeder, der seine normannische Rüstung erkannte, drückte sich ängstlich zur Seite. Bosgards Augen bot sich ein Bild der Verwüstung. Zum Teil glimmten noch die Reste dessen, was einmal Häuser gewesen waren, und zahlreiche Tote waren noch nicht beerdigt worden und lagen auf der Straße. In der anhaltenden Sommerhitze hing der Geruch nach Tod und Verwesung über allem.
»Oh, William, was hast du getan.« Bosgard sprach leise zu sich selbst. Obwohl dem König treu ergeben, verabscheute Bosgard solch grundlose Gewalt, die sich nicht auf die Anführer eines Aufstandes bezog, sondern die Bevölkerung umbarmherzig traf. Es würde Jahre dauern, die Stadt wiederaufzubauen, und die meisten der Leute würden im kommenden Winter, der hier im Norden lang und hart war, kein Dach über dem Kopf haben und nicht wissen, wovon sie sich ernähren sollten. Bosgard seufzte und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er musste versuchen, sich seinen Unwillen über das grausame Wüten nicht anmerken zu lassen, denn sonst würde der König ihn sofort als Verräter verhaften lassen und vielleicht an Ort und Stelle töten.
Des Königs Lager befand sich eine Meile östlich in direkter Nähe der Baustelle der Burg. Bosgard zügelte sein Pferd und nannte einer Wache seinen Namen.
»Bitte meldet mich dem König. Ich habe eine wichtige Nachricht für ihn.«
Die Wache musterte Bosgard von Kopf bis Fuß und sagte: »Ihr wartet hier und legt Eure Waffen ab.«
Bosgard tat wie geheißen, dann verschwand der Mann in einem der Zelte. Sogleich hörte Bosgard einen Aufschrei.
»
Wer
will mich sprechen, Mann?« Es war eindeutig die Stimme des Königs. »Wenn es sich tatsächlich um Bosgard de Briscaut handelt, dann hat der Mann großen Mut, mich hier aufzusuchen, oder er ist verrückt geworden.«
Der Eingang des Zeltes wurde zurückgeschlagen, und König William trat heraus. Bosgard beugte das Knie, senkte den Kopf und hob beide Hände mit den Flächen nach oben zum Zeichen, dass er unbewaffnet war.
»Mein König … Sire …«
»Er ist es tatsächlich!« Schnaubend trat der König vor Bosgard. »Steht auf und sagt mir, was Ihr hier zu suchen habt, Sir de Briscaut.«
Bosgard nahm die förmliche Anrede zur Kenntnis, aber er hatte es nicht anders erwartet. Da war nichts mehr mit »Bosgard« oder gar »mein Freund«, so wie früher. Er erhob sich langsam und sah dem König fest in die Augen. Dazu musste er den Kopf senken, denn William war kein besonders großer Mann mit schmal geschnittenen Gesichtszügen, einer vorspringenden, schmalen Nase und einem spitzen Kinn.
»Ich bin gekommen, um Eure Vergebung zu erbitten, Sire.« Es widerstrebte Bosgard, derart unterwürfig zu klingen. »Zugleich appelliere ich an Euren Edelmut und Eure Großzügigkeit, die es erlauben, ein unschuldiges Leben zu retten.«
Ärgerlich kniff König William die Augen zusammen, eine steile Falte bildete sich über seiner Nasenwurzel, als er in scharfem Tonfall erwiderte: »Offenbar hat mein Ritter Yven de Mantes meinen Befehl, Euch zu verhaften und nach London zu bringen, nicht befolgt, denn sonst stündet Ihr jetzt nicht hier in York vor mir. Wie ich sehe, seid Ihr allerdings allein gekommen, was mich etwas wundert. Wisst Ihr denn nicht, dass ich Euch im Verdacht habe, ein Verräter zu sein? Dass Ihr gemeinsam mit einer Frau und anderen zweifelhaften Gestalten plant, mir die Krone Englands streitig zu machen? Und das, obwohl ich für Euch so viel getan habe, de Briscaut.«
Bosgard begriff, wie zornig der König war, und antwortete schnell: »Mein König … Sire … es sind nichts weiter als üble Verleumdungen, die gegen mich und gegen die Frau, die ich liebe und die ich heiraten möchte, ausgesprochen werden. Aus diesem Grund bin ich persönlich zu Euch geeilt, denn ich weiß, Ihr seid nicht nur gerecht, sondern auch weise.« Unmerklich knirschte Bosgard mit den Zähnen über seine unterwürfigen Worte, aber er hatte keine andere Wahl, als sich beim König einzuschmeicheln. »Bitte, gewährt mir Eure Zeit, damit ich Euch die Zusammenhänge
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