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Geliebter Normanne

Geliebter Normanne

Titel: Geliebter Normanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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hielt eine Fackel, der andere ein starkes Seil in den Händen. Er deutete auf Hayla und sagte: »Aufstehen und mitkommen.«
    »Wohin bringt ihr mich?« Zögernd stand Hayla auf, aber der Wärter gab keine Antwort. Stattdessen fesselte er Haylas Handgelenke auf ihrem Rücken. Dabei ging er so grob vor, dass der Strick scharf in ihr Fleisch schnitt und sie vor Schmerz stöhnte. Ein Ende des Seils schlang er um seinen Unterarm, aber auch ohne diese Vorsichtsmaßnahme hätte Hayla keinen Fluchtversuch gewagt. Gegen die großen und starken Männer war sie verloren. Vor der Tür wartete ein dritter Wachmann, und Hayla wurde durch die Gänge geführt und die Treppe hinaufgeschoben. Als sie die im hellen Tageslicht liegende Halle betraten, schloss Hayla stöhnend die Augen. Das Sonnenlicht schmerzte in ihren Augen, aber die frische Luft drang wohltuend in ihre Lungen. Nachdem sie die Augen wieder geöffnet und sich an die Helligkeit gewöhnt hatte, sah sie zu ihrer grenzenlosen Verblüffung eine ältere Frau im kostbaren Gewand einer hochgestellten normannischen Dame auf sich zukommen. Ihr graues Haar war zur Hälfte mit einem hellen Tuch bedeckt, und ihre Tunika hatte goldbestickte Säume.
    »Lady Elfgiva!« Hayla glaubte, sich erneut in einem ihrer Träume zu befinden, und blickte sich in der Erwartung, Ralph Clemency irgendwo auftauchen zu sehen, hastig um. Es war jedoch kein Traum, denn die Dame lächelte und sagte freundlich: »Hayla, ich freue mich zu sehen, dass es dir gutgeht. Nun ja, soweit es die Umstände zulassen. Ich denke, zuerst brauchst du ein Bad und etwas Anständiges zu essen.«
    »Wie … und warum …?«, stammelte Hayla. »Ich wähnte Euch tot, Lady Elfgiva. Was ist geschehen?«
    »Ich kann mir denken, dass du viele Fragen hast, Mädchen, aber ich bitte dich um Geduld. Komm jetzt, mein Wagen wartet draußen.«
    »Wohin bringt Ihr mich?« Hayla sah zu den Wärtern, die das Gespräch mit unbeweglicher Miene verfolgten. »Könnt Ihr mich so einfach aus dem Tower fortbringen?«
    Lady Elfgiva nickte freundlich. »Du wirst bald alles erfahren, doch leider muss ich dir sagen, dass du nicht frei sein wirst. Ich bin nur in der glücklichen Lage, dir für die Zeit bis zur Verhandlung eine etwas angenehmere Unterkunft bieten zu können als den Kerker im Tower. Du bist aber nach wie vor eine Gefangene, und ich bitte dich, Hayla, keinen Fluchtversuch zu unternehmen. Ich habe mich für dich verbürgt, dass du dich deiner Schuld stellen wirst.«
    Nun verstand Hayla überhaupt nichts mehr. Lady Elfgiva war eine Verwandte Königs Harolds gewesen und hatte dazu beigetragen, dass ihr damals die Flucht nach Cornwall gelungen war. Seitdem war Hayla davon ausgegangen, Lady Elfgiva wäre getötet oder zumindest verhaftet worden, doch jetzt stand die einstige Vertraute in feinen Kleidern und mit Gold geschmückt vor ihr und schien über einen gewissen Einfluss zu verfügen.
    Vor dem Tower wartete ein Wagen, der auf den Seiten ein Wappen trug, das Hayla bekannt vorkam, aber in ihrer Verwirrung konnte sie sich nicht erinnern, wo sie dieses Wappen schon einmal gesehen hatte. Hayla setzte sich auf die mit dunkelblauem Samt gepolsterte Bank, eine Wache nahm neben ihr Platz, während sich Lady Elfgiva ihnen gegenübersetzte.
    »Wohin bringt Ihr mich, Mylady?«, wiederholte Hayla ihre Frage. »In ein anderes Gefängnis?«
    Lady Elfgiva lächelt zwar, aber für einen Moment glaubte Hayla, in ihren Augen einen Schimmer von Angst zu erkennen. Seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten, war Elfgiva kaum gealtert. Nur wenige Fältchen hatten sich um ihre Augen eingegraben. Offenbar führte sie ein sehr angenehmes Leben.
    »Ich habe meinen Mann überzeugen können, dich in unserem Haus unterzubringen, und hoffe, dass du so vernünftig bist, unsere Gastfreundschaft nicht auszunutzen. Es tut mir leid, dass deine Fesseln nicht gelöst werden dürfen, auch werden Wachen vor deiner Kammertür postiert. Diese Auflagen müssen bestehen bleiben, bis der König in der Stadt eintrifft und wir dich seiner Gewalt überstellen.«
    »Das wird noch lange dauern.« Hayla seufzte. »Man hat mir gesagt, er befände sich irgendwo im Norden …«
    Lady Elfgiva hob die Hand. »Gestern Abend kam ein Bote mit der Nachricht, der König befinde sich auf der Heimreise. Wir erwarten ihn in vier oder fünf Tagen.«
    Erleichtert atmete Hayla auf. Das Ende ihrer Gefangenschaft lag in greifbarer Nähe, auch wenn es ein Ende auf dem Schafott bedeutete, aber dies

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