Geliebter Normanne
er nach Luft, und da war Ralph schon wieder auf den Beinen und hielt sein Schwert in den Händen, das er vorhin in der Halle auf einer Bank abgelegt hatte. Verflixt, wo kam das jetzt her?, schoss es Bosgard durch den Kopf, und er ärgerte sich, dass er die Waffe nicht bemerkt hatte. Das war ein Fehler gewesen, vielleicht sogar ein tödlicher Fehler. Schnell sah er sich nach einer Deckung um, aber der Schild lag für ihn in unerreichbarer Ferne.
»Mach deinen Frieden mit Gott«, schleuderte Ralph Bosgard entgegen. »Sofern du nicht in der Hölle landest.«
In dem Moment, als er das Schwert mit beiden Händen über den Kopf hob, erklang eine laute und herrische Frauenstimme: »Was ist hier los? Wer ist dieser Mann? Sir Ralph, was veranstaltet Ihr in meinem Haus? Legt sofort das Schwert weg.«
Ralph zögerte, und Bosgard blickte auf die ältere Dame, die mit hocherhobenem Kopf unter dem Türsturz stand. Er erkannte ihre angelsächsischen Züge und vermutete, dass es sich um die Hausherrin handelte. Ralph führte den Schlag zwar nicht aus, aber er hielt die Waffe weiterhin über Bosgards Kopf – bereit, jeden Moment zuzuschlagen.
»Haltet Euch hier raus, Mylady. Dieser Mann ist der Verräter, der mit Hayla gemeinsame Sache macht. Er wollte das Mädchen befreien und uns alle töten.«
»Das ist nicht wahr!« Auf dem ersten Treppenabsatz stand Hayla. »Lady Elfgiva, glaubt Ralph kein Wort. Wenn es einen Verräter gibt, dann ist er es. Bosgard hat mich vor dem Schlimmsten bewahrt, was einer Frau geschehen kann.«
»Ha, es ist völlig gleichgültig, wer hier wem glaubt«, entgegnete Ralph spöttisch und drang mit dem Schwert auf Bosgard ein. Ralph schien die Situation zu genießen, denn er zögerte den Moment des Zuschlagens hinaus. In seinem Hass weidete er sich an Bosgards Hilflosigkeit und war sich seiner Sache sicher. Er blickte weder Lady Elfgiva noch Hayla an, als er spöttisch rief: »Was wollt ihr zwei schwachen Frauen schon ausrichten?«
Bosgard wurde immer weiter in eine Ecke gedrängt, bis er die Wand in seinem Rücken spürte und es keine Möglichkeit zur Flucht mehr gab.
»Fahr zur Hölle!«, rief Ralph und zielte mit der Klinge des Schwertes auf Bosgards Hals. Plötzlich stockte er in der Bewegung. Ungläubig weiteten sich seine Augen. »Was …«, keuchte er und schwankte. Behende sprang Bosgard zur Seite und griff nach dem Schild, aber eine Verteidigung war nicht mehr nötig. Ein Dolch steckte in Ralphs Rücken, der ihn direkt ins Herz getroffen haben musste, und binnen eines Augenblicks brach er zusammen und blieb reglos liegen.
Lady Elfgiva trat neben Ralph und stupste seinen Körper mit der Schuhspitze an. »Ist er tot?«, fragte sie, und Bosgard bestätigte es, nachdem er in Ralphs starre Augen geschaut hatte. Ohne jede Rührung drehte Lady Elfgiva Ralphs Körper um und zog den Dolch aus dem Rücken. Sie wischte das Blut am Rock ihres kunstvoll bestickten Kleides ab und steckte den Dolch in die Lederhülle an ihrem Gürtel. »Früher übte ich mich im Messerwerfen. Ich war besser als so mancher Mann. Ich wusste, ich habe nicht alles verlernt«, sagte sie mit einem bitteren Lächeln.
Hayla stand immer noch wie erstarrt auf der Treppe. Bosgard hob den Kopf und sah sie an. Mit einem leisen Schrei stürzte Hayla auf ihn zu. Seine Arme schlossen sich um sie, und sie barg den Kopf an seiner Brust.
»Geht es dir gut?«, flüsterte Bosgard, und Hayla nickte.
»Er hat sein Werk nicht vollenden können, du bist rechtzeitig gekommen.«
Beide traten zu Lady Elfgiva, und Hayla ergriff die Hand der älteren Frau.
»Ich danke Euch. Ihr habt Bosgard das Leben gerettet.«
Elfgiva blickte Bosgard an, dann lächelte sie und nickte wohlwollend. »Das ist also der Mann, der dein Herz erobert hat, liebe Hayla. Ich muss zugeben, du hast eine gute Wahl getroffen. In Euren Augen, Sir Bosgard, lese ich Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Es tut mir leid, dass ich an den Widrigkeiten, die Euch und Hayla widerfahren sind, nicht ganz unschuldig bin.«
Fragend hob Bosgard eine Augenbraue, und in knappen Worten erzählte Lady Elfgiva, welche Rolle sie in der Sache spielte. Als sie geendet hatte, sah Bosgard sich suchend um, aber bevor er etwas sagen konnte, stürmte Constance Aubrey in die Halle. Mit einem Blick erfasste sie die Situation, und ihre Augen weiteten sich ungläubig.
»Was habt Ihr getan?«, rief sie aufgeregt. »Ich habe alles gesehen, Ihr habt Ralph ermordet, dafür wird der König Euch töten.«
Rasch
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