Geliebter Normanne
ihn am Kragen und schüttelte ihn unsanft. »Wo ist Hayla? Wohin habt Ihr sie gebracht, und was habt Ihr mit ihr gemacht? Was wird hier gespielt?«
Mandric wand sich in Bosgards Griff wie ein Wurm. Er wusste, gegen den größeren und stärkeren Mann hatte er nicht die geringste Chance. Zusätzlich regte sich in Mandric das schlechte Gewissen, denn dies alles hatte er nicht gewollt.
»Sie ist oben … in einer der Dachkammern«, stammelte er. »Sir Ralph ist bei ihr …«
»Ralph Clemency?« Mit einem Schrei stieß Bosgard Mandric so heftig von sich, dass dieser rücklings in den Staub fiel. Ohne Mandric weiter zu beachten, stürmte er ins Haus, stieß zwei Knechte, die sich ihm in den Weg stellen wollten, grob zur Seite und sprang die Stufen in die oberen Stockwerke hinauf.
»Hayla!«, brüllte er, als er das obere Stockwerk erreichte. »Wo bist du?«
Hayla meinte, einer Einbildung zu erliegen, als sie Bosgards Stimme hörte, denn er konnte unmöglich in diesem Haus sein. Ralph hatte sie jedoch ebenfalls vernommen, denn er zuckte zusammen und verharrte in der Bewegung, seine Beinkleider zu öffnen. Hayla sammelte all ihre verfügbaren Kräfte. Es gelang ihr, Ralph zur Seite zu stoßen, und sie rief, so laut sie konnte: »Hier, Bosgard! Ich bin hier!«
Die Tür wurde krachend aufgestoßen, und im Rahmen stand Bosgard, der mit einem Blick die Situation erfasste. Hayla lag auf dem Bett, ihr Kleid bis zur Hüfte hochgeschoben, und Ralph kauerte auf ihr. Als Ralph Bosgard erblickte, erbleichte er. Mit einem Satz sprang er auf und stürmte mit dem Messer in der Hand auf Bosgard los. »Du elendiger Bastard!« Hass sprühte aus seinen Augen. Voller Genugtuung sah er, dass Bosgard keine Rüstung trug, so würde es ein Leichtes sein, den Widersacher hier und jetzt ein für alle Mal zu töten. Höhnisch grinsend griff Ralph an.
Bosgard sprang geschickt zur Seite und zog den kurzen Dolch, den er stets im Gürtel trug. Er bereute, sein Langschwert nicht mitgenommen zu haben, aber er würde auch so mit Ralph fertig werden.
»Hayla, verschwinde«, rief er ihr zu, aber Hayla schüttelte den Kopf. Sie griff nach dem Stuhlbein, bereit, Bosgards und ihr Leben bis auf den letzten Blutstropfen zu verteidigen. Ralph griff erneut an, und dieses Mal duckte sich Bosgard, abgelenkt durch Hayla, nicht schnell genug. Die scharfe Klinge traf seine Schulter, schlitzte das Wams auf und riss ihm eine blutende Wunde ins Fleisch. Der Schmerz versetzte Bosgard in namenlose Wut, und er griff nun ebenfalls an. Ralph war zwar kleiner, aber flinker. Geschickt wich er Bosgard aus, duckte sich, drehte sich einmal um die eigene Achse und schlüpfte dann zur Tür hinaus. Bosgard warf noch einen Blick auf Hayla, aber die Geliebte musste warten. Nun würde er nicht eher ruhen, bis das Blut von Ralph Clemency den Boden färbte. In der Halle holte Bosgard ihn ein, doch als er Ralph erreichte, griff dieser nach einem Schild und riss eine Kette mit einer eisenbesetzten Kugel von der Wand. Ralph schwang die Waffe hoch über seinem Kopf, grinste und rief: »Was willst du tun, Bosgard? Versuch, mich zu töten, aber meine Männer sind in diesem Haus. Wenn du mir auch nur ein Haar krümmst, werden sie dich in Stücke hacken.«
»Du machst mir keine Angst, Ralph Clemency«, entgegnete Bosgard gefährlich leise. Seine Wut war verflogen und machte der Ruhe Platz, die er stets verspürte, wenn es um einen Kampf auf Leben und Tod ging. Dies ermöglichte Bosgard, seinen Feind mit all seinen Sinnen zu erfassen. Bosgards Augen fixierten den Gegner, registrierten jede noch so kleine Bewegung, und war es nur das Zucken eines Augenlides. Es war immer Bosgards Vorteil gewesen, in einem Kampf sämtliche Gefühle und alles um sich herum ausblenden zu können, um sich vollständig auf den Feind zu konzentrieren. Die Eisenkugel kreiste immer noch über Ralphs Kopf, aber die Waffe war schwer, und Ralphs Kräfte begannen zu erlahmen. Langsam sank sein Arm herunter. Auf diesen Augenblick hatte Bosgard gewartet. Mit einem Schrei duckte er sich und tauchte unter der Kette durch. Es gelang ihm, Ralph mit beiden Armen zu umklammern und ihn zu Boden zu reißen. Der Schild und die Kugel fielen zur Seite, und die beiden Männer rollten ineinander verschlungen über den Boden. Bosgard schaffte es nicht, sein Messer Ralph in die Brust zu rammen, stattdessen trat Ralph ihm mit einer solchen Wucht zwischen die Beine, dass vor Bosgards Augen Sterne tanzten. Vor Schmerz keuchend, schnappte
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