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Geliebter Normanne

Geliebter Normanne

Titel: Geliebter Normanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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Wunde gerne genauer ansehen.«
    Bosgard hob den Kopf und sah Hayla ins Gesicht. Er erkannte in ihren Augen ehrliche Besorgnis, die ihn rührte. Tatsächlich strahlte der Schmerz inzwischen bis zum Ellbogen aus, doch Bosgard war noch nie wehleidig gewesen. Er lachte laut auf.
    »Du machst dir ja richtig Sorgen um mich.« Hayla errötete bis unter die Haarwurzeln, was Bosgard mit einem Schmunzeln zur Kenntnis nahm. »Von mir aus komm nachher in meine Kammer, Mädchen, dann kannst du dir die Wunde näher ansehen, wenn du möchtest.«
    Hayla nickte und eilte rasch davon. Ralph gab ein schnaubendes Geräusch von sich.
    »Seit wann bist du so eine Memme, Bosgard? Oder ist es nur ein Vorwand, das Mädchen in deine Kammer zu locken?«
    Bosgard bedachte den Schwager mit einem kühlen Seitenblick.
    »Selbst wenn dem so sein sollte, ist es meine Sache.«
    Ralph griff nach seinem Becher und leerte das Ale in einem Zug. Seit dem Tod des Jungen verhielt sich Bosgard ihm gegenüber sehr zurückhaltend und ließ ihn deutlich spüren, dass es ihm lieber wäre, wenn er Penderroc Castle verließe. Immer wieder schickte Bosgard ihn für einige Tage fort – angeblich, um das Land zu erkunden, aber Ralph wusste es besser. Er, Ralph, war aber nicht gewillt, so einfach aufzugeben und zu verschwinden. Zum Glück gab es unter den Normannen ein paar Männer, die Bosgard de Briscaut ebenfalls für zu nachgiebig und schwach hielten und sich einen anderen Herrn für Penderroc wünschten. Und er selbst war der Meinung, dass man ein Gut nicht mit Milde und Nachgiebigkeit, sondern nur mit unerbittlicher Härte führen konnte. Es war an der Zeit, etwas zu ändern …
     
    Im Kamin brannte ein Feuer, als Hayla Bosgards Kammer mit sauberen Leinenstreifen, einer Schüssel Wasser und einem tönernen Krug betrat.
    »Du meine Güte, was hast du vor?« Bosgard grinste, als Hayla die Utensilien auf den Tisch legte. »Noch stehe ich nicht an der Schwelle des Todes.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher«, erwiderte Hayla ernst und ohne auf seinen Spott einzugehen. Seit sie die Entzündung an seinem Handgelenk gesehen hatte, hegte Hayla einen schrecklichen Verdacht. »Bitte, streift Euren Ärmel nach oben.«
    Bosgard schüttelte lachend den Kopf, tat dann aber wie geheißen. Hayla beugte sich über seinen Arm und zog scharf die Luft ein. Ihre Vermutung bestätigte sich. Der nicht sehr tiefe Kratzer, den der Nagel in seiner Haut hinterlassen hatte, war zwar kaum länger als ihr kleiner Finger und hatte bereits eine Schorfschicht gebildet. Darunter jedoch hatte sich Eiter gebildet, und die Wunde war stark entzündet und daumendick geschwollen. Das war aber nicht das Schlimmste, denn ein feiner, dunkelroter Strich verlief unter der gebräunten Haut von der Wunde bis zum Ellbogen hinauf. Hayla sah ihn besorgt an.
    »Bitte, gebt mir Euren Dolch.«
    »Warum? Möchtest du mich etwa ermorden?« Bosgard fand die Situation immer noch belustigend.
    »Sir, seht Ihr diesen Strich hier? Er bedeutet, dass schlechte Säfte, die sich unter dem Schorf gebildet haben, Euer Blut vergiften. Ich muss die Wunde aufschneiden, damit der Eiter abfließen kann.«
    Mit einem Ruck zog Bosgard seinen Arm aus Haylas Griff. Ihre Worte hatten ihn tatsächlich beunruhigt, aber das würde er sich nicht anmerken lassen. Ein Kämpfer wie er würde nicht vor einem jungen Mädchen zugeben, dass er Schmerzen hatte.
    »Genug jetzt, Mädchen. Von mir aus leg mir ein paar Kräuter auf und verbinde die Wunde, aber keinesfalls wirst du an mir herumschneiden.«
    Hayla trat einen Schritt zurück, und der ernste Ausdruck in ihren Augen ließ sein Lachen verstummen.
    »Sir Bosgard, wenn wir nicht dafür sorgen, dass die Wunde aufgeschnitten und ausgebrannt wird, dann werdet Ihr zuerst Euren Arm und dann Euer Leben verlieren. Ganz ohne mein Zutun, denn das giftige Blut wird Euch von innen heraus töten.«
    Bosgard musterte Hayla. Sie hielt seinem intensiven Blick stand und verzog keine Miene, als er fragte: »Wenn dem so wäre, dann sag mir, warum du daran interessiert bist, mir zu helfen. Wäre es nicht eher dein Wunsch, dass ich sterbe? Es wäre doch eine gute Lösung für dich … für euch alle … und ihr tragt nicht einmal Schuld an meinem Tod.«
    »Es ist eine Sache der Abwägung, Sir Bosgard, ob ich versuche, Euch zu helfen, oder ob ich es zulasse, dass die Verletzung Euch ins Jenseits befördert. Nach Eurem Tod würde Sir Ralph der neue Herr von Penderroc Castle, folglich wähle ich das kleinere

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