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Geliebter Normanne

Geliebter Normanne

Titel: Geliebter Normanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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Besorgnis um mich ist rührend, Mädchen, aber ich habe auf den Schlachtfeldern weitaus schlimmere Verletzungen erlitten. So einem kleinen Kratzer schenke ich keine Beachtung.« Sein Blick verharrte besorgt auf dem immer noch bewusstlosen Knut. »Wird er es überleben?«
    Hayla zuckte mit den Schultern.
    »Das liegt allein in Gottes Hand.«
    »Dann schicke ich euch Bruder Pierre. Ein paar Gebete können nicht schaden.« Bosgard wandte sich an seine Männer. »Räumt das hier fort, aber passt auf, dass nicht wieder etwas passiert. Ich möchte nicht noch mehr Leute und Zeit verlieren. Und seht zu, wer die Arbeit des Baumeisters übernehmen kann.«
    Bei dem letzten Satz presste Hayla zornig die Lippen aufeinander. Zuerst hatte sie Bosgard bewundert, wie er mitgeholfen hatte, den Verschütteten zu bergen, und sie meinte, ehrliche Sorge um den Baumeister in seinem Blick gelesen zu haben. Aber das war natürlich ein Irrtum gewesen. Bosgard ging es nicht um den Menschen Knut, sondern einzig darum, dass eine Arbeitskraft ausfiel und eine zeitliche Verzögerung eingetreten war.
     
    Nach drei Tagen war Knut auf dem Weg der Besserung. Er schien keine inneren Verletzungen zu haben, lediglich sein Kopf brummte wie Bienenkorb, und sein gebrochener Arm war geschient. Waline hatte ihn angewiesen, noch ein paar Tage im Bett liegen zu bleiben und den Arm die nächsten Wochen nicht zu belasten. Der Baumeister seufzte.
    »Ich muss aber wieder an meine Arbeit. Ich habe eine Frau und vier Kinder zu ernähren.«
    »Du hast großes Glück gehabt, mit dem Leben davongekommen zu sein, Knut«, erwiderte Waline bestimmt. »Wenn du den Arm schonst, dann wächst der Knochen wieder vollständig zusammen, und du wirst nicht merken, dass er gebrochen war. Arbeitest du aber zu früh, dann kann es sein, dass der Arm verkrüppelt bleibt und du ihn nicht mehr gebrauchen kannst.«
    »Und wovon sollen wir leben?« Knut sah von Waline zu Hayla. »Sir Bosgard bezahlt uns für die tägliche Arbeit, die wir leisten. Schon jetzt habe ich drei Tage keinen Lohn mehr erhalten …«
    »Du wirst nicht verhungern«, unterbrach Hayla scharf, »ebenso wenig wie deine Familie. Sorg dich nicht, ihr werdet zu essen bekommen, und ein Dach über dem Kopf habt ihr ebenfalls. Außerdem kannst du die Arbeiten an der Wehrmauer immer noch beaufsichtigen, ohne selbst Hand anlegen zu müssen.«
    Der Baumeister schien etwas beruhigt und lehnte sich zurück. Tatsächlich schmerzte sein Kopf sehr, und sobald er sich bewegte, wurde ihm schwindlig. Leise sagte er: »Der Herr sorgt gut für uns, nicht wahr? Es war ein Glück, dass Sir Bosgard Penderroc bekommen hat, denn er scheint ein guter Mensch zu sein.«
    »So gut, wie ein Normanne sein kann.« Hayla zerknüllte einen Lappen, mit dem sie gerade den Tisch geputzt hatte, und warf ihn in eine Ecke. Es ärgerte sie, dass Bosgard de Briscaut bei ihren Landsleuten immer beliebter wurde. Manchmal wünschte sie sich, er wäre ebenso brutal und grausam wie Ralph Clemency, dann fiele es ihr leichter, Bosgard zu hassen, denn etwas anderes als Hass konnten die Gefühle, die seit Wochen in ihrem Herzen tobten, nicht sein.
     
    Als Hayla während des Abendessens eine Schüssel mit Gemüse vor Bosgard auf den Tisch stellte, bemerkte sie, wie dieser kaum merklich zusammenzuckte, als er mit der rechten Hand nach einem Stück Brot griff. Sein Ärmel rutschte ein Stück nach oben, und Hayla sah die rotentzündete und eitrige Wunde an seinem Handgelenk. Sie erschrak und rief: »Herr, die Verletzung an Eurem Arm …«
    Bosgard lächelte und warf nur einen verächtlichen Blick darauf.
    »Ich sagte bereits, das ist nur ein kleiner Kratzer, kaum der Rede wert. Ich gebe zu, es hat sich eine Entzündung gebildet, aber glaub mir – auf den Schlachtfeldern habe ich weitaus schwerere Verwundungen gesehen. In ein paar Tagen heilt das von allein wieder ab.«
    Bosgard hatte leichthin und mit einem Lächeln gesprochen, tatsächlich machte ihm der kleine Kratzer, wie er es nannte, mehr zu schaffen, als er zugeben wollte. Er hatte Männer an Wundbrand sterben sehen, aber dieser hatte sich stets nur bei großen Verletzungen, wie zum Beispiel beim Verlust eines der Gliedmaßen, gebildet. Doch nicht bei so einen kleinen Riss, wie er ihn sich zugezogen hatte.
    Aufmerksam musterte Hayla ihn. Ihr entging nicht der kurze Funke der Besorgnis in seinen Augen, daher sagte sie fest und ruhig: »Erlaubt, dass ich widerspreche, Herr. Wenn Ihr gestattet, möchte ich mir die

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