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Geliebter Normanne

Geliebter Normanne

Titel: Geliebter Normanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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und ihren König schützen wollten. Bei aller Zuneigung, die Hayla für Bosgard empfand, durfte sie nicht vergessen, dass er Penderroc Castle einfach so erhielt, ohne auch nur den geringsten Anspruch auf den Besitz zu haben. Bestimmt lebten noch Nachkommen von Sir Leofric, dem früheren Besitzer von Penderroc, aber diese hatten jegliches Recht verloren. Hayla selbst hatte gemeint, sich mit den Gegebenheiten abgefunden zu haben, doch jetzt spürte sie, wie tief die Kluft zwischen ihr und Bosgard war. Eine Kluft, die wohl niemals zu überbrücken war, denn auch in Zukunft würden in England zwei Arten von Menschen leben – Angelsachsen und Normannen. Und die einen waren die Herren der anderen.
    Seufzend stand sie auf.
    »Du gehst tatsächlich zu ihm?« Waline schüttelte missbilligend den Kopf. »Kaum wird er dich aus seinen grauen Augen ansehen, dann wird dein Herz wieder über deinen Verstand siegen, und du wirst deine aufrechte Haltung verlieren.«
    »Ach, Waline …« Hayla fiel keine Antwort ein, denn die Magd hatte ja recht. Sie ging zur Wendeltreppe und stieg die steinernen Stufen so langsam hinauf, als wäre sie eine alte Frau und furchtbar müde. Aber Hayla wusste, sie hatte keine andere Wahl.

[home]
    10. Kapitel
    W ie ein gefangenes Raubtier lief Bosgard in seinem Gemach auf und ab. Zwölf Schritte bis zum Fenster und wieder zwölf Schritte zurück bis zur Tür … Würde sie kommen? Er hatte die Aufforderung, zu ihm zu kommen, nicht als Befehl, sondern als Bitte an Hayla gerichtet, obwohl er durchaus das Recht hatte, ihr Befehle zu erteilen. Stöhnend fuhr er sich durch die Haare. Hatte er sich wirklich so sehr in dem Mädchen getäuscht? Hatte er ihre Blicke, ihre Worte und auch ihr Verhalten ihm gegenüber derart falsch eingeschätzt? Bosgard hatte geglaubt, das Mädchen bringe ihm eine gewisse Zuneigung entgegen und hätte den anfänglichen Hass begraben. Oder hatte er etwas sehen wollen, was ihm gefallen hatte, und in ihrem Verhalten eine Zuneigung vermutet, die sie nie für ihn empfunden hatte? Deutlich erinnerte sich Bosgard daran, wie bereitwillig ihr Mund gewesen war, als seine Lippen die ihren sanft liebkosten, wie ihr schlanker Leib sich ihm in seiner Umarmung entgegengebogen hatte. Nicht nur das, sondern auch die Tatsache, dass Hayla mit einem waghalsigen Ritt ihr Leben riskiert hatte, um das seine zu retten – verhielt sich so nicht eine Frau gegenüber dem Mann, dem ihr Herz gehört? Oder hatte sie ihm nur etwas vorgespielt? Hatte Hayla die Intrige nur aufgedeckt, weil er ein besserer Herr als Ralph Clemency war? Das kleinere Übel … Haylas Worte, als sie seine Wunde verbunden hatte, kamen ihm ins Gedächtnis. Natürlich, sie musste bemerkt haben, dass sie ihm nicht völlig gleichgültig war, und dies hatte sie sich zunutze gemacht, um für sich eine bessere Stellung zu erringen. Während Bosgards Verstand sagte, dass Haylas Verhalten und alles, was sie getan hatte, nicht aus Liebe oder Zuneigung zu ihm geschehen war, sprach sein Herz eine ganz andere Sprache. Heute Abend hatte Hayla ihm ihre ganze Wut, ihren Zorn und ihre Abscheu gegenüber allen Normannen ins Gesicht geschleudert, und jedes ihrer Worte hatte Bosgard wie ein scharfes Messer ins Herz geschnitten und seine Wünsche und Vorstellungen zunichte gemacht. Seit ihrer ersten Begegnung hatte Bosgard gespürt, dass das Mädchen etwas Besonderes war. Schon bevor er die Wahrheit über Haylas Herkunft wusste, hatte er sich mit dem Gedanken getragen, sie zu seiner Frau zu machen. Ja, er würde gerne ihren Körper besitzen, aber noch mehr wollte er Haylas Seele erobern, darum würde er sie niemals dazu zwingen, das Lager mit ihm zu teilen. Es hatte ihn nicht gekümmert, dass sie eine einfache Magd war, denn ihre Schönheit, ihr Liebreiz und auch ihre Intelligenz hatten ihn betört. Was spielte es da für eine Rolle, welcher Abstammung sie war? Ihn hatte es nie gestört, dass sie Angelsächsin war, im Gegenteil, im Land kam es immer öfter zu ehelichen Verbindungen zwischen den Eroberern und den Besiegten. Dies wurde vom König sogar unterstützt. Normannen und Angelsachsen sollten sich vermischen und eines Tages ein Volk sein. Dies war vielleicht Wunschdenken, denn Bosgard wusste genau, wie unbeliebt die Normannen auch zwei Jahre nach der Eroberung noch waren. Dennoch hätte er den Schritt gewagt und Hayla zur ersten Dame an seiner Seite gemacht. Ihre gemeinsamen Kinder wären sicher wunderschön geworden – seine hohe schlanke

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