Geliebter Normanne
gemeinsam mit Eurer Verlobten. Sagt, wie oft seid Ihr beisammengesessen und habt über mich und mein Verhalten Euch gegenüber gespottet? Glaubt Ihr wirklich, Bosgard de Briscaut, ich hätte Eure Worte, mich heiraten zu wollen, auch nur einen Augenblick ernst genommen? Ha, ganz sicher nicht! Wenn Ihr Euch jetzt fragt, warum ich dieses perfide Spiel mitgemacht habe, dann kann ich Euch sagen, dass ich lediglich sehen wollte, wie weit Ihr gehen werdet. Ach, ich wünschte, ich wäre Euch niemals begegnet. Ich hasse Euch, Bosgard de Briscaut. Ich hasse Euch so sehr, wie ich alle Normannen in diesem Land hasse, und ich hoffe, es kommt bald zu einem Kampf, in dem Ihr fallt.«
Hayla war mit ihrer Kraft beinahe am Ende, trotzdem hielt sie seinem fassungslosen Blick stand. Natürlich hasste sie ihn nicht und wollte nicht, dass ihm etwas geschah, gleichgültig, wie sehr er sie verletzt hatte, aber das würde er niemals erfahren. Es waren keine Rachegefühle, die Hayla veranlasst hatten, solch harte Worte zu wählen, aber einen kleinen Rest Stolz wollte sie sich ihm gegenüber bewahren.
Bosgard ballte die Hände zu Fäusten. Waren eigentlich alle um ihn herum verrückt geworden? Erst der schändliche Verrat von Ralph Clemency und der Angriff auf sein Leben, dann die unverschämte Forderung von Constance Aubrey, sie zu heiraten, und jetzt stellte sich Hayla auch noch gegen ihn. Bosgard hatte zu wenig Erfahrung mit Frauen, um zu erkennen, dass Haylas Verhalten einzig und allein ihrem heftigen Schmerz zuzuschreiben war und dass sie kein Wort von dem, was sie ihm entgegenschleuderte, ernst meinte. Zu vieles war heute auf Bosgard eingestürmt, um noch ruhig und besonnen bleiben zu können, daher sagte er barscher als beabsichtigt: »Nun gut, wenn du mir nicht zuhören willst, dann lass es eben bleiben. Ich dachte, du wärst anders als andere Frauen und mit dir könnte man vernünftig sprechen, aber ich habe mich wohl getäuscht.« Er stand auf und klopfte sich die Strohhalme von seinem Wams. »Wenn du dich wieder beruhigt hast, dann komm in mein Gemach.«
»Ich muss mich wohl Euren Befehlen fügen, Mylord.«
Bosgard gab ein schnaubendes Geräusch von sich.
»Ach, mach doch, was du willst. Macht doch alle, was ihr wollt. Ihr seid doch verrückt.« Er schüttelte den Kopf. »Ich muss hier raus.«
Mit raschen Griffen sattelte er sein Pferd. Obwohl die Dämmerung bereits hereinbrach, sehnte er sich nach einem langen und schnellen Ritt. Ungewohnt heftig hieb Bosgard seine Hacken in die Flanken des Pferdes, das daraufhin in wildem Galopp lospreschte. Er wollte den kühlen Wind und den Regen im Gesicht spüren. Vielleicht würde das helfen, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Auf einen Helm hatte Bosgard verzichtet, auch trug er nur ein leichtes Wams. Erst als Bosgard Penderroc Castle so weit hinter sich gelassen hatte, dass keine Zinne mehr zu sehen war, ließ er das Tier in einen leichten Trab fallen. Es regnete noch immer, und die Nässe drang durch seine leichte Kleidung, aber das war ihm gleichgültig. Inzwischen war es fast vollständig dunkel, und Bosgard war derart in Gedanken versunken, dass er den Strick, der zwischen zwei Bäumen quer über den Trampelpfad gespannt war, nicht bemerkte. Das Pferd strauchelte, seine Vorderhufe verfingen sich in dem Seil, und Bosgard, der damit nicht gerechnet hatte, plumpste wie ein nasser Sack aus dem Sattel. Aus den Augenwinkeln nahm er einen Schatten wahr, aber es war zu spät, um zu reagieren. Einen Moment später krachte ein Knüppel hart auf seinen Hinterkopf, und nach dem heftigen Schmerz schwanden ihm die Sinne, und er fiel in eine schwarze Dunkelheit.
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13. Kapitel
D a die Achse von Constance Aubreys Wagen nur notdürftig geflickt worden war, um Penderroc Castle zu erreichen, war an Aufbruch am nächsten Morgen nicht zu denken. Der Wagen hätte die vielen hundert Meilen nach London nicht durchgehalten und bedurfte einer umfangreichen Reparatur. Auf dem Gut gab es nur einfache Pferde- und Eselskarren, die für so eine weite Reise nicht geeignet waren. Doch auch ohne den Achsenschaden war Constance nicht gewillt, einfach aufzugeben und abzureisen, zumal – außer Luchia, und diese würde schweigen – niemand ihr gestriges Gespräch mit Bosgard und dessen deutliche Ablehnung mitbekommen hatte. Für Bosgard hing von ihrer Heirat sehr viel ab, und sie war davon überzeugt, dass er, wenn sich sein erster Zorn gelegt hatte, einsehen würde, dass eine Ehe mit ihr ihm nur
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