Geliebter Normanne
Bosgard seinen Zorn nicht mehr zügeln. »Niemals werde ich Euch heiraten, eher gefriert die Hölle, als dass wir beide Mann und Frau werden.« Er stapfte zur Tür, die Hand auf der Klinke, rief er über die Schulter zurück: »Ich wünsche, dass Ihr gleich morgen Eure Sachen packt und meinen Besitz verlasst. Diese Nacht gewähre ich Euch Gastfreundschaft, aber keinen Tag länger.«
»In diesem Fall, mein lieber Bosgard« – Constances Lächeln war höhnisch –, »kannst auch du deine Sachen packen, denn der König wird dir Penderroc wegnehmen. Ein Wort von mir, und noch heute Abend werden meine Begleiter nach London reiten und dem König von deiner … mangelnden Kooperationsbereitschaft berichten.«
Bosgard erstarrte in der Bewegung.
»Ihr wollt mich erpressen? Das wagt Ihr nicht!«
Entschlossen streckte Constance das Kinn vor.
»Lass es darauf ankommen.«
So, wie sie dastand, fragte sich Bosgard, wie er jemals hatte denken können, sie wäre anziehend, ja sogar schön. Constance de Aubrey war eiskalt. Bosgard zweifelte keinen Augenblick daran, dass sie, um ihre Ziele zu erreichen, über Leichen ging. Er jedoch war nicht bereit, als Spielball für ihre Ziele zu fungieren, und gleichgültig, wie es ihr gelungen war, den König derart zu manipulieren – lieber wollte er Penderroc verlieren, bevor er sich derart erpressen ließ. Sein Blick war ebenso kalt wie der ihre, als er sagte: »Macht, was Ihr für richtig haltet, aber es bleibt dabei: Morgen früh möchte ich Euch und Eure Begleiter hier nicht mehr sehen.«
Mit einem lauten Knall fiel die Tür hinter Bosgard zu. Er lief in die Halle, sah sich um und herrschte dann den ersten Mann an, der ihm begegnete: »Wo ist Lady Hayla?«
Vor dem zornigen Funkeln in Bosgards Augen wich der junge Mann zurück und hob hilflos die Hände.
»Ich habe sie nicht gesehen …«
Bosgard versetzte ihm einen Stoß vor die Brust, und der Mann taumelte nach hinten. Sofort tat Bosgard seine Grobheit leid, und er wollte sich entschuldigen, aber der Knecht war bereits verschwunden. Bosgard nahm einen irdenen Krug vom Tisch und schleuderte ihn mit voller Wucht gegen die Wand. Als der Krug klirrend zersprang und die Scherben zu Boden fielen, atmete Bosgard tief durch. Körperliche Gewalt war keine Lösung, sie verschlimmerte die Situation nur. Er hatte keine Ahnung, warum ihm so übel mitgespielt wurde, aber jetzt musste er sich beherrschen und nachdenken. Es gab für alles eine Lösung, im Zorn jedoch würde er sie nicht finden. Vor allen Dingen musste er sofort mit Hayla sprechen. Ihr wacher Verstand würde ihm helfen, einen Ausweg aus dieser vertrackten Lage zu finden.
Er fand Hayla im Stall. Bereits seit längerer Zeit hatte Bosgard bemerkt, dass sie immer wieder zu dem Esel Jesaja ging und ihn beinahe ebenso liebte wie sein Besitzer Bruder Pierre. Nach wie vor konnte Bosgard es zwar nicht verstehen, was an diesem Tier so Besonderes war, aber er fand es irgendwie rührend.
Hayla kauerte auf dem Boden im Stroh und weinte bitterlich. Bosgard fuhr ein scharfer Schmerz durch die Brust, als er die geliebte Frau derart verzweifelt sah. Er kniete sich neben Hayla nieder und wollte sie in die Arme nehmen.
»Geht weg! Lasst mich in Ruhe!«, rief sie und wich vor ihm zurück.
»Bitte, Hayla, lass mich erklären …«
Sie hob den Kopf. Ihr Haar hatte sich gelöst, und schwarze Strähnen fielen über ihr verweintes Gesicht.
»Ihr seid mir keine Erklärung schuldig, denn Ihr seid der Herr und könnt mit uns Angelsachsen machen, was Ihr wollt, wir sind ja nicht mehr als Sklaven.«
»Du weißt, dass das nicht wahr ist«, versuchte Bosgard ihren Redefluss zu unterbrechen, aber Hayla wollte seine Worte nicht hören.
»Ihr braucht keine Angst zu haben, dass ich Euch eine Szene mache. Und diese Tränen hier« – energisch wischte sie sich mit dem Handrücken über das Gesicht – »werden die letzten sein, die Ihr jemals von mir zu sehen bekommt. Selbstverständlich werde ich Eurer Frau ebenso dienen, wie ich Euch gedient habe. Das heißt, wenn Ihr mich weiter auf Penderroc haben wollt. Vielleicht ist es Euch auch lieber, ich verlasse die Burg. Es wäre mir gerade recht, wenn ich Euch nie wieder im Leben sehen muss.«
»Hayla, würdest du mir jetzt bitte mal zuhören? Ich …«
»Spart Euch Eure Worte, Mylord, ich falle nicht mehr darauf rein. Ihr habt Euren Spaß mit mir gehabt und Euch zur Genüge an meiner Naivität ergötzt und darüber gelacht. Wahrscheinlich sogar
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