Geliebter Normanne
lag auf dem Rücken, die Augen geschlossen, aber seine Brust hob und senkte sich in regelmäßigen Atemzügen. Constance wunderte sich nicht, die Magd an seiner Seite vorzufinden, aber Hayla war auf dem Stuhl eingenickt. Eine Flut schwarzen Haares fiel ihr ins Gesicht, und ihre Wangen schimmerten trotz der Anstrengungen der letzten Tage rosig. Grimmig betrachtete Constance das Mädchen. Sie verspürte kein Gefühl von Eifersucht auf ihre Schönheit, denn für Constance waren alle Angelsachsen unkultivierte Menschen und somit keine Gefahr. Außerdem liebte Constance Bosgard nicht. Gut, sie fand ihn attraktiv und interessant, es gab weitaus schlechtere Partien im Königreich, und wenn sie schon jemanden heiraten musste, warum nicht einen gutaussehenden und einflussreichen Mann? Ihr Herz gehörte ohnehin nur einem einzigen Mann, dessen Kind sie unter ihrem Herzen trug. Aber für ihn war sie nur ein vorübergehender Zeitvertreib gewesen wie so viele vor ihr, und weitere würden folgen. Zumindest besaß er so viel Anstand, ihr zu einer Ehe und damit zu einem Vater für ihr Kind zu verhelfen. Das hatte sie von Anfang an gewusst, sich aber trotzdem auf die Liaison eingelassen, weil ihr Herz nicht anders handeln konnte. Constance versuchte, diese Erinnerung zur Seite zu drängen. Es hatte keinen Sinn, um Vergangenes, das nicht zu ändern war, zu trauern. Vorrangig war es am dringendsten, dass Bosgard endlich aufwachte. Natürlich würde er wissen, dass er nicht der Vater des Kindes war, aber das spielte keine Rolle. Kein Mensch – auch nicht Bosgard de Briscaut – würde es wagen, sich gegen den König von England aufzulehnen, und dieser hatte Bosgard schließlich befohlen, sie zu heiraten. Sie würde Bosgard auch hier am Krankenbett heiraten, Hauptsache, es geschah bald, denn ihr blieb nicht mehr viel Zeit, bis jeder ihre fortschreitende Schwangerschaft erkennen konnte.
Das Erste, was Bosgard wahrnahm, war ein pochender Schmerz in seinem Kopf, der wie ein glühendes Eisen seine Schädeldecke zu durchbohren schien. Es kam jedoch kein Laut über seine Lippen, als er langsam ein Augenlid öffnete – und es gleich wieder schloss, denn er erkannte das Gesicht von Constance Aubrey, und diese Frau war die Letzte, die er jetzt sehen wollte. Deshalb verhielt er sich ruhig und tat so, als wäre er noch immer bewusstlos. Nach und nach spürte Bosgard weitere Schmerzen in seinem Körper. Sein Brustkorb tat ihm so weh, als würde ein schweres Wagenrad auf ihm liegen, und irgendetwas war auch mit seiner linken Schulter nicht in Ordnung. Trotz der Schmerzen versuchte er, sich zu erinnern, was eigentlich geschehen war. Das Letzte, das ihm in den Sinn kam, war, dass sein Hengst gestrauchelt und er kurz darauf einen Schatten an seiner Seite gesehen hatte. Danach wusste er nichts mehr. Als er die Tür knarren hörte, wagte Bosgard, beide Augen zu öffnen. Es schien Nacht zu sein, aber ein Talglicht spendete ein wenig Helligkeit. Er lag in seinem Bett, und als er seinen Blick schweifen ließ, erkannte er zu seiner Freude Hayla, die auf einem Stuhl saß und schlief. Unwillkürlich verzogen sich seine Lippen zu einem Lächeln, was ihm aber sogleich einen weiteren schmerzhaften Stich im Kopf bescherte. Trotzdem wandte er den Blick nicht ab und betrachtete die geliebte Frau. Wie schön sie war, wenn sie schlief und das Licht flackernde Schatten auf ihr Gesicht warf. Dann jedoch erinnerte er sich, dass Constance Aubrey gerade an seinem Bett gewesen war, und seine Stirn umwölkte sich. Bosgard erinnerte sich, dass er nach ihrem Streit, bei dem er Constance aufgefordert hatte, Penderroc am nächsten Morgen zu verlassen, zuerst versucht hatte, mit Hayla zu sprechen, und dann ausgeritten war. Offenbar war er unmittelbar nach dem Angriff gefunden und nach Hause gebracht worden, deshalb war Constance auch noch hier. Bosgard hatte keine Ahnung, dass die Ereignisse bereits sieben Tage zurücklagen. Langsam hob er eine Hand, aber es gelang ihm nicht, Hayla zu berühren, darum flüsterte er ihren Namen. Nach dem dritten Mal öffnete sie endlich die Augen und sah sich verwirrt um.
»Bosgard!« Sein Name aus ihrem Mund klang wie eine süße Melodie in seinen Ohren. »Oh, Gott sei es gedankt, Mylord, Ihr seid wach!«
Der freudige Ausdruck in ihren Augen stand im Gegensatz zu der förmlichen Anrede, aber darüber machte Bosgard sich keine Gedanken.
»Ich habe Durst«, presste er hervor und merkte, wie rauh und belegt seine Stimme klang. Einen
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