Geliebter Rebell
während die Zeit dahintickte.
Gayle fühlte sich so erschöpft. Trotzdem stand sie nach einer Weile auf, ging zum Fenster und starrte in den schönen Garten. Du hast versprochen, es zu versuchen, Brent.«
»Ich habe es ja auch versucht«, entgegnete er seufzend.
»Aber du hast dir selber nicht zugehört, du verstehst es immer noch nicht…«
»Ich weiß, dass ich aus dieser Hypnose – oder was immer sie mir angetan hat – mit dem Wunsch erwacht bin, auf der Stelle zu sterben. Das verkrafte ich nicht noch einmal. Und dir erlaube ich’s auch nicht.«
»Brent…«
Seine Füße sanken vom Couchtisch zu Boden, er stand auf und kam zu ihr. »Wir dürfen nicht mehr mit diesen Dingen herumspielen. Denk an das Baby…«
»Genau deshalb…«
»Sogar Marsha Clark sagte, es könne gefährlich sein, in die Vergangenheit zurückzukehren.«
»Aber wir müssen unser Problem lösen.«
Er schüttelte den Kopf und zog Gayle an sich. »Ich glaube, wir müssen nur dieses Haus verlassen. Fahren wir einfach zum Flughafen, steigen wir in die nächste Maschine, die irgendwohin fliegt, wo’s uns gefallen wird.«
»Du meinst, wir können davonlaufen?« flüsterte sie.
»Ja.« Ganz fest drückte er sie an seine Brust. »Erinnerst du dich an Onkel Hicks Todesnacht? Er mochte dich, und er warnte mich davor, dich in dieses Haus zu bringen, weil er dich vor Kummer bewahren wollte. Der arme alte Mann hatte Angst, weil er wusste, dass wir nicht hier leben dürfen.«
»Du bist also überzeugt, dass es nur am Haus liegt?«
»O Gott, ich weiß nicht, was ich denken soll. Jedenfalls will ich für eine Weile weg von hier.«
Sie nickte und schaute ihm forschend in die Augen. »Dann gehe ich jetzt nach oben und packe. Kommst du mit?«
»Ja…« Geistesabwesend strich er über seinen Nakken, nahm das Glas und sank wieder auf die Couch.
»Brent!«
»Nur noch eine Minute!« Er schenkte ihr ein Lächeln. »Ich versuche diese gräßlichen Kopfschmerzen loszuwerden. Geh nur, ich komme gleich nach. Vielleicht fliegen wir aufs Paradise Island. Dort gibt’s keine Spuren aus der Vergangenheit.«
Sie erwiderte das Lächeln, liess ihn im kühlen Halbdunkel des Salons allein und stieg die Treppe hinauf. Der Gedanke an die Reise weckte ihre Lebensgeister. Alles Böse vergessen, nur füreinander dazusein… Vielleicht lag die Schuld wirklich bei diesem Haus. Oder sie waren alle verrückt – Brent, Marsha und sie selbst.
Im Schlafzimmer setzte sie sich kraftlos aufs Bett. Nein. Sie hatte die Vorgänge während ihrer eigenen Hypnose nicht verstanden, aber Brent zugehört und ihn beobachtet. Wiedergeburt? Es mochte unmöglich erscheinen, aller Logik widersprechen, doch sie glaubte daran. Vor langer Zeit hatte sie schon einmal gelebt, als junge Frau aus Kent namens Katrina, und sich in Percy verliebt, einen Virginier.
Traurig lächelte sie. Vielleicht steckte doch eine gewisse Logik darin. Schon bei der ersten Begegnung mit Brent hatte sie den Eindruck gewonnen, ihn sehr gut zu kennen, ihr Leben lang auf ihn gewartet zu haben. So schnell, so bereitwillig und leidenschaftlich war sie in seine Arme gesunken. Vielleicht befahl ihr das Schicksal, ihn für immer zu lieben, bis in alle Ewigkeit. Seufzend stand sie auf, zerrte den Koffer aus dem Schrank und begann zu packen.
Eine Stunde später warf sie die letzten Sachen in ihren Koffer. Das Telefon läutete. Sie fragte sich, ob Brent im Erdgeschoß an den Apparat gehen würde, doch dann beschloß sie, sich selbst zu melden, ging zum Nachttisch und hob beim dritten Klingeln den Hörer ab. »Hallo?«
»Gayle? Hier ist Marsha Clark.«
»Oh!« Gayle hörte, wie aufgeregt die Stimme der Ärztin klang.
»Was gibt’s?«
»Ich habe interessante Neuigkeiten für Sie.«
»Ja?«
»Also, ich sah mir die Skizze an, dann liess ich sie schätzen. Sie ist ein Ainsworth – und ein Vermögen wert.«
Gayle runzelte die Stirn. »Ein Ainsworth?«
»Ja. Ich bin gerade in der Bibliothek, Percy und Katrina hießen Ainsworth! Er baute das Haus. Und er war nicht nur ein Revolutionär, sondern ein bedeutender Künstler.«
Atemlos umklammerte Gayle das Telefonkabel.
»Dann haben Percy und Katrina wirklich gelebt?«
»Natürlich. Ich komme so schnell wie möglich zu Ihnen, mit den Dokumenten, die ich in der Bibliothek gefunden habe.
Die ganze Geschichte kenne ich noch nicht, aber ich verstehe jetzt eine ganze Menge.«
»Starb er in Pennsylvania?«
»Nein. Beide starben am selben Tag…« Marsha zögerte kurz.
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