Geliebter Rebell
Langsam, als wäre sie von einem Schock betäubt, kroch sie in eine Ecke und beobachtete ihren schlafenden Mann. Sie fühlte sich so verloren. Was sollte sie tun? Ihre Welt brach auseinander, entglitt ihr zwischen den Fingern.
Brent war ihre Welt.
Sie senkte den Kopf, begann wieder zu weinen und fragte sich, warum sich dies alles ereignete. Es war so schwierig, die wahre Liebe zu erringen, und mit Brent hatte sie dieses kostbare Geschenk erhalten. Vielleicht hätte sie erwarten sollen, dass etwas Schreckliches passieren würde. Sie hatte gelernt, dass man für alles im Leben bezahlen musste. Vielleicht war sie zu glücklich gewesen.
Draußen graute der Morgen, ein sanftes rosiges Licht breitete sich aus. Sie musste gedöst haben, denn als sie die Augen öffnete, starrte Brent sie an. Sie wusste, dass sie ihren Mann zurückgewonnen hatte.
»Gayle?«
»Da bin ich.«
»Ich habe gräßliche Kopfschmerzen. Sind wir hier eingeschlafen? O Gott, mein Mund fühlt sich an wie Sandpapier.«
Wehmütig lächelte sie. »Erinnerst du dich an nichts?«
»Was? Nein. Ich bin offenbar schon zeitig eingeschlafen.«
Dieses quälende Kopfweh… Er musste zum Arzt gehen. Vielleicht litt er an Migräneanfällen. Langsam setzte er sich auf und kratzte seine Arme. Die Strohhalme juckten auf seiner Haut. Dann musterte er Gayle etwas genauer, und das Herz wurde ihm schwer. Sie sah ihn weder zornig noch vorwurfsvoll an. Statt dessen erschien sie ihm krank und unglücklich, wie ein verwundetes Reh, das sich fragte, warum ihm eine vertraute Hand einen Pfeil in die Brust geschossen hatte. Zusammengekauert sass sie in der Ecke, die Decke um die Schultern. Das zerzauste goldblonde Haar verlieh ihr eine unschuldige Aura, aber ihre Augen schienen über Nacht gealtert zu sein.
»Gayle?« Er flüsterte ihren Namen und schloß stöhnend die Lider. Was hatte er diesmal verbrochen? Verdammt, er erinnerte sich an nichts. Er wollte sie berühren, doch er wagte es nicht.
»Gayle, was… Ich habe dir doch nicht weh getan?«
Sie senkte den Blick. »Nein«, entgegnete sie fast unhörbar.
»Du hast mir nicht weh getan. Und du erinnerst dich an nichts?
Schon wieder.«
»Ich begreife nicht…«
»Nein«, bestätigte sie müde. »Und du willst es auch nicht begreifen, was?«
»Wie meinst du das?« fragte er herausfordernd.
Sie stand auf, und die Decke fiel von ihren Schultern. Sie war wunderschön, als das rosige Licht auf ihrem Körper schimmerte, auf den vollen, festen Brüsten, den sanft geschwungenen Hüften. Bei ihrem Anblick empfand er ein heißes Verlangen, doch er wusste, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war, um an Sex zu denken oder an irgend etwas anderes außer der Gefahr, sie zu verlieren. »Gayle…«
»Du brauchst einen Psychiater, Brent, weil du nicht mehr bei Sinnen bist. Heute nacht nanntest du mich Katrina und sagtest, ich sei eine Hure und Verräterin – aber du würdest mich trotzdem lieben.« Sie begann sich anzuziehen.
»Vielleicht habe ich geträumt…«
»Du warst nicht bei Verstand, Brent.«
»Gayle, verdammt, ich kann unmöglich einen Psychiater konsultieren. Warte… Wohin gehst du?«
Sie war fertig angekleidet und wandte sich zur Tür. Als er ihr Handgelenk festhielt, schaute sie kühl auf seine Finger hinab. »Ins Haus. Ich möchte Kaffee trinken und duschen. Und dann werde ich dich verlassen, Brent.«
»Was?« schrie er, und nun glich sein Griff einem Schraubstock. Er konnte nicht fassen, dass sie so etwas aussprach.
Doch sie meinte es ernst. Traurig nickte sie und hielt seinem Blick stand. »So kann ich nicht weiterleben. Nie weiß ich, was geschehen wird. Und dir ist es völlig egal.«
»Wieso sollte es mir egal sein? Ich liebe dich, o Gott, das weißt du! Mehr als alles auf der Welt…«
»Abgesehen von deinem Stolz, Brent.«
»Ich – ich weiß nicht, was ich getan habe. Niemals wollte ich dich absichtlich verletzen. Aber was ich nicht weiß, kann ich nicht kontrollieren. Trotzdem will ich’s versuchen, das schwöre ich. O Gayle, ein Ehepaar muss in guten und’ schlechten Zeiten zusammenhalten. Ich dachte, du liebst mich«, fügte er bitter hinzu.
»Natürlich liebe ich dich…«
»Dann darfst du mich nicht verlassen.«
»Du willst es ja nicht einmal versuchen.«
»Was?«
»Eine psychiatrische Behandlung. Ich bin zu Dr. Shaffer gegangen, als du mich darum gebeten hast – erinnerst du dich?«
Ohne eine Antwort abzuwarten, löste sie seine Finger von ihrem Handgelenk, sah ihn noch einmal
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