Geliebter Rebell
kurz an und ging zur Tür.
Unglücklich starrte er ihr nach. Wie entschlossen sie wirkte… Sie wollte ihn tatsächlich verlassen. »Gayle!«
Fast hatte sie schon den halben Hof überquert, als sie den Ruf hörte. Sie drehte sich um und sah Brent heranlaufen – splitternackt. Unwillkürlich lächelte sie. Was für einen schönen Körper er besass, wie anmutig und unbefangen er sich bewegte, trotz seiner Blößen…
Keuchend legte er die Hände auf ihre Schultern, und sie wehrte sich nicht. Unter Tränen lächelte sie. Und als er sie an seine Brust zog, war sie froh, seine Wärme zu spüren, den kraftvollen Herzschlag. »Geh nicht!« flehte er.
»Brent…«
»Ich werde Dr. Shaffer anrufen und mir einen Termin geben lassen. Aber bleib bei mir. Niemals darfst du dich von mir trennen. Ich liebe dich so sehr, du bist alles für mich.«
Sie küßte ihn, lachte und weinte, umklammerte seine Hände und sah zu ihm auf. »Du bist wirklich übergeschnappt. Da stehst du im hellen Tageslicht, splitterfasernackt. Jeden Augenblick kann jemand…«
Sie verstummte, denn der)Augenblick( war gekommen. Ein Lieferwagen rollte die Zufahrt herauf. Der Zeitungsbote…
»Oh, zum Teufel!« fluchte Brent. Er schaute zum Haus, dann zum Stall und entschied, dass beides gleich weit entfernt war. »Du bist es wert, Liebling«, meinte er, hauchte einen Kuß auf ihre Lippen und eilte zum Haus.
Sie lachte, dann weinte sie wieder und setzte sich mitten im Hof auf den Boden. Der Zeitungsbote hielt sie offenbar für viel gefährlicher als den nackten Brent. Hastig warf er die Zeitung in ihren Schoß und fragte, ob er ihr irgendwie helfen könne. Und dann verschwand er, ehe sie zu antworten vermochte.
Kapitel 16
Eine Woche später, am Dienstagnachmittag, sass Gayle nervös auf der Kante ihres Schreibtisches und wartete. Heute sollte Brent seine Tests in Dr. Shaffers Praxis beenden, und danach wollte er sie von der Galerie abholen.
Vogelbilder hingen an den Wänden, die sie sehr schön fand – Kardinalvögel, Kolibris, Blauhäher. Die Malerin, eine kleine, bebrillte Grossmutter, hatte fast ihr Leben lang gewartet, ehe sie dem Ruf ihres Herzens gefolgt und Künstlerin geworden war. Geoff und Gayle konnten mit der Ausstellung zufrieden sein. Wenn Mrs. Fitzsimmons auch nicht das Talent eines McCauleys besass, so wusste sie ihre Thematik doch eindrucksvoll darzustellen, und die Gemälde und Lithographien verkauften sich gut.
Nun starrte Gayle auf einen Specht mit roter Brust, ohne ihn wahrzunehmen. Geoff kam zu ihr und drückte ein Glas in ihre Hand. Sie schaute hinab und sah, dass er ihr etwas von seinem kostbaren Cognac eingeschenkt hatte. Lächelnd bedankte sie sich. Er war der einzige, mit dem sie über ihr Problem hatte reden können. Brent würde das vermutlich nicht billigen, aber sie beabsichtigte auch nicht, ihm davon zu erzählen. Vielleicht war sie durch Geoffs Geständnis, er habe eine ziemlich temperamentvolle Affäre mit Tina begonnen, dazu veranlaßt worden, ihm ihrerseits alles anzuvertrauen. Oder es lag daran, dass sie bei einem Lunch in seinem Büro plötzlich in Tränen ausgebrochen war. Jedenfalls hatte sie es als Erleichterung empfunden, ihm alles zu erzählen. Er wusste zwar keine Erklärung für Brents Verhalten, versicherte aber, er erkenne keine ernsthafte Gefahr.
»Du siehst so aus, als würdest du einen Drink brauchen«, meinte er jetzt und sank in den Sessel hinter ihrem Schreibtisch.
Sie wandte sich zu ihm. »Du musst nicht mit mir warten, Geoff.«
»Oh, ich hab’s nicht eilig.«
»Und Tina?«
Unbehaglich zuckte er mit den Schultern. »Gestern abend sind wir uns wieder in die Haare geraten.«
»Worüber streitet ihr eigentlich die ganze Zeit?«
Er grinste. »Über andere Frauen, andere Männer, die Frage, in welches Lokal wir gehen sollen, meine und ihre Fahrkünste… Die Liste wird immer länger. Willst du alle Punkte hören?«
»Nein.« Sie lachte, dann runzelte sie die Stirn und erinnerte sich an die Skizze, die sie daheim im Schrank versteckt hatte.
»Was ist los?«
»Oh, mir ist nur etwas eingefallen… Geoff, könntest du möglichst bald ins Ainsworth-Haus kommen? Ich möchte dir was zeigen.«
»Was?«
»Eine Skizze.«
»Von Brent?«
»Nein, sie ist sehr alt – auf Pergament. Ich fand sie auf einem Trödelmarkt, in einer Scheune.«
»Und du hältst sie für wertvoll?«
Gayle schüttelte den Kopf. »Nein… Nun, vielleicht. Ich weiß es nicht, und für mich ist das auch unwichtig. Die
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