Geliebter Teufel
haben, weil wir so tief in den Bergen leben. Dann begannen sie auch schon auf uns zu schießen.«
Carly verkrampfte sich das Herz. Als der Junge zu ihr aufsah, schimmerten seine teerschwarzen Augen feucht.
»Zuerst haben sie auf die Männer gezielt«, sagte er mit tränenerstickter Stimme, »und alle umgebracht, die sie sahen, dann haben sie ihre Gewehre auf die anderen gerichtet... die Frauen, sogar auf ein altes Pferd und dann auf die Kinder. Wir sind in die Wälder geflüchtet, aber sie haben uns verfolgt. Ich habe mit einem von ihnen gekämpft — und ihn mit seinem eigenen Messer erstochen. Ich habe es ihm in die magere Brust gestoßen, und darauf bin ich stolz.« Sein Gesichtsausdruck verzerrte sich, doch wirkte dann ausdruckslos und leer, als er hinzufügte: »Aber Lena ist tot... und viele andere auch.«
»Du lieber Himmel!« flüsterte Carly.
»Ich wußte nicht, was ich tun sollte. Eine Weile bin ich durch die Berge gezogen ... dann hierhergekommen.«
»Es tut mir so leid, Two Hawks.« Sie faßte nach seiner Hand, die kalt und leblos schien, ohne Energie.
»Es war richtig, daß du hergekommen bist«, bemerkte Ramon und trat neben sie. »Du kannst gerne so lange bleiben, wie du möchtest.«
Der Junge antwortete nicht darauf, sondern schluckte schwer und nickte. Falls es ihn überraschte, Carly in Las Almas anzutreffen, so zeigte er das nicht. Aber natürlich hatte seine Schwester sowieso geglaubt, daß Caralee zu Don Ramon gehörte.
Ramon musterte die Kleidung des Jungen, sein zerschundenes Gesicht und seinen abwesenden Gesichtsausdruck. »Du wirst allerdings arbeiten müssen, aber du kannst bei den Vaqueros Unterkommen.« Bei diesen Worten kam wieder Leben in die Augen des Jungen.
Two Hawks schaute zu Ramon auf. »Ich werde hart arbeiten. Das verspreche ich. Two Hawks will nichts haben, was er sich nicht verdient hat.«
Ramon legte dem Jungen eine Hand auf die Schulter und schüttelte ihn sacht. »Ich werde dafür sorgen, daß du dir deinen Unterhalt verdienen kannst. Talg muß zu Kerzen verarbeitet werden, im Garten ist zu hacken und Unkraut zu jäten, Schweine müssen geschlachtet werden ... aber später dann ...«, sagte er, da er genau wußte, worüber der Junge sich am meisten freuen würde, »... hat Mariano vielleicht Zeit, dir etwas über Pferde beizubringen.«
Der Mann war Ramons segundo , jetzt, wo Pedro ins Lager zurückgekehrt war. »Das würde dir doch gefallen, oder? Zu lernen, was ein Vaquero macht?«
Two Hawks’ Gesichtsausdruck veränderte sich. Hoffnung zeichnete sich in seinem Blick ab. »Si, Don Ramon, darüber würde ich mich riesig freuen.«
»Zuerst kannst du jetzt mit mir kommen«, schlug Carly vor und zwang sich zu einem aufmunternden Lächeln, obwohl ihr schwer ums Herz war. Mit Lena hatte sie eine Freundin verloren, und den Kummer des Jungen konnte sie nachfühlen. »Du brauchst etwas zum Anziehen, und ich werde dir etwas zu essen geben.« Mit einem Blick auf Ramon führte sie ihn zur Küche hinüber. Blue Blanket hatte sicher genug vom Frühstück übrig, so daß er sich satt essen könnte, während sie sich um entsprechende Kleidung kümmerte.
Abgesehen von dem Essen, hoffte sie auch, daß Blue Blanket den Jungen etwas trösten könnte. Two Hawks war zwar vom Stamm der Yocuts und Blue vom Stamm der Mutsen, aber das spielte bestimmt keine große Rolle. Denn beide Stämme hatten das gleiche tragische Schicksal erlitten, und das vereinte die Menschen wie nichts anderes.
Sie ließ den Jungen in der Obhut der alten Frau zurück und suchte passende Kleidung, die sie ihm dann brachte. Sie wartete auf ihn, während er zum Bach ging, um sich zu säubern und umzuziehen.
Sie lächelte, als er zurückkam. Obwohl ihm die Sachen etwas groß waren, sah er in der Büffelhauthose, dem weißen Leinenhemd und den abgeschabten Lederstiefeln gleich wie ein anderer Mensch aus. Das lange, rabenschwarze Haar hatte er sich gewaschen und mit einem Lederband im Nacken zusammengebunden.
»Ich bin bereit, an die Arbeit zu gehen«, erklärte er.
»Du hast ein schreckliches Erlebnis hinter dir, Two Hawks. Willst du dich nicht eine Weile ausruhen? Mit der Arbeit kannst du morgen anfangen.«
Seine Schultern sackten herab, und sein Blick war schmerzerfüllt. Als Ramon zu ihnen trat, schaute er sofort hoffnungsvoll auf.
»Es gibt Arbeit im Korral«, erklärte Ramon. »Mariano wartet schon auf dich.« Das war der Vaquero, der an dem Tag für Carly gesprochen hatte, als sie die Männer über
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