Geliebter Teufel
Montoya und Miranda Aguilar beobachtet. Beide waren sehr schön und offensichtlich verliebt in ihn. Doch ebenso eindeutig war, daß er ihre Liebe nicht erwiderte.
Sie war Ramons Frau - bloß nicht die Frau seiner Wahl. Was auch immer er für sie empfand hatte nichts mit Liebe zu tun.
Bei dem Gedanken verspürte sie einen Stich. Was mochte Ramon für sie empfinden? Er begehrte sie, daran gab es keinen Zweifel. Aber er hatte auch andere Frauen begehrt. Er hatte immer eine Reihe Geliebte gehabt. Wie würde sie sich fühlen, wenn er sie für eine andere verlassen würde oder zu Miranda oder Pilar Montoya zurückkehrte? Warum sollte sie glauben, keine andere würde ihn je wieder anziehen?
Carly verkrampfte sich der Magen. Es hatte eine Zeit gegeben, da hätte sie das vielleicht ertragen. Jetzt wußte sie, daß ein Teil von ihr sterben und sie sich nicht mehr wie die Frau fühlen würde, die sie geworden war, seit sie Ramon begegnet war.
Zum ersten Mal wurde ihr klar, welches Risiko sie eingegangen war, indem sie Ramon ihr Herz geschenkt hatte.
Das Lächeln auf ihren Lippen erstarb. »Du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen«, behauptete sie. »Harte Arbeit macht mir nichts aus. Du behandelst mich gut, und mit dir zu schlafen ist auf jeden Fall besser als mit Vincent Bannister.« Mit den kühlen Worten ließ sie ihn stehen. Wohl war ihr dabei nicht. Die Ungewißheit, ob er ihr treu bleiben würde, war mehr als bedrückend.
Trotzdem huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. In diesem Augenblick hatte sie eine Entscheidung getroffen. So sehr sie Ramon liebte, so sehr diese Liebe von Tag zu Tag stärker wurde, zeigen durfte sie es ihm nicht. Erst wenn sie sicher war, daß er diese Liebe erwiderte. Vielleicht würden sie sich in Monterey näherkommen.
Aber tief in ihrem Herzen nagte die Unruhe, ob er das je zulassen würde. Sie vermochte sich fast nicht vorzustellen, daß irgendeine Frau Ramons Liebe ganz für sich gewinnen konnte.
Besonders nicht, wenn es sich um eine Frau handelte, die nicht spanischer Herkunft war.
In den nächsten zwei Tagen verdrängte Carly ihre Ängste und beschäftigte sich voll und ganz mit den Reisevorbereitungen. Sie war noch nie in der alten spanischen Siedlung von Monterey gewesen. Mit Ramon zu reisen, fast eine Woche mit ihm allein zu sein, erschien ihr das höchste der Gefühle. Sie machte sich ein wenig Sorgen um Two Hawks, aber der Junge schien sich tatsächlich den Umständen entsprechend gut einzuleben und kam mit den Männern zurecht. Blue Blanket umsorgte ihn wie eine Henne ihr Küken. Außerdem waren noch eine Reihe anderer Indianer auf der Ranch. Einer von ihnen arbeitete auch als Vaquero.
Dennoch verhielt Two Hawks sich anders als in seinem Dorf. Er war still und die meiste Zeit zurückgezogen. Bis auf die Augenblicke, die er mit dem kleinen Bajito verbrachte, war er nicht mehr das sorglose Kind, das er in den Bergen gewesen war, obwohl er genauso liebenswürdig blieb. Auch war er immer bereit, mit anzufassen, wenn es sein mußte - und er hatte ständig Hunger. Carly wunderte sich, wie er es geschafft hatte, vom Dorf bis zu ihnen zu gelangen, ohne einen Bissen zu essen, denn seit er hier war, schien er nie satt zu werden.
Deshalb war sie wenig überrascht, als einer von Tia Teresas Blaubeerkuchen verschwunden war.
»Ich kann mir nicht vorstellen, wie das passiert ist«, sagte Tia zu Anna. »Eben noch hat er draußen auf dem Fensterbrett der cocina gestanden, und gleich darauf war er verschwunden.«
»Was war verschwunden?« fragte Carly und brachte eines von Ramons weißen Hemden mit in den sala. Nadel und Faden hatte sie auch bei sich.
»Mein Kuchen«, erklärte Tia. Sie kochte nicht oft, aber ihr Kuchen war eine seltene, köstliche Spezialität. »Zuerst dachte ich, ein wildes Tier hätte ihn gestohlen, und dann fand ich diese kleinen, runden Steine dort, wo der Kuchen gestanden hatte. Ich kann mir nicht vorstellen, was das zu bedeuten hat.«
Carly musterte nachdenklich die polierten runden Steine. »Ich habe keine Ahnung. Vielleicht weiß Ramon es.« Allerdings glaubte sie zu wissen, wer den Kuchen genommen hatte. Sie hoffte nur, daß Tia nicht die Blaubeerflecken an Two Hawks’ dünnen Jungenhänden sehen würde. Die Aufklärung dieser Angelegenheit mußte allerdings bis Monterey warten ...
Zwei Tage später brachen sie zu ihrer Reise nach Monterey auf. Ramon saß in seinem silbern verzierten Sattel und zog gerade den Kopf ein, um unter einem überhängenden
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