Geliebter Teufel
»Verunsichere die Männer nicht mit dem Gerede, was alles passieren kann. Wir werden schon mit Fletcher Austin und seinen Leuten fertig werden.«
Ramon fluchte leise. Andreas war wie immer sehr hitzköpfig. Doch vor den Männern wollte er die Autorität seines Bruders nicht untergraben. »Seid vorsichtig. Unterschätzt Austin nicht. Wenn irgendwas passiert, reitet so schnell ihr könnt davon. Bringt euch in Sicherheit.«
Ehe Andreas ihm widersprechen konnte, gab Ramon seinem Hengst die Sporen und ritt den Pfad entlang. Von ihrem Lager in den Bergen lag Rancho del Robles mehr als einen Zwei Tages Ritt entfernt, aber Andreas und die anderen hatten in den Hügeln in der Nähe gecampt. Die Pferde waren ausgeruht, die Männer wachsam und gut auf die nächtliche Arbeit vorbereitet.
Sie erreichten die Anhöhe, von der aus man die Ranch überblicken konnte, und hielten im Schutz einer Baumgruppe an. Ramon stieg ab, Andreas und Petro Sanchez ebenfalls.
»Was meinst du?« fragte Andreas seinen Bruder, als dieser seinen Blick über die Gebäude der Hazienda schweifen ließ, den establo und den Kornspeicher, die Barracke und das matanza -Schachthaus -, die Korrale, in denen sich die Pferde befanden, scheint ruhig genug.«
»Si. Sieh mal, wieviel Pferde! Er hat einen extra Korral anlegen lassen, um sie alle unterzubringen.«
»Der gringo -Käufer in Sacramento City wird sich freuen«, bemerkte Pedro. »Ihn interessiert es nicht, wo die Tiere herkommen, Hauptsache, es sind viele und sie sind gesund.«
Ramon blickte eine Weile schweigend hinunter. Beruhigt, daß alles in Ordnung schien, wandte er sich ab und kehrte zu seinen Männern zurück. »Wir müssen darauf achten, daß wir die Sattelpferde dabeihaben.« Das waren die Tiere, die die Arbeiter benutzten. »Wir wollen nicht, daß sie uns hinterherkommen.«
Er faßte nach dem Knauf seines breiten, spanischen Sattels, schwang sich geschmeidig hinauf, zog sich den Hut tief in die Stirn und sein schwarzes Halstuch bis über die Nase hoch. Dann gab er seinem Pferd die Sporen.
Carly konnte nicht schlafen. Sie hatte sich immer noch nicht an die späte Abendbrotzeit der Kalifornier gewöhnt oder an die seltsamen Nachtgeräusche ihres neuen Zuhauses: das Knacken der schweren, geschnitzten Holzbalken über ihrem Bett, das Zirpen der Grillen draußen vor dem Fenster, das ferne Heulen der Kojoten und das gelegentliche Wiehern der Pferde. Die Uhr, die auf dem Schrank tickte, zeigte zwei Uhr. Sie konnte die glänzenden Messingzeiger in dem schwachen Licht, das durch die Fensterläden hereinfiel, deutlich erkennen.
Müde kletterte Carly aus dem Bett. Zum Abendessen hatte sie etwas von dem starken Rotwein getrunken, den ihr Onkel aus den Trauben herstellte, die auf der Ranch geerntet wurden, und jetzt hatte sie Durst. Sie ging hinüber zu dem Porzellangefäß, das in der Waschschüssel auf der Kommode stand. Doch die Kanne war leer. Ihr Onkel erwartete von ihr, daß sie ihr junges Dienstmädchen weckte, aber das wollte sie nicht tun. Außerdem mußte sie sich ein bißchen bewegen. Vielleicht konnte sie dann hinterher endlich schlafen.
Rasch zog Carly einen leichten, umhäkelten Morgenmantel über ihr langes, weißes Nachthemd. Sie hob den schmiedeeisernen Riegel ihrer Schlafzimmertür an und trat in den Flur hinaus. Ganz dem spanischen Baustil entsprechend, hatte die Hazienda auf drei Seiten eine überdachte Veranda und lag mit der Rückfront an einer großen Terrasse. Die Küche befand sich in einem separaten Gebäude, ein paar Schritte vom Haupthaus entfernt, falls dort einmal Feuer ausbrechen sollte.
Carly wickelte sich etwas fester in den Morgenmantel, trat in die kühle Nachtluft hinaus, überquerte den Hof und öffnete die Tür der cocina. In der Küche war es dunkel, aber sie konnte die getrockneten, roten Pfefferschoten riechen, die von der Decke hingen, die Knoblauchblüten und die Lorbeerblätter, die alle zusammengebunden über dem schweren, hölzernen Schlachttisch hingen.
Körbe mit Weizen, Bohnen, Linsen, getrockneten Erbsen, Mais und frischem Gemüse reihten sich an der Wand auf. Behutsam setzte Carly einen Fuß vor den anderen, um nichts umzustoßen. Es befanden sich zwei Eisenöfen mit sechs Brennstellen im Raum, und an der gegenüberliegenden Wand hingen gußeiserne Pfannen, Töpfe, Bratgeschirr, Löffel, Pfannenschieber und eine Handkaffeemühle an dem Regal über dem Holzschrank.
Im allgemeinen war es ziemlich laut in der Küche, wenn die Tortillas zubereitet
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