Geliebter Teufel
wurden, die indianischen Dienstmägde und die Californio-Frauen miteinander redeten. Aber jetzt herrschte Stille. Carly ging an dem hölzernen Butterfaß vorbei zum Wasserfaß und hob den Deckel an. Sie tauchte ihr Porzelangefäß hinein, füllte es bis zum Rand, legte den Deckel wieder auf und wischte die Kanne mit einem frischgewaschenen Mehlsack ab, der als Geschirrtuch diente.
Sie hatte gerade die Tür erreicht, als sie es hörte - Pferdegetrappel, Schnauben, das leise Donnern von Hufen auf dem trockenen Boden und das Knarren des Korraltors, das geöffnet wurde. Carly trat ans Fenster und schaute nach draußen. Was mochte dort los sein?
Zuerst sah sie niemanden und dachte schon, die Pferde hätten es irgendwie geschafft, das Tor zu öffnen und würden davontraben. Sie bewegten sich ruhig, nicht hastig. Ihre Fellfarben verschwammen zu einem Farbenmeer, das jetzt an ihr vorbeizog. Braune, gescheckte, rotbraune, weiße, graue und schwarze Tiere liefen durch das Tor, bis der Korral leer war. Carly rannte zur Tür und riß sie auf, aber beim Anblick einer Gruppe Reiter blieb sie wie erstarrt auf der Schwelle stehen.
Lieber Gott im Himmel! Die Männer waren Vaqueros. Das konnte sie an den kurzen Jacken, den weiten Hosen und den niedrigen, breitkrempigen Hüten erkennen. Aber es waren keine Männer von del Robles. Meine Güte, es mußten die Banditen sein, von denen sie gehört hatte - Männer, die zu dem spanischen Dragon gehörten!
Carlys Hand an dem kalten Eisenriegel zitterte, als sie die Holztür behutsam zuschob und durch den Spalt hinausspähte. Sie mußte ihren Onkel und die Männer in der Baracke warnen, aber sobald sie nach draußen ging, würden die Banditen sie sehen. Sie würden vermutlich auf sie schießen, ehe sie jemanden erreichen konnte.
Dann fiel ihr Blick auf die schwere Metallglocke.
»Das ist es«, flüsterte sie vor sich hin, straffte sich und nahm all ihren Mutt zusammen. Die Glocke wurde zu den Mahlzeiten, wenn Post kam und für ein Dutzend anderer verschiedener Mitteilungen benutzt. Sie diente auch als Warnung bei Gefahren, und um diese frühmorgendliche Stunde würde es sicher keinen Zweifel geben, was das Läuten der Glocke bedeutete.
Carly überprüfte vom Fenster aus, ob einer der Räuber das Haus beobachtete, zählte langsam bis drei und riß dann die Küchentür wieder auf. Sie raffte ihr Nachthemd und entblößte ihre Beine, um rennen zu können. Doch weder den feuchten Boden noch die Steine, die ihr in die Füße schnitten, bemerkte sie.
Sie rannte schnurstracks auf die Glocke zu, die gut sechs Meter von ihr entfernt an einem kräftigen Holzbalken hing. Ihr dichtes kupferrotes Haar wehte im Wind. Mit beiden Händen ergriff Carly das geflochtene Seil und läutete wie besessen.
Ramon riß an den Zügeln, als das erste harsche Läuten die Luft zerschnitt. »Madre de Dios«, fluchte er leise und suchte die Umgebung nach der Ursache für den Alarm ab. Er entdeckte die kleine Gestalt im Morgenmantel am Rand der Terrasse und wußte im selben Moment, daß es das Mädchen war.
» Andele, muchachos! Nehmt die Pferde und macht euch davon!«
»Was ist mit den Sattelpferden?« fragte Andreas, sprengte heran und konnte sein nervöses Tier kaum zügeln. »Ohne sie können wir nicht wegreiten.«
»Sanchez und Domingo treiben sie schon zusammen. Ich werde ihnen helfen - begleite du die anderen.« Doch Andreas stürmte bereits auf den zweiten Korral zu. Ramon schimpfte. Seine Worte gingen jedoch im Wiehern der Pferde und dem Gebrüll der Männer unter. Er gab seinem Pferd die Sporen, ritt an Andreas vorbei, rief Sanchez und Ruiz Domingo etwas zu und wendete seinen Hengst in Richtung der Frau, die so heftig die Glocke geläutet hatte.
Inzwischen brannten in der dickwandigen Hazienda die Lampen, und Männer strömten aus der Baracke, nur notdürftig bekleidet und manche von ihnen bewaffnet. Um Austins Vaqueros machte er sich keine Sorgen, da viele von ihnen sich nicht gegen El Dragon stellen wollten und die meisten sich mit jedem Spanier verbunden fühlten, die sich gegen gringos wehrten. Aber die Anglos waren auch bewaffnet, und sie feuerten bereits ihre Gewehre ab. Fletcher Austin gehörte auch dazu.
Die Glocke war verstummt. Jetzt sirrten die tödlichen Gewehrkugeln durch die Luft. Villegas erwiderte das Feuer, verwundete zwei von Austins Männern, aber eine Kugel traf Ignacio am Arm, und Santiagos Schenkel war rotgefärbt von Blut. Das Mädchen hatte sich hinter einen hölzernen
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