Geliebter Teufel
Verantwortung seinen Leuten gegenüber zu vergessen, auch den Schwur, den er seinem Bruder gegeben hatte, dafür zu sorgen, daß Rancho del Robles in die Hände der de la Guerra zurückgegeben wurde.
Statt dessen malte er sich aus, wie es wäre, sie zu lieben, wilde Leidenschaft mit ihr zu erleben, das brennende Verlangen auszukosten, das ihn zeitweise alles vergessen lassen würde.
Keine Trauer mehr um Andreas.
Keine Sorge mehr, entdeckt zu werden, und auch keine Gedanken mehr darüber, was er tun sollte, wenn das Geld, das sie mit den Pferden erzielt hatten, verbraucht war. Zumindest Martinez und die übrigen Männer waren sicher ins Lager zurückgekehrt. Eine Zeitlang würde das Geld reichen, aber früher oder später wäre es aufgebraucht. Ohne Andreas als El Dragon Überfälle zu machen, würde weitaus gefährlicher werden. Es würde bald auffallen, daß er jedesmal, wenn ein Überfall stattfand, nicht auf seiner Ranch war, und schon wäre klar, daß er hinter der Sache steckte.
Außerdem war da noch das Problem mit dem Mädchen. Er konnte sie nicht gehen lassen, und er konnte sie auch nicht bei sich behalten. Wenn er es doch täte, würde sein Wille früher oder später nachlassen, und er würde mit ihr schlafen.
Madre de Dios. Er wünschte sich, er wüßte, was er tun sollte.
Ramon fuhr sich mit der Hand durch das wellige schwarze Haar und zog sich den flachrandigen Hut tief in die Stirn. Es mußte ihm etwas einfallen. Unbedingt. Er hoffte nur, daß es recht bald sein würde.
8. Kapitel
»Señor Don Ramón!« Lena kam auf ihn zu, als er ins Dorf ging. Carly war bei ihr. Nicht weit von ihnen entfernt standen Florentia, Tomasina und Serafina, die bereits auf Pedro warteten. Er mußte jeden Moment mit dem schweren carreta kommen, mit dem er sie nach Hause zurückbringen würde.
»Si, es wird Zeit, daß wir heimkehren, jetzt, wo dein Volk außer Gefahr scheint.«
»Ich könnte mich bedanken, aber das würde nicht ausreichen. Mit Worten läßt sich nicht begleichen, was mein Volk dir schuldet.«
»Es gibt keine Schuld. Du hast mir geholfen. Du hast das Leben der Señorita gerettet. Das ist mehr als ausreichend Lohn.«
Lena schüttelte den Kopf. Ihr glatter, schwarzer Pony strich ihr über die niedrige Stirn. »Die Weißen haben uns seit Jahren den Tod gewünscht. Du bist anders. Wir werden das nicht vergessen.« Sie wandte sich an Carly. »Geh mit Gott, kleine Wah-suh-wi.«
Carly lächelte. »Danke, Lena. Gib gut acht auf Two Hawks, ja?«
»Er wird bald wieder wie ein junges Reh herumspringen und genug anstellen, ehe der neue Mond aufgeht.«
Ramon sah die Frauen lächelnd an. Durch die gemeinsame Arbeit waren Lena und Carly sich nähergekommen. Sie hatte sich auch mit dem Jungen angefreundet. Ramon mochte Two Hawks ebenso. Jedesmal wenn er ins Dorf kam, hatte der Junge ihn begrüßt. Sein innigster Wunsch war, wie er Ramon einmal gesagt hatte, eines Tages ein Vaquero zu werden. Er hatte Ramon schon gebeten, ihn darin zu unterrichten, ihn mit nach Las Almas zu nehmen, wo er die spanische Reitkunst erlernen konnte.
Jedesmal hatte Ramon abgelehnt.
Er hatte zu viele Münder zu stopfen. Er konnte niemanden gebrauchen. Und doch tat ihm der Junge leid. Die Aussichten, die er im Leben hatte, waren recht trüb. Aber ein Vaquero war ein meisterhafter Reiter. Er hatte seinen Stolz, der ihm,zu überleben half, und mit etwas Glück fand er auch leicht Arbeit.
Carly schaute zu ihm auf, und er faßte nach ihrer Hand.
»Wie hat sie Sie genannt?« fragte er, als er sie zu den anderen drei Frauen und dem Karren führte.
»Wah-suh-wi. Das ist der indianische Name, den sie mir gegeben hat.«
»Was heißt das?«
»Sonnenblume.« Ein wenig verlegen wich sie seinem Blick aus. »Sie behauptet, wenn ich lächle, sei das so strahlend wie die Morgensonne.«
Ramon verspürte ein leichtes Ziehen. »So ist es«, bestätigte er. »Genau wie die Sonne.«
Röte stieg ihr in die Wangen, und sie schürzte die Lippen. Hastig blickte sie auf die Zehenspitzen in ihren Sandalen. »Sie wollen, daß wir wiederkommen, Ramon.« Offen schaute sie ihm ins Gesicht. »Sie wollen mit uns feiern und sich bei uns für unsere Hilfe bedanken.«
»Das möchten Sie gerne miterleben, chica ?« Die Begeisterung in ihrem Blick gab ihm bereits die Antwort. Das gefiel ihm an ihr, dieser Hunger nach Leben, den sie besaß. Die Freude am Leben, wie seine Leute sie auch liebten, wie sie aber den vielen Amerikanern, die er kennengelernt hatte,
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