Geliebter Teufel
den Stoff ihres Kleides bis auf ihre Haut zu dringen. Die ersten Takte der Musik erklangen. Ramon zog sie schwungvoll mit sich und tanzte so anmutig, wie er auf seinem wunderbaren Hengst geritten war.
Er lächelte sie an, und seine goldbraunen Augen funkelten. »Nun ... ich lebe noch. Sicher war ich mir nicht, daß es so ausgehen würde.« Seine langen, sehnigen Beine trafen intim gegen ihre Schenkel. Bei der flüchtigen Berührung erschauerte sie. Ein wohltuendes Prickeln erfaßte ihre Hände, wo er sie anfaßte. Ramon schien das nichts auszumachen. Jede seiner Bewegungen war vollkommen, sein Lächeln blieb unverändert. Auch achtete sie darauf, den schicklichen Abstand zwischen ihnen zu wahren.
El Dragon hätte solche Anstandsformen verachtet. Carly fühlte sich ein wenig enttäuscht.
Dennoch lächelte sie, als sie zu ihm aufschaute. »Du bist überrascht, daß ich es nicht meinem Onkel gesagt habe? Das glaube ich dir nicht. Du wußtest ganz genau, daß ich dich nicht verraten würde.«
Amüsiert hob er eine Braue. »Woher sollte ich das wissen?«
Carly ignorierte das nervöse Zittern in ihrem Magen. »Ich weiß es nicht. Vielleicht wegen der vielen Frauen, die du kennst. Sicher merkst du sofort, wenn du wieder eine mit deinem Charme für dich eingenommen hast.«
Er lachte. Ein melodischer, leicht rauher Klang. Er beugte sich weit genug vor, um ihr ins Ohr zu flüstern. »Also war es mein Charme, dem ich dein Versprechen zu verdanken habe? Nicht meine heißen Küsse?«
Hitze stieg ihr in die Wangen. »Heute abend spielst du den Gentleman«, neckte sie ihn. »Aber ein Gentleman erinnert eine Dame nicht an so etwas. Es liegt wohl daran, daß Don Ramon und der spanische Dragon nicht so verschieden sind, wie die Leute glauben sollen.«
Ramons Griff verstärkte sich leicht, und seine Augen schienen aufzuleuchten. »Ich versichere dir, Cara, in vielerlei Hinsicht sind wir uns total gleich.« Sie konnte den viel zu kühnen Blick nicht mißverstehen. Ebensowenig wie die Leidenschaft, die ihm im Gesicht geschrieben stand. Doch so rasch, wie sie aufgeflammt war, war sie auch verschwunden. Die Musik verstummte plötzlich, und Ramon nahm seine Hand von ihrer Taille.
»Ich hoffe, das Tanzen hat dir Spaß gemacht. Mir auf jeden Fall. Jetzt wird es aber Zeit, daß ich dich zu deinen Freunden zurückbringe.«
Sie rang sich ein Lächeln ab. »Natürlich«, erwiderte sie und war eigenartigerweise über seine nüchterne Art erzürnt. »Inzwischen wird mein Onkel bemerkt haben, wo ich bin ... und Vincent wartet sicher schon.« Als er auf diese Worte hin die Stirn runzelte, empfand sie eine momentane Befriedigung. Dennoch ließ er sie in Gesellschaft einiger Frauen zurück und ging zu seiner Mutter und seiner Tante, die sich mit den Montoyas unterhielten.
Carly wartete nur ein paar Minuten, entschuldigte sich dann und lief zur Scheune hinüber. Sie hatte Vincent versprochen, ihn dort zu treffen, und sie wollte Wort halten. Besonders jetzt, wo Ramon mit der hübschen Witwe Pilar Montoya tanzte.
Es war dunkel in der dämmerigen, großen Landhausscheune, aber das Mondlicht fiel durch die offenen Fenster, und Vincent hatte in einer der Boxen eine Laterne angezündet. Der Duft nach Heu und Pferden wehte ihr mit der kühlen Brise entgegen. In dem weichen, gelben Licht der Lampe sah sie winzige Staubpartikel in der Luft tanzen, und Insekten schwirrten herum.
»Ich hatte schon Angst, du würdest nicht kommen.« Er trat auf sie zu, faßte nach ihrer Hand und zog sie ganz zu sich heran. Die Schnallen seiner eleganten, kantigen Schuhe glänzten im Licht. Seine weiße, eingeschlagene Krawatte war unter seinem Kinn zu einer auffällig großen Schleife gebunden.
»Ich kann nicht lange bleiben«, sagte Carly. »Was willst du mir zeigen?«
Er wich von dem rauhen Holzverschlag zurück, der die Boxen teilte, und gab den Blick auf einen der elegantesten Damensättel frei, den Carly je gesehen hatte und der dort am Geländer hing.
Vincent freute sich. »Du hast einmal erwähnt, daß du reiten lernen willst. Neulich schrieb dein Onkel in einem Brief an meinen Vater, daß du bereits begonnen hättest, Unterricht zu nehmen. Ich möchte, daß du die richtige Ausrüstung dazu hast.«
Sie starrte auf den Sattel. Das Leder war mit einem zarten, eingravierten Blumenmuster verziert und der gepolsterte Sitz mit einem beigen Leinenstoff bezogen, auf den kleine rosa Rosen aufgedruckt waren. Der Sattel war passend für sie, kleiner als der, auf dem
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