Geliebter Teufel
Vorhaben war ihr mißlungen. Dafür hatte Ramon gesorgt.
Sie bemühte sich zu lächeln, aber ihre Unterlippe bebte. »Vielleicht sollten wir nach Hause zurückkehren«, schlug sie leise vor.
Ihr Onkel nickte bloß. Sein Gesicht war so rot wie die Nischen der Heiligen hinter dem Altar am anderen Ende der Kirche.
»Es tut mir leid«, sagte der Pater. »Etwas Unvorhergesehenes muß geschehen sein. Es ist nicht Don Ramons Art, sein Wort zu brechen.«
Carly klammerte sich zuerst an diese Ausrede, doch dann verdrängte sie den Gedanken wieder. In Wirklichkeit hatte er sein Wort nicht gebrochen. Denn er hatte ja nicht versprochen zu kommen. Sie schritten den Gang hinunter auf die große, holzgeschnitzte Eingangstür zu, aber als sie kurz davor standen, knarrten die schweren Türen und öffneten sich.
Als Ramon hereinkam, glaubte Carly im ersten Moment, das Herz würde ihr stehenbleiben. Es fiel ihr sofort auf, daß seine enganliegende calzonevas an den Seiten nicht festlich verziert war. Ein schlichtes, langärmeliges weißes Hemd und ein Paar hohe, schwarze Stiefel - mit dieser Kleidung drückte er deutlich aus, daß er den Anlaß nicht als feierlich betrachtete.
Carly schmerzte das, aber sie hob tapfer ihr Kinn. Er schaute reglos vor sich hin, während er auf seine Mutter und seine Tante wartete, die ein paar Sekunden später mit Pedro Sanchez hereinkamen. Ramons Blick streifte sie kurz. Er sah wohl das elegante perlmuttgraue Kleid und die weiße mantilla aus Spitze, die sie auf dem Kopf trug. Tief in seinen dunkelbraunen Augen flackerte etwas auf, aber schon war es wieder weg.
»Entschuldige, daß ich mich verspätet habe ... mi amor .« Ein schwaches Lächeln umspielte seine Lippen. »Ich hoffe, das hat dir keine Unannehmlichkeiten bereitet.« Es zeichnete sich jedoch keinerlei Bedauern in seinem Gesicht ab. Er war absichtlich zu spät gekommen. Damit wollte er sich an ihr rächen, weil sie ihn zu der Heirat gezwungen hatte. Wie hatte sie vergessen können, daß so etwas zu Ramon paßte?
»Es reicht, de la Guerra.« Onkel Fletcher fing seinen Blick auf und hielt ihm stand. »Wird jetzt eine Hochzeit stattfinden oder nicht?«
Er nickte. »Aber natürlich. Deshalb sind wir doch hier, oder?«
Carly erwiderte nichts, als er nach ihrer Hand faßte. Sein Griff war so hart und so absolut gefühllos wie sein Blick.
»Ich ... ich hatte gehofft, ich könnte vorher noch mit dir sprechen«, sagte Carly. »Ich muß dir was erklären.«
»Dafür haben wir nachher Zeit. Der Priester hat schon lange genug warten müssen.«
Carly erinnerte ihn nicht daran, daß er zu spät gekommen war. Bei der finsteren Stimmung, in der er sich befand, hielt sie es für besser, gar nichts zu sagen.
Die Zeremonie war kurz. Es wurde keine Heilige Messe am Altar gelesen, keine Feier für Freunde und Familie, wie Ramon es sich gewünscht hätte, wäre seine Braut die Frau seiner Wahl gewesen.
Zum ersten Mal, seit das alles passiert war, beschlich sie ein leises Schuldgefühl. Ramon gegenüber hatte sie sich nicht gerade korrekt verhalten. Andererseits hatte er sich an dem Abend des Überfalls auch nicht richtig verhalten, als er sie auf sein Pferd gehoben, verschleppt und gezwungen hatte, zu Fuß durch die Berge zu marschieren.
Carly straffte sich. Zum Teufel mit Ramon! Am Ende würde schon alles gut verlaufen. Und so lange würde sie ihn einfach ignorieren.
Sie starrte nach vorn, ließ sich von ihm führen, hörte sein leises Versprechen und wiederholte die Worte ebenfalls. Er steckte ihr etwas an den Finger. Sie schaute hinunter und blickte auf einen schweren Goldring mit blutroten Steinen, umgeben von der Dela-Guerra-Krone. Kurz darauf war die Zeremonie schon vorbei.
»Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes«, beendete der Priester die Zeremonie, »erkläre ich euch zu Mann und Frau. Sie dürfen Ihre Braut küssen, Don Ramon.«
Ein zynisches Lächeln huschte über sein Gesicht. Er zog sie fest an sich und verschloß ihr den Mund mit einem heißen Kuß. Carly schnappte nach Luft, als er rücksichtslos mit der Zunge in ihren Mund drang und sie seinen heftigen Zorn spüren ließ.
Meine Güte, er war wütender auf sie, als sie geglaubt hatte. Er ließ sie so plötzlich los, daß er ihre Schultern umfassen mußte, damit sie nicht hinfiel. »Ramon, bitte, wenn wir uns kurz unterhalten könnten...«
Reglos starrte er sie an. »Es ist schon spät, ein Unwetter braut sich zusammen, und es wird dunkel sein, ehe wir zu Hause
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