Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geliebter Unsichtbarer

Geliebter Unsichtbarer

Titel: Geliebter Unsichtbarer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Folsom
Vom Netzwerk:
Doch jedes Mitglied trug seine Pflicht mit Stolz.
    Umgeben von alten Runen, die in die Steinmauern der Kammer eingraviert waren, und geschützt durch die kollektiven Kräfte der Hüter der Nacht, war dies ihr inneres Heiligtum, ein Ort, wohin nur wenige andere Hüter je einen Fuß setzen durften. Wichtige Entscheidungen wurden innerhalb dieser Mauern getroffen, Entscheidungen, die Leben oder Tod für die Menschen ebenso wie für die Hüter der Nacht bedeuteten.
    Während Barclay als Primus Inter Pares , der Erste unter Gleichen, in der Mitte des Tisches saß, spürte er das Gewicht der Verantwortung auf seiner Brust. Er verspürte den Wind des Wandels und wusste, dass ihre Welt am Rande von etwas Neuem stand, etwas, das das Leben zum Schlechteren verändern könnte, wenn er und die Hüter der Nacht es nicht aufhalten konnten. Wenn er nur wüsste, was ihnen bevorstand.
    Barclay räusperte sich und wandte sich dem großen Mann zu, dessen braune Augen besorgter als üblich dreinblickten und dessen dunkelbraune Haare noch zerzauster wirkten.
    „Geoffrey, du hast diese Sitzung einberufen. Der Rat ist begierig, deinen Bericht zu hören.“
    Geoffrey stand auf. „Brüder, Schwestern, Primus.“ Er nickte Barclay zu. „Ich habe beunruhigende Berichte von unseren Emisarii erhalten. Informationen sind aufgetaucht, die Dämonen hätten ein Serum entdeckt, das die Menschen anfälliger für ihre Einflüsse machen könnte.“
    Ein kollektives Keuchen ging durch die Versammelten. Barclay holte tief Luft, denn der Gedanke, dass so etwas möglich war, schockierte ihn bis ins Knochenmark. War das der Wechsel, den er seit einiger Zeit verspürte?
    „Dämonen sind nicht der Hexerei fähig!“, protestierte Finlay lautstark.
    „Von so etwas habe ich noch nie gehört!“ Riona, eine der beiden weiblichen Ratsmitglieder, warf ihre Hände in einer dramatischen Geste in die Luft. „Außerdem sind die Hexen unsere Verbündeten, nicht die der Dämonen.“
    Barclay schlug den Hammer auf den Tisch. „Ruhe!“
    Die Ratsmitglieder verstummten, als er einen wütenden Blick auf sie richtete. Dann wandte er sich wieder Geoffrey zu. „Setze deinen Bericht fort.“
    Geoffrey warf Finlay einen spitzen Blick zu und öffnete seinen Mund. „Keine Hexerei. Da sind wir uns einig, mein Freund.“
    Barclay war sich bewusst, dass Geoffrey und Finlay selten übereinstimmten. Er hatte schon genügend Streitereien zwischen den beiden sturen Hütern schlichten müssen. Dieses Mal hoffte er, dass kein solcher Kampf ausbrach. Die Umstände waren zu ernst, um Zeit für eine sinnlose Zurschaustellung überschüssigen Testosterons zu verschwenden, als ob die beiden grüne Jugendliche wären und nicht die harten Männer, die seit Jahrhunderten an seiner Seite kämpften.
    „Aber ich spreche nicht von Hexerei. Ich spreche von Wissenschaft.“
    „Wissenschaft?“, wiederholte Finlay fassungslos.
    Ein grimmiges Nicken unterstrich Geoffreys Antwort. „Pharmazeutische Forschung. Dr. Leila Cruickshank –“ Er reichte ein Foto herum. „– ist eine talentierte Forscherin für Inter Pharma. In den letzten Jahren hat sie ihr Leben der Suche nach einem Heilmittel für Alzheimer gewidmet.“
    „Sehr bewundernswert. Aber was hat das mit uns zu tun?“, unterbrach Wade und strich sich mit den Fingern durch seine dunkelblonden Haare. „Außerdem haben dies viele andere vor ihr versucht, und niemandem ist es bisher gelungen.“
    „Hat diese Frau Dr. Cruickshank es geschafft?“, fragte Finlay und wies auf das Bild, das Barclay in diesem Moment bekam.
    Barclays Blick fiel auf das Gesicht der jungen Frau. Das Bild war aus großer Entfernung durch ein Fenster aufgenommen worden. Trotz dieser Tatsache hatte das Objektiv das Wesentliche eingefangen: Ihre angenehmen, aber entschlossenen Züge, ihre gerade Nase und ihre stechenden Augen unterstrichen, was Geoffrey gesagt hatte. Sie trug einen weißen Kittel und saß vor einem Computer, den Blick voller Faszination auf den Bildschirm gerichtet. Ihre langen dunklen Haare waren in einem lässigen Pferdeschwanz zusammengebunden, aus dem einige Strähnen heraushingen, die nun ihre klassischen Züge umrahmten und ihr Gesicht damit erweichten.
    „Unser Emissarius berichtet, dass sie am Rande eines Durchbruchs steht. Den Laborberichten nach, zu denen er Zugang bekommen konnte, zeigen frühe klinische Studien: Das Serum kann scheinbar . . . den Geist öffnen.“
    „Öffnen?“, wiederholte Barclay. „Erkläre, was du damit

Weitere Kostenlose Bücher