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Geliebtes Landleben

Geliebtes Landleben

Titel: Geliebtes Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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Ärzteteam aus, aber wir wußten, daß uns eine schlimme Reise erwartete,
und wir wollten dafür gerüstet sein.
    Die ersten fünfzehn Meilen
waren schon schlimm genug. Natürlich kein einziges Stück geteert, nur sehr
grober Schotter, gefährliche Kurven und eine starke Abschüssigkeit. Aber wir
alle kannten solche Straßen, und Oliver fuhr. Er war kein absoluter Experte wie
Paul oder Sam, aber er fuhr gut, und wir lenkten ihn nicht durch Reden ab. Es
war ein unfreundlicher Nachmittag, der schon fast in eine regnerische Dämmerung
überging, und als wir an die Ecke kamen, wo der Weg zu Selkirks einfacher Farm
beginnt, war es schon fast dunkel.
    Oliver bremste, er und Tony
sprangen hinaus, um die Ketten aufzuziehen. Sie verstand fast genauso viel
davon wie er, und man konnte leicht sehen, daß sie gewöhnt waren,
zusammenzuarbeiten. Sie bestanden darauf, daß ich im Auto blieb, um die Räder
hin und her zu bewegen, und nun fuhren wir wieder los, einen schmalen kurvigen
Buschweg hinunter. Selbst mit Ketten rutschte und schlitterte der Wagen, ein-
oder zweimal kam er sogar gefährlich nahe an den äußeren Rand, der in eine
steile, überwucherte Schlucht abfiel. Ich war froh, als wir die halbe Meile
geschafft hatten und zu einem kleinen Haus kamen, das tapfer in einem Garten
stand und aus dessen Fenstern gedämpftes Licht fiel. Es war ein neues kleines
Haus. Wie der Doktor mir erzählte, war Selkirk erst seit zwei Jahren auf der
Farm und mußte sich schwer durchkämpfen. Er hatte siebzig Kühe allein zu
melken, seinen Rahm auf einem Schlitten bis zur Ecke zu fahren und verdiente
nur eben das Notwendigste. Nun hatte ihn auch noch die Krankheit überrascht,
und sie hätte sein letztes Geld verbraucht, hätte Oliver nicht gesagt: »Ich
komme ’raus, um nach dem Kind zu sehen... Das können Sie sich nicht leisten?
Unsinn. Dafür nehme ich nichts, und das Krankenhaus ist unentgeltlich.«
    Tony hatte den Schluß seines
Telefongesprächs mitgehört, und während wir unser Ölzeug anzogen, erzählte sie
mir mit ganz feuchten Augen davon. Welche Aussichten blieben Peter Anstruther
gegenüber diesem Ritter in glänzender Rüstung?
    Die Selkirks mochte ich sofort
gern, und sobald ich ihre Schwelle überschritt, fühlte ich mich um Jahre
zurückversetzt in die Zeit, als wir noch an einem ungeschotterten Weg wohnten,
ohne Strom, nur mit Kerzen und einem Holzofen. Damals waren wir noch jung und standen am Anfang unseres Lebens im Hinterland.
Dieser Mann und seine Frau waren nicht mehr jung. Ich schätzte sie auf ungefähr
dreißig und ihn ein paar Jahre älter, aber man konnte sehen, wie schwer ihr
Leben gewesen sein mußte und noch war. Sie waren gerührt vor Freude, uns zu
sehen, und Oliver äußerst dankbar, daß er sich so bemühte.
    »Man findet kaum einen Arzt,
der an einem solchen Abend ’rausfährt und noch sagt, daß er nichts berechnet«,
flüsterte der Mann mir zu, als seine Frau und Oliver zu dem kleinen Patienten
gingen.
    Es war ein kleines Mädchen von
ungefähr neun Jahren, das hohes Fieber und ein gerötetes Gesicht hatte. Sie
sprach mit sich selbst und schien nicht einmal ihre Eltern zu erkennen. Der
Vater hatte inzwischen das Feuer angemacht, brachte den Kessel zum Kochen und
goß in der Küche geschickt Tee auf, während die anderen kleinen Kinder
herumstanden und uns von der Tür aus scheu ansahen. Es war ein sauberes,
ordentliches kleines Haus, nur drei Schlafzimmer, Wohnzimmer und Küche sowie
ein angebautes Badezimmer. Die Kinder waren sauber und gut gepflegt und es war
leicht zu erkennen, daß es ihnen an Liebe nicht fehlte. Oliver und die Mutter
kamen aus dem Schlafzimmer zurück.
    Oliver sagte: »Wir bringen sie
sofort ins Krankenhaus. Nein, wir kommen schon zurecht. Wenn wir erst einmal in
Tiri sind, wird es ganz einfach sein.«
    »Aber diese schrecklichen Hügel
und die schlammige Straße und all diese Kurven, bis Sie nach Tiri kommen«,
stammelte die Frau.
    »Das ist kein so großes
Problem, Ihr Mann will uns begleiten bis zur Ecke und nimmt dort die Ketten
ab«; dann ging Oliver zum Telefon, um das Krankenhaus anzurufen, damit alles
für unsere Ankunft vorbereitet wurde.
    Inzwischen regnete es fester,
ein Dauerregen, wie man ihn an der Westküste erlebt, heftige dichte
Wassergüsse, die nie aufzuhören schienen, und mit dem Regen war es auch dunkel
geworden. Ich war froh, daß Selkirk sich um die Ketten kümmerte, denn Tony und
ich würden mit dem kleinen Mädchen alle Hände voll zu tun haben. Jetzt

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