Gelinkt
nach Hause kam, in Tränen gefunden. Sie hatte ihm erzählt, daß sie bei einem Gynäkologen in Behandlung sei. In seiner Verlegenheit hatte der gute alte Bernard nicht weiter nachgefragt.
Wenn ihre Gedanken sie deprimierten und die Sorgen ihr keine Ruhe ließen, verließ Fiona unter irgendeinem Vorwand das Büro und ging zu Fuß zur Waterloo Station. Sie hatte diesen Bahnhof liebgewonnen. Die Größe des Gebäudes versprach Dauerhaftigkeit, die strenge Eisenträgerkonstruktion bürgte für Anonymität; ein weitläufiger Wartesaal, erbaut aus den vorgefertigten Teilen eines Baukastens. Durch das schmutzige Glasdach fiel das Tageslicht grau, staubig und geheimnisvoll. Heute – trotz des Regens – hatte ihr der Fußweg vom Büro dorthin gutgetan. Nun saß sie auf einer Bank in der Nähe von Bahnsteig eins und weinte sich in aller Stille aus.
Niemandem schienen diese Gefühlsausbrüche aufzufallen, nur einmal war ihr seitens einer Dame von der Heilsarmee Gelegenheit zum Gebet angeboten worden, die genannte Adresse war irgendwo in Lambeth. Schluchzen war auf dem Waterloo-Bahnhof nichts Ungewöhnliches. Trennungen standen hier auf der Tagesordnung, und neuerdings war der Bahnhof zudem ein Ort, wo sich Wohnungslose und Hungrige versammelten. Ebensogut hätte Fiona wohl auch auf dem Londoner Flughafen weinen können, nur bestand dort in höherem Maße die Gefahr, jemanden zu sehen, den sie kannte.
Oder vielmehr, daß jemand, der sie kannte, sie sah. Und Waterloo Station war in bequemer Nähe des Büros gelegen, es
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gab Tee und Zeitungen dort, einen Taxistand und Parkuhren.
So ging sie also zum Bahnsteig eins und weinte. Natürlich war es die Aussicht, Bernard und die Kinder verlassen zu müssen.
Am Ende würde sie ihnen verhaßt sein. Selbst wenn sie alles tat, was man von ihr erwartete, und sie als Heldin zurückkehrte, würden sie sie hassen, weil sie sie verlassen hatte. Auch ihr Vater würde sie hassen. Und ihre Schwester Tessa. Und was sollte aus den Kindern werden? Sie hatte Bret danach gefragt, aber er war über ihre Befürchtungen hinweggegangen. Für die Kinder würde so gesorgt werden, wie ihr Heroismus und ihr Opfer es verdienten, hatte er in jenem theatralischen Stil gesagt, den man Bret abnahm, weil er sich seiner Sache so verdammt sicher war. Aber wie aufrichtig war er? Das beunruhigte sie manchmal. Aufrichtig oder nicht, sie wurde den Verdacht nicht los, daß man ihre Kinder vergessen würde, wenn sie erst mal im Osten wäre. Billy würde das Internat überleben – womöglich bekam ihm das Leben dort sogar –, aber Sally würde eine derartige Umgebung unerträglich finden. Fiona hatte sich vorgenommen, ihren Kindern nicht die gleiche Kindheit aufzuzwingen, die sie selbst so gehaßt hatte.
Bret meinte, das einzige, was sie noch mehr fürchtete als zu erfahren, daß ihr Mann und ihre Kinder nicht ohne sie leben könnten, sei die Entdeckung, daß sie’s könnten. Das Aas! Aber da war wohl etwas Wahres dran. Vielleicht bestand darin das lähmende Dilemma, das die Mutterschaft mit sich brachte. Sie war niemals eine sehr gute Mutter gewesen, und dieses Wissen plagte sie. Sie hatte sich nie danach gesehnt, Mutter zu werden, wie dies ihre Schwester Tessa so verzweifelt tat. Fiona hatte Babys nie gemocht. Die kleinen Bälger ihrer Freundinnen waren ihr zuwider gewesen mit ihren unaufhörlichen Ansprüchen, die den ganzen Haushalt durcheinanderbrachten.
Babys schrien sehr laut. Babys erbrachen mit entsetzlicher Häufigkeit und beschmutzten stinkend ihre Windeln. Selbst
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wenn sie ihre eigenen Säuglinge auf den Arm nahm, hatte sie immer gefürchtet, sich das Kleid schmutzig zu machen. Das Kindermädchen hatte das sofort bemerkt, und der anklagende Blick in ihren Augen war Fiona noch immer erinnerlich. Der Blick sagte: Ich bin ihre wahre Mutter. Sie sind unfähig, sie zu betreuen. Fiona konnte nicht mit Kindern umgehen, aber unfruchtbar bleiben wollte sie auch nicht. Sie wollte sozusagen auch die Mutterschaft abhaken. Ständig machte sie sich Sorgen um die Kinder und wollte, daß sie in der Schule glänzten, und vor allem freute sie sich darauf, an ihrem Leben teilzunehmen, wenn sie heranwüchsen. Aber die Kinder brauchten sie jetzt.
Vielleicht war es noch nicht zu spät. Vielleicht konnte sie der Londoner Zentrale noch den Rücken kehren und sich ihren Kindern widmen, wie sie sich bisher ihren Studien und ihrer Aufgabe gewidmet hatte.
Es verging kein Tag, an dem sie sich nicht einmal
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