Gelinkt
wir ihre Berichterstattung organisieren.«
Zwei Tage später fand der Austausch statt. Erich Stinnes ging nach Osten und nahm seine Arbeit beim KGB wieder auf, und Werner Volkmann wurde nach Westen entlassen. Die KGB-Untersuchung erklärte Pawel Moskwin des Verrats schuldig und verurteilte ihn zum Tode. Schuldspruch, Urteil und Exekution jedoch mußten geheim bleiben, das übliche Verfahren des KGB gegen leitende Angehörige des Dienstes. Der örtliche KGB-Kommandant – ein General, der ein Freund von Moskwins Vater gewesen war – entschied sich dafür, die Hinrichtung gnädig und vorteilhaft als »Tod bei einem Einsatz im Westen« vollstrecken zu lassen, und gab dementsprechende Anordnungen. Aber Moskwin fügte sich seinem Schicksal nicht gehorsam. Er versuchte zu fliehen. Der darauffolgende Schußwechsel fand auf dem stillgelegten Hochbahnhof Nollendorfplatz statt, wo sich jetzt ein Flohmarkt befindet. Moskwin starb. Bret Rensselaer bewies der Krone seine Treue, indem er die Jagd nach Moskwin anführte, wobei er angeschossen und so schwer verletzt wurde, daß er nie auf seinen Posten nach London zurückkehrte.
Die amtliche britische Fassung dieser Geschichte ist sehr kurz. Sie wurde von Silas Gaunt verfaßt, der den Austausch überhaupt nicht erwähnte, da keiner der ausgetauschten Männer britischer Staatsangehöriger war. Dieser Version zufolge lief Pawel Moskwin – ein KGB-Oberst – im Einsatz in West-Berlin auf dem Flohmarkt plötzlich Amok. Er schoß dort wahllos wild um sich, bis die Berliner Polizei ihn in ihre Gewalt bekam. Zwei Passanten wurden getötet, vier verletzt, davon zwei schwer. Im Augenblick der Verhaftung kehrte Moskwin seine Pistole gegen sich selbst.
Die von der westdeutschen Regierung in Bonn angelegte geheime Akte über den Vorgang hatte den Vorzug, auf detaillierten Berichten sowohl der Berliner Polizei als auch des Bundesnachrichtendienstes zu basieren. Sie besagt, daß Moskwin zu einem KGB-Kommando gehörte, das in WestBerlin war, um den Austausch eines Bundesbürgers gegen einen sowjetischen Staatsangehörigen, einen Häftling des britischen SIS, zu arrangieren. Moskwins Tod war diesem Bericht zufolge eine vom KGB angeordnete und von zwei Männern, die Moskwins Wagen auf Motorrädern folgten, vollstreckte Hinrichtung. Als der Wagen auf der Tauentziehstraße in der Nähe des KaDeWe halten mußte, warf ein Komplize des Hinrichtungskommandos eine mit weißer Farbe gefüllte Plastiktüte gegen die Windschutzscheibe. Moskwin sprang aus dem Wagen und rannte in den Bahnhof, wobei er auf seine Verfolger schoß. Dabei erlitten mehrere Zivilisten Schußverletzungen. Als Moskwin vom Bahnsteig auf die Gleise sprang, vielleicht in der Annahme, er könnte auf den Gleisen über die Mauer entkommen, wurde er durch eine Kugel aus einem russischen Heeres-Scharfschützengewehr getötet. Der Täter wurde nie dingfest gemacht, aber man glaubt, daß er dem KGB-Hinrichtungskommando angehörte, dessen Einreise einige Stunden zuvor an einem Kontrollpunkt beobachtet worden war. Zur Unterstützung dieser Theorie wies man daraufhin, daß östlicherseits niemals die Rückgabe der Leiche Moskwins verlangt wurde.
Als einige Tage nach der Schießerei britische Kontaktleute die Leiche nebenbei erwähnten, leugneten die Sowjets erstaunt jede Kenntnis von der Existenz eines Obersten namens Pawel Moskwin. Eine Leichenschau wurde nicht abgehalten. Moskwin wurde auf dem kleinen Friedhof von Berlin-Rudow, ganz in der Nähe der Mauer, begraben. Um diese Zeit erboten sich die Russen spontan, die sterblichen Überreste Max Busbys, eines beim Überqueren der Mauer 1978 erschossenen Amerikaners, nach Westen zu überführen. Manche schlossen daraus auf eine geheime Übereinkunft. Beide Leichen wurden nachts in nebeneinanderliegenden Grabstätten beerdigt. Zu dieser Zeit wurde gerade ein neues Entwässerungssystem auf dem Friedhof installiert, und bei den Beerdigungen waren nur die Totengräber, ein Beamter des Berliner Senats und zwei ungenannte Vertreter der Schutzmächte anwesend. Die Gräber wurden nicht bezeichnet. Es gab noch andere Versionen. Einige weniger bizarre, andere, die noch erheblich abenteuerlicher waren. Einen säuberlich eingebundenen und mit Fotos der Kleiststraße, des Nollendorfplatzes, der Hochbahnstation reich illustrierten Bericht, dem sogar ein farbiger Straßenplan, der Moskwins Weg als gepunktete rote Linie zeigte, beigeheftet war, hatte das Berliner Büro der CIA in Zusammenarbeit mit deren Büros in
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