Gelinkt
Billardzimmer bat, ging Fiona mit Billy und Sally nach oben, denn die Kinder hatten Schularbeiten zu machen. »Machen in Schaltjahren Damen den Männern Heiratsanträge, Mami?« fragte Sally.
»Ich glaube nicht«, sagte Fiona.
»Meine Lehrerin sagt aber, daß sie’s tun«, sagte Sally, und Fiona merkte, daß sie in eine der Fallen getappt war, die Sally ihr so gern stellte.
»Dann wird sie zweifellos recht haben«, sagte sie.
»Es war Miss Jenkins«, sagte sie. »Papa sagt, sie ist bescheuert.«
»Vielleicht hast du Papa falsch verstanden.«
»Ich war dabei«, mischte Billy sich in die Unterhaltung ein. »Er hat tatsächlich gesagt, daß Miss Jenkins total bescheuert ist. Das war an dem Tag, an dem sie ihn angewiesen hat, unseren Wagen nicht in die Parklücke des Schuldirektors zu stellen.«
»Es war am Sonnabend«, sagte Sally zur Verteidigung ihres Vaters.
»Das reicht«, sagte Fiona scharf. »Nun zu euren Aufgaben.« Es wurde an die Tür geklopft, und dann sah Tessa herein. »Ja?« sagte Fiona.
»Ich dachte, die Kinder würden vielleicht gern mit in die Ställe kommen.«
»Sie müssen ihre Schularbeiten machen.«
»Es gibt ein Fohlen zu sehen … letzte Woche geboren. Nur auf ein halbes Stündchen, Fi.«
»Am Montag schreiben sie eine Arbeit«, sagte Fiona.
»Laß sie in meiner Obhut, Fi. Ich werde dafür sorgen, daß sie ihre Schularbeiten machen. Mach diesen langen Spaziergang nach Ringstone, ich weiß doch, wie gerne du da hingehst.« Tessa wollte sie loswerden. Sie war gerne bei den Kindern, und diese schienen sie zu mögen. Tessa hatte niemals Autorität ertragen können, und die Kinder spürten das, und es interessierte sie.
Fiona sah sie an. »Also gut. Dreißig Minuten, aber dann setzt ihr euch an eure Schularbeiten.« Sie drehte sich um. »Ich verlasse mich auf dich, Tessa.«
In beseligter Einstimmigkeit erklärten die Kinder ihre Absicht, unter Tante Tessas Anleitung hart zu arbeiten. Sally ging auf ihre Mutter zu und drückte ihr die Hand, als wollte sie diese ihrer Liebe versichern. Billy zog Regenmantel und Schal an, ohne Zeit zu verschwenden. Als Tessa mit den Kindern verschwand, hörte Fiona, wie Billy ihrer Schwester erklärte: »Wenn die Russen die Monarchie wieder einführen, brauchen sie einen roten Zaren.« Das war sein Lieblingswitz, seitdem Silas darüber gelacht hatte.
Tessa hatte recht. Fiona brauchte ein wenig Zeit für sich selbst. Sie mußte so vieles bedenken. Sie fand einen alten Regenmantel und einen Männerhut in der Garderobe und marschierte in ihren Wanderschuhen los, die hinten in ihrem geliebten roten Porsche immer parat lagen. Durch den nebligen Regen machte sie sich auf den Weg zum Gipfel des Ringstone Hill oberhalb von Singlebury. Es waren etwa sechs Meilen dorthin, und sie schritt aus mit der Entschlossenheit, die sie auch in anderen Fällen zeigte. Sie kannte den Weg, sie war ihn schon oft gegangen, manchmal mit der ganzen Familie, manchmal nur mit Bernard. Sie erfreute sich am Anblick der Gatter, Bäche und Hecken, die so vertraut waren wie die Gesichter alter Freunde, selbst wenn einzelnes sich verändert hatte: frische Stellen weichen Morastes, ein blitzendes neues Vorhängeschloß oder der rostige Rahmen eines verlassenen Fahrrads. Die Grenzen von Whitelands markierten sechs gestürzte Tannen, Opfer der Winterstürme. Bäume mit flachen Wurzeln mußten, wie ihre menschlichen Pendants, immer zuerst dran glauben. Sie betrachtete eine der Tannen. Aus der faulenden Rinde streckten Primeln ihre kanariengelben Blüten. Sie zählte die Blütenblätter, wie sie’s als Kind getan hatte: fünf, sechs, manchmal acht Blütenblätter. Verschieden wie Menschen. Sie hatte als Kind gelernt, daß vierblättrige Primeln Glück brachten. Heute fand sie keine. Bernard hatte ihr erklärt, daß vierblättrige Primeln für die Kreuzbefruchtung notwendig seien. Sie wünschte, er hätte das nicht getan. Sie ging weiter und watete durch einen breiten, plätschernden See von Glockenblumen, ehe der Weg wieder anstieg. Keine Überraschungen, nur die Erwartung vor jeder großartigen Aussicht.
Das Licht änderte sich dauernd. Die nassen Felder wurden immer strahlender unter dem nieselnden dunkelgrauen Himmel, und der hellgelbe Ginster erfüllte die Luft mit seinem Duft. Sie erkletterte die nackte Kuppe des Hügels – der Ringstone ist nur dem Namen nach ein Stein – und hielt atemholend inne. Sie hatte den Wind bisher nicht bemerkt, aber jetzt trieb er ihr den leichten Regen stechend ins Gesicht
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