Geloescht
beobachten?«
»Kyla, du bist anders. Und ich will herausfinden, was genau dich von den anderen Slatern unterscheidet. Bei dir ist nichts falsch gemacht worden â jedes Testergebnis und jeder Scan zeigt, dass alles ganz normal gelaufen ist. Aber irgendetwas stimmt nicht ⦠Kyla, wir sind hier unter uns, ganz allein. Kannst du es mir verraten?«
»Ich weià nicht, was Sie meinen.«
Sie schaut mich zweifelnd an. »Gibt es sonst noch etwas, das du wissen willst? Wenn ich deine Neugierde stillen kann, kannst du vielleicht auch meine stillen.«
Ich fange an, mich zu winden. Es gibt so viele Fragen, die ich stellen könnte, aber ich sollte das besser lassen.
Frag!
Es ist gefährlich. Ich muss das perfekte geslatete Mädchen spielen. Ich habe es Ben versprochen und für mich selbst beschlossen, mich unauffällig zu verhalten.
Frag.
»Wer wird alles geslated? Ich weiÃ, dass die Operation bei verurteilten Verbrechern angewandt wird, aber bei wem wird sie noch durchgeführt?«
»Weshalb denkst du, dass sonst noch jemand geslated wird? Das wäre illegal.«
Ich antworte nicht.
Dr. Lysander nickt ein paarmal und scheint amüsiert zu sein. »Du bist sehr scharfsinnig. Das ist eine interessante Frage, sie überrascht mich sogar. Warum hast du sie gestellt?«
»Weil ich ein paar Leute kenne, die geslated worden sind, bei denen ich mir aber niemals vorstellen könnte, dass sie etwas Böses getan haben könnten.«
»Das Leben ist ab und zu sehr schmerzhaft, Kyla. Manchmal brauchen Menschen Hilfe, und diese Hilfe können wir ihnen hier geben.«
»Das verstehe ich nicht.«
Sie zögert. »Nehmen wir zum Beispiel deine Schwester. Wie heiÃt sie noch? Ich habe sie an dem Tag wiedererkannt, als sie mit dir hier war.«
»Amy? Warum erinnern Sie sich an sie?«
»Wenn ich mit dir über all das spreche, breche ich ein paar Dutzend Gesetze, Kyla.« Sie fährt über ihren Bildschirm. Amys Gesicht und eine Nummer erscheinen: Amy 9612. Dr. Lysander wechselt zu anderen Fotos. Wieder erscheint ein Bild, aber es sieht ganz anders aus als meines. Amy ist um Jahre jünger als heute und ihr Lächeln ist unmissverständlich: Sie freut sich darüber, geslated zu werden. Dr. Lysander gibt ein Passwort ein, um sich einzuloggen. Deshalb konnte ich also nicht rausfinden, warum ich geslated worden bin: Ich hätte ihr Kennwort gebraucht.
»Sieh mal hier: âºPatient 9612 hat sich im Krankenhaus vorgestellt und darum gebeten, geslated zu werden. Sie wurde untersucht und als geeignet für ein OS befunden.â¹Â«
Ich schüttle den Kopf. »Das kann nicht stimmen. Warum sollte jemand geslated werden
wollen
? Warum will jemand freiwillig so ein Gerät tragen?« Ich reiÃe fest an meinem Levo, und diesmal fährt mir der Schmerz so stark in meine Schläfen, dass mir Tränen in die Augen schieÃen.
»OS bedeutet Opfer-Slating. Manche jungen Menschen haben so ein furchtbares erstes Leben, dass es nur einen einzigen Weg gibt, dass sie doch noch zu nützlichen Mitgliedern der Gesellschaft werden können. Man muss die Kette der Gewalt durchbrechen und die Missbrauchsmuster zerstören, damit sie sie nicht an ihre eigenen Kinder weitergeben. Slating nimmt ihnen den Schmerz und sie können ein neues Leben ohne Erinnerungen beginnen.«
»Aber was ist so Schlimmes mit Amy passiert, dass sie geslated werden wollte?«
»Ich erinnere mich an sie, ich habe sie nämlich bewertet. Sie war völlig verzweifelt. Sie wurde mit 13 Jahren vergewaltigt und hat ein Baby bekommen. Die Behörden nahmen ihr das Kind weg, was unter diesen Umständen ganz richtig war. Aber Amy konnte mit der Situation nicht umgehen.«
Oh Amy! Ich kann das alles nicht fassen. Ich kann nicht glauben, dass ihr so etwas Schreckliches passiert ist.
Dr. Lysander erklärt mir mit ruhiger Stimme präzise die Fakten. Doch ich kann in ihrem Blick erkennen, dass sie selbst schockiert darüber ist, was Amy angetan wurde. Jetzt weià ich auch, warum sie nicht mit Amy sprechen und an ihre Probleme erinnert werden wollte.
»Fast genau ein Jahr, bevor wir anfingen, systematisch nach Fällen wie ihrem zu suchen, kam Amy zu uns. Das Slating hat sich in ihrem Fall als wahrer Segen erwiesen, denn es kann solche Tragödien in zukünftigen Generationen vermeiden. Es dient der Gemeinschaft und dem Wohl des Betroffenen.«
»Warum
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