Geloescht
folge ihr wie betäubt. Das kann nicht stimmen. Sogar Penny hat gesagt, dass ich Kunst belegen kann, wenn sie mich für gut genug halten. Aber diese Dr. Winston hatte absolut kein Interesse an mir oder daran, was ich will â das hat sie mehr als deutlich gemacht. Es wäre völlig sinnlos, mit ihr darüber zu sprechen.
Mrs Ali schleppt mich endlose Wege entlang und durch Gebäude hindurch. Sie weicht dabei Schülern aus, die sich in alle Richtungen zerstreuen. Als wir am Klassenraum ankommen, erinnert sie mich daran, dass ich meine Karte einscannen muss, und stellt mich dann Mr Goodman vor, der nicht nur mein Klassenlehrer ist, sondern auch Englisch unterrichtet. Andere Schüler kommen allmählich in das Zimmer herein und setzen sich auf ihre Plätze. Mrs Ali verlässt den Raum und sagt mir, dass sie zurück sein wird, um mich zu meiner ersten Unterrichtsstunde zu bringen, sobald die Betreuungsklasse vorbei ist.
Ich stehe unsicher vorn am Lehrerpult und weià nicht, wohin mit mir.
Mr Goodman lächelt. »Warte kurz hier, Kyla.«
Der Raum füllt sich und es läutet noch einmal. Ein Mädchen kommt als Letzte herein und geht durch den Raum.
»Wieder zu spät, Phoebe?«
»Tut mir leid, Sir«, erwidert sie, aber sie sieht nicht so aus, als würde sie das wirklich so meinen. Sie setzt sich an den hintersten Zweiertisch. Neben ihr steht der einzige freie Stuhl in der Klasse.
Es ist das Mädchen, das mir das Bein gestellt hat.
Phoebe schaut auf meine geschwollene Lippe und lächelt. Ich sehe sie an und lächle nicht. Ãberall ist Geflüster zu hören â wissen die anderen Bescheid?
»Ruhe jetzt«, sagt Mr Goodman. »Das ist Kyla, sie kommt ab heute zu uns. Ich möchte, dass ihr sie alle willkommen heiÃt.«
Sämtliche Augen sind auf mich gerichtet. Manche sind nur neugierig, andere offen feindselig, wieder andere unsicher. Aber jeder Einzelne hier starrt mich an. Und das Levo an meinem Handgelenk.
»Setz dich dort neben Phoebe«, sagt Mr Goodman.
Blicke durchbohren mich und verfolgen meine Schritte. Sie machen es mir schwer, mich zu bewegen. Ich ziehe den Stuhl so weit wie möglich von Phoebe weg und nehme Platz. Mr Goodman dreht sich um und schreibt etwas an die Tafel. Alle beobachten Phoebe.
Mein Levo vibriert: 4,4. Phoebe grinst höhnisch. Es vibriert stärker: 4,2.
Sie hebt die Hand. »Sir? Ich glaube, unsere neue Schülerin rastet gleich aus.«
Die anderen kichern und starren. So viele Augen, überall sind Augen.
3,9 â¦
Ich schlieÃe die Lider.
Grüne Bäume, blauer Himmel, weiÃe WolÂken, grüne Bäume, blauer Himmel, weiÃe Wolken â¦
Schwere Schritte nähern sich und ich spüre eine Hand auf meiner Schulter. »Alles in Ordnung, Kyla?«, fragt Mr Goodman.
Grüne Bäume, blauer Himmel, weiÃe Wolken, grüne Bäume, blauer Himmel, weiÃe Wolken â¦
Ich öffne die Augen. »Ja.«
»Sehr gut. Schreib bitte dein Treue-Gelöbnis von der Tafel ab.«
Ich schlage mein Heft auf.
Die letzte Stunde des Vormittags bringt eine angenehme Ãberraschung mit sich: Ben ist in meiner Bio-Klasse.
Er winkt, als ich mich an der Tür einlogge, flüstert mit ein paar anderen Jungs, die ein wenig murren, aber dann aufrutschen und einen Platz neben ihm frei machen.
»Wie gehtâs?«
Ich zucke mit den Schultern und sage nichts, aber es muss mir ins Gesicht geschrieben stehen.
»Es wird besser«, sagt er ernst. »Wirklich. Mein erster Tag hier war auch echt übel.«
Ich starre Ben an und wundere mich. Manchmal wirkt er wie jeder andere Slater mit leerem Kopf und einem Idiotenlächeln auf den Lippen. Aber ich kann sehen, dass Ben auch eigene Gedanken hat. Vielleicht, wirklich nur vielleicht, bin ich doch nicht so anders als die anderen. Oder womöglich liegt es auch nur an Ben, der mir das Gefühl gibt, dass ich hier nicht ganz allein bin.
Er verzieht das Gesicht. »Nicht vergessen: auf keinen Fall lächeln. Tut weh.«
»Oh ja, klar.« Ich verscheuche ein aufsteigendes Grinsen und lächle ihn stattdessen mit den Augen an.
Unsere Bio-Lehrerin, Miss Fern, ist ein bisschen durchgeknallt, aber lustig. Wir sollen uns überlegen, welcher Vogel wir am liebsten wären, und dann alle Infos zu seiner Art in Büchern und auf Webseiten nachschlagen, um ihn schlieÃlich zu zeichnen.
Zu Beginn blättere ich durch ein Buch
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