Gemeinsam gegen Krebs: Naturheilkunde und Onkologie - Zwei Ärzte für eine menschliche Medizin (German Edition)
plötzlich nicht mehr nur auf ihre körperlichen Symptome reduzieren. Sie fühlen sich gesünder, auch wenn das Leiden noch lange nicht verschwunden ist.
Die Basis dafür kann man trainieren, zum Beispiel in Achtsamkeitsübungen, wie sie im nächsten Kapitel beschrieben werden. (siehe Kapitel: Die Wirkung auf Körper und Bewusstsein) Unsere Erfahrungen in der Behandlung von chronischen Schmerzpatienten zeigen, dass diese davon sogar häufig mehr profitieren als von Medikamenten.
Die Selbstheilungskräfte wecken
»Nicht nur behandeln lassen, sondern auch selbst handeln«, ist eine der Herausforderungen, denen sich Krebskranke stellen sollten. Naturheilkundliche Verfahren sind dabei eine weitere wichtige Hilfe. Sie dienen dazu, den »inneren Arzt«, wie das Paracelsus nannte, also die Selbstheilungskräfte, zu wecken. »Gesundheit« nämlich ist kein statischer Zustand und nicht vergleichbar mit einem hygienisch reinen und keimfreien Milieu.
Der Mensch befindet sich in einem kontinuierlichen Anpassungsstress an seine sich ständig wandelnde Umwelt – um auf die wechselnden Reize richtig reagieren zu können, braucht er Phasen der Entspannung und Ruhe. Doch im Dauerstress hat der Organismus diese Flexibilität verloren: Wir bleiben verspannt und laufen weiter auf Hochtouren, auch wenn die Auslöser dieser Aktivität schon längst verschwunden sind.
Weil chronischer Stress, aber auch falsche Ernährung und mangelnde Bewegung dazu geführt haben, dass unsere Sensorien verkümmern, registrieren wir Belastungen häufig erst dann, wenn unser Organismus sich bereits mit massiven Symptomen dagegen wehrt. Selbsthilfestrategien können Patienten dazu befähigen, die Signale ihres Körpers wieder besser wahrzunehmen und die Balance zwischen Reizen und Entspannung wieder herzustellen.
Naturheilkundliche Reize wie Wassergüsse und feuchte Wickel setzen Stimuli, die – so jüngste Thesen der Psychoneuroimmunologie – vermutlich das Gehirn dazu bringen, seine Körperbilder zu überprüfen und dabei die Regelkreise zu »justieren«. Das löst Blockaden und setzt Energien frei. Häufig führt das nach einigen Tagen zu einer Art »Umstimmung«: Die Patienten fühlen sich plötzlich besser und schildern das als Gefühl, »wieder Land zu sehen«. Plötzlich, sagen sie, habe es »Klick« gemacht.
Entspannung, Rhythmisierung und Stimulation durch Naturheilverfahren helfen Krebspatienten, ihre innere Ruhe zurückzugewinnen, Kräfte zu sammeln und die Selbststeuerung des Organismus anzustoßen. Außerdem können sie ganz entscheidend dazu beitragen, die Nebenwirkungen einer Krebsbehandlung zu mildern (siehe Kapitel: Linderung von Nebenwirkungen der Chemo- und Strahlentherapie) , und sie sind Teil einer langfristigen Überlebensstrategie in der Integrativen Onkologie.
Mit dem Onkologen offen reden
»Ich sehe immer wieder sein Gesicht vor mir«, die Patientin in der onkologischen Tagesklinik starrt ins Leere, »wie der Arzt mir sagt: ›Sie haben Krebs, und es sieht nicht gut aus.‹« Zwölf Mitglieder hat die Gruppe, die sich einmal wöchentlich in den Kliniken Essen-Mitte unter Anleitung einer Ordnungstherapeutin trifft, um ihre Krebserkrankung zu verarbeiten. »Das wird dann ganz eng hier«, sagt die 55-jährige Frau und deutet auf die Region über ihren Bronchien, eine Handbreit über ihrem Herz. »Da ist dann sofort die Angst wieder da.« »Die Diagnose Krebs«, sagt eine andere, »ist wie ein Erdbeben der Stufe 8 auf einem einzigen Quadratmeter.«
Gemeinsam versuchen die Tumorkranken, einen Weg zu finden, der scheinbaren Auswegslosigkeit etwas entgegenzusetzen, sich nicht unterkriegen zu lassen, auch wenn ihre Lebenszeit vielleicht begrenzt ist. Die Kommunikation mit dem Arzt spielt dabei eine besondere Rolle, denn viele haben negative Erfahrungen damit gemacht. »Wir haben heute das Ergebnis der Pathologie bekommen«, eröffnete etwa ein Arzt im Beisein von drei Praktikantinnen ein Gespräch am Krankenbett, im Stehen. Es blieb ein einseitiges Gespräch: »Es ist leider Krebs im fortgeschrittenen Stadium, und wir können ihn nicht mehr heilen. (Pause) Haben Sie noch Fragen?«
Der enorme Zuwachs an biochemischem Wissen in den letzten Jahrzehnten war in der Medizinerausbildung zugleich mit einem Verlust an kommunikativer und psychosozialer Kompetenz bezahlt worden. Seit die Kritik daran nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern
PATIENTENFRAGEN AN DEN ARZT
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