Gemeinsam gegen Krebs: Naturheilkunde und Onkologie - Zwei Ärzte für eine menschliche Medizin (German Edition)
Enzym CYP3A4 lahmlegen kann. In der Folge steigt die Konzentration der mit der Chemotherapie verabreichten Zellgifte an, ihre Toxizität und die unerwünschten Nebenwirkungen nehmen zu. Die Folgen können gravierend sein.
Aber auch die gegenteilige Wirkung ist möglich: Johanniskraut bremst das Enzym nicht, sondern stimuliert es: Das kann dazu führen, dass zum Beispiel der Gehalt eines Chemotherapeutikums (wie Irinotecan) im Blutserum bis zu 40 Prozent fallen kann. 3 Damit wird es im Prinzip unwirksam.
Johanniskrautpräparate wirken bei leichten und mittelschweren Depressionen ähnlich gut wie klassische Antidepressiva, ohne dabei jedoch die unangenehmen vegetativen Begleiterscheinungen aufzuweisen. Darüber hinaus bessern sie Hitzewallungen bei Frauen in den Wechseljahren, wie sie auch durch eine Antihormonbehandlung bei Brustkrebs auftauchen können. Wegen beider Indikationen werden Johanniskrautpräparate durchaus häufig von Krebskranken eingenommen.
Zumindest während der onkologischen Therapie ist davon jedoch dringend abzuraten: Johanniskraut kann die Wirkung der onkologischen Behandlung im schlimmsten Fall zunichtemachen. Zum Beispiel aktiviert es Proteine, die in Darmschleimhaut, Nieren und Nebennieren sowie der Leber für die Verteilung von Wirkstoffen zuständig sind. Diese ABC-Transporter genannten P-Glykoproteine nutzen Tumorzellen, um Chemotherapeutika rasch wieder auszuscheiden. Sie schützen sich auf diese Weise vor Angriffen durch Zellgifte. ABC-Transporter werden deshalb für Fehlschläge bei Chemotherapien verantwortlich gemacht.
Die genannten Beispiele von Johanniskraut und Grapefruit sind zumindest den meisten Medizinern bekannt, aber auch sie kennen nur selten die vielen anderen Pflanzen, welche die genannten Enzymsysteme stimulieren oder dämpfen und so auf unerwünschte Weise mit der onkologischen Behandlung interagieren. Dazu gehören zum Beispiel folgende Kräuter:
• Sonnenhut (Echinacea)
• Ginkgo (Ginkgo biloba)
• Rotklee (Trifolium pratense)
• Pfefferminze (Mentha piperita)
• Baldrian (Valeriana officinalis)
Auch Nahrungsmittel haben diese Wirkung, sie ist jedoch schwach, sofern nicht die Inhaltsstoffe in isolierter und konzentrierter Form (als Supplement) eingenommen werden. Das gilt zum Beispiel für Fenchel, Knoblauch oder Fischöl.
Nehmen Sie auf gar keinen Fall Johanniskraut während einer Chemotherapie ein und trinken Sie keinen Grapefruitsaft! Auch Echninacea, Ginkgo, Pfefferminze, Rotklee und Baldrian können die Cytochrom-Aktivität und damit die Wirkung einer Chemotherapie verändern. Halten Sie aufjeden Fall Rücksprache mit einem Arzt! Machen Sie ihn auf die Problematik aufmerksam: Wenn er sie nicht kennt, sollte er sich kundig machen.
Förderung des Tumorwachstums
Patientinnen mit Krebsarten, die Hormonrezeptor-positiv sind, sollten hoch dosierte Extrakte aus Pflanzen (Nahrungsergänzungsmittel) vermeiden, die Phytoöstrogene enthalten – zum Beispiel aus Rotklee, Soja oder und Wilder Yamswurzel (gegen Wechseljahrsbeschwerden empfohlen und in Anti-Aging-Produkten enthalten). Auch Ginseng, sonst vielfach gegen Krebs empfohlen, und Granatapfelkonzentrate sollten bei Hormonrezeptor-positivem Krebs nicht eingenommen werden. 4
Unerwünschte Immunstimulation
Das körpereigene Abwehrsystem basiert auf einem komplexen Wechselspiel der verschiedensten Faktoren. Je nachdem, wie es beeinflusst wird, kann es die onkologische Therapie unterstützen (durch bessere Immunität gegenüber Infekten oder auch, weil die zerstörten Tumorzellen rasch abgebaut werden). Eine Stimulation des Immunsystems kann aber auch dahin führen, dass Wirkungen von Chemotherapie oder Bestrahlung zunichtegemacht werden. Astralagus zum Beispiel, eine Wurzel, die in der Traditionellen Chinesischen Medizin verwendet wird und von manchen Therapeuten explizit als Begleittherapie bei Krebs empfohlen wird, kann, zum falschen Zeitpunkt angewendet, die Wirkung des häufig eingesetzten Chemotherapeutikums Cyclophosphamid abschwächen. 5 Ähnlich ist es mit Radikalfängern (Antioxidanzien), die als Gesundhalter propagiert werden. (siehe Kapitel: Nein zu Nahrungsergänzungsmitteln)
Sprechen Sie mit Ihrem Arzt unbedingt ausführlich über alle Arzneimittel und ähnlich wirkende Substanzen, die Sie einnehmen. Das können auch Mittel aus der Hausapotheke sein, die Sie vielleicht gar nicht in Verbindung mit Ihrer onkologischen Therapie bringen würden. Verschweigen Sie nichts, das ist
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