Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils

legte den Kopf schief. »Ich bewundere deine Gerissenheit.«
    Sie standen gleich weit voneinander entfernt im Kreis an den fünf vorgeschriebenen Punkten, um die Stille zu stärken. Beal spürte, wie die Luft sich verdichtete; knisternd wurde sie um sie herum fest.
    Beal nickte Uri zu, der einen Kartentisch aus dem Mantel hervorzog und ihn aufbaute. Darauf entrollte er eine große Luftaufnahme.
    »Eine Satellitenkarte von Del Sombra«, erklärte Beal. »Es gibt nur eine einzige Hauptstraße, die an Del Sombras etwa dreißig Betrieben vorbeiführt; größtenteils sind es Restaurants und Souvenirläden, die auf Weinliebhaber ausgerichtet sind.«
    Uziel starrte darauf hinunter. »Ich habe mir den Ort da einmal angesehen. Ein Städtchen, das während des Goldrauschs geboomt und später überlebt hat, indem es Wein und Bier für Reisende produzierte.«
    »Der Ort ist dir nicht aufgefallen, weil die Gegend so entzückend ist«, murmelte Samsawell, den Mund voll Sandwich. »Was ist wirklich damit?«
    Als Uziel sich vorbeugte, fiel ihm sein goldenes Haar ins Gesicht. »Del Sombra liegt zwischen Kraftorten – elementaren, guten, bösen, astralen, trennenden. Und wie gleich starke, aber gegenläufige Wasserwellen bringen sie sich gegenseitig zum Erliegen.«
    »Del Sombra«, sagte Mulciber und trat näher, um die Karte zu studieren. »Auf Spanisch heißt das ›zum Schatten gehörig‹.«
    »Ein ideales Versteck«, sagte Beal.
    Er nickte Uri zu, der eine Plastikfolie über die Karte legte. Durchscheinende rote und grüne Farbflächen überlagerten die Straßen und Gebäude.

    »Die grünen Gebiete«, sagte Beal, »werden von Kräften der Liga kontrolliert oder durchstreift.« Er klopfte auf ein Gebäude. »Dieser Wohnblock hier, die Oakwood Apartments, scheinen ein Sammelpunkt ihrer Macht zu sein.«
    Mulciber strich mit den gichtigen Händen über die Folie. »Die roten Gebiete sind unsere?«
    »Wir haben Agenten dort. Sie beobachten nur, greifen aber nicht direkt ein.«
    »Was sind das hier für Stellen?« Samsawell berührte mehrere kleine, farblose Areale und hinterließ eine Krümelspur.
    »Das sind die interessanten Ecken«, sagte Beal und machte eine Kunstpause. »Ich glaube, dass Louis sie hervorruft.«
    Uziel warf sich die Haare aus dem Gesicht. »Louis ist tot.«
    »Ist er das?«, sagte Beal. »Niemand hat je bestätigt, dass er es ist. Er ist einfach vor sechzehn Jahren verschwunden, nach der Geschichte mit dieser Frau aus der anderen Familie.«
    »Ich fand das schon immer merkwürdig«, bemerkte Mulciber. »Eine Kraft wie die seine kann nicht einfach verschwinden. Das wäre, als ginge ein Stern vom Himmel verloren.«
    Beal gab Uri einen Wink. Uri zog eine weitere Rolle aus der Tasche, entrollte sie und legte noch eine Plastikfolie über die Karte. Winzige Linien und Keilschriftzeichen bedeckten sie.
    »Das sind die Kraftquellen, die wir entdeckt haben«, erklärte Beal ihnen. »Die üblichen Tests und Gegenmaßnahmen … bis auf das hier.« Mit dem kleinen Finger klopfte er auf den Mittelpunkt eines dunklen Flecks – eine tanzende Ansammlung von Strichmännchen und Spiralen.
    »Das ist das Ritual des Theophilus«, sagte Uziel. 43

    »Also gehört es zu unseren Gebieten?«, fragte Samsawell.
    »Es ist ohne Zweifel unsere Technik«, antwortete Mulciber, »aber es ist ein sterbliches Medium. Jemand fleht um Macht.«
    »Ich glaube, dass es Louis ist«, sagte Beal. »Wer sonst kennt schon das Ritual? Wer sonst sollte da sein … bei seinen Kindern?«
    »Warum sollte er eine solch minderwertige Zeremonie verwenden?«, fragte Samsawell.
    »Weil er versucht, sich seine Kinder unauffällig zu Nutze zu machen?«, sagte Mulciber und rieb sich mit einer verkrümmten Hand das Kinn.
    Uziel richtete sich höher auf. »Wir sind hier, um über den Jungen zu sprechen. Welches Interesse hast du an Louis?«
    Beal lächelte. »Wenn Louis tatsächlich am Leben ist und nach Macht strebt, dann ist er der Schlüssel zu unserem Plan.«
    »Ich verstehe, was du denkst.« Uziels Augen erhellten sich und warfen ein blassblaues Licht auf die Karte. »Du glaubst, dass dem großen Louis Fänger vor sechzehn Jahren etwas Tragisches zugestoßen ist – dass er nicht vernichtet wurde, aber irgendwie … was? Seiner Macht beraubt wurde?«
    »Na und?« Samsawell wischte sich den Mund mit einer Serviette ab; er war so fasziniert, dass er sogar aufgehört hatte zu essen. »Er kommt zurück, um zuzusehen, wie seine Kinder aufwachsen? Dafür zu sorgen,