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Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils

Titel: Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Nylund
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eine baseballgroße Kugel. Die eine Hälfte war mit alten Symbolen beschriftet und mit den Edelsteinen ihrer verschiedenen Clans besetzt. Das Muster veränderte sich mit dem Aufstieg und Niedergang politischer Macht. Im Augenblick befand sich Beals tränenförmiger
Saphir im Mittelpunkt dieses funkelnden Sternbilds. Alle anderen umkreisten ihn, und nirgendwo war Louis’ Diamant zu sehen.
    »Du wirst als unser Repräsentant gehen«, sagte Beal zu Uri. »Schließ einen Handel mit Louis ab – oder mit dem, was noch von ihm übrig ist.«
    Uri zuckte zusammen. »Es wäre mir eine Ehre, mein Gebieter.« Ein winziger Anflug von Furcht schwang in der gewaltigen, grollenden Stimme des Mannes mit, und das gefiel Beal.
    Er reichte Uri das Siegel, und dieser nahm es respektvoll mit beiden Händen entgegen.
    Wenn Uri sich in irgendeinem Netz der Täuschung verfing oder von den anderen Clans oder der anderen Familie entdeckt wurde, dann würde Beal behaupten, dass Uri selbständig oder – noch besser! – in Sealiahs Namen gehandelt hatte. Wer konnte schließlich schon ihren Reizen widerstehen?
    Samsawell winkte Uri mit einem Käse-Schinken-Sandwich zu. »Viel Glück, Kumpel!«
    Beal beugte sich näher zu Uri hinüber. »Hör dir seine Lügen an«, flüsterte er. »Sie werden dir den Weg zur Wahrheit weisen.«
    »Ja, mein Gebieter.« Uri wich rückwärts bis an den Rand des Kreises zurück, dann trat er mit einem tiefen Seufzer in die Dunkelheit und verschwand.

39
    Narrenhandel
    Louis berührte das Glas. Er hatte jedes Fenster in dieser Wohnung im Untergeschoss schwarz gestrichen, so dass nichts zu sehen war, aber er konnte dennoch die Töne spüren, die durch die Glasscheibe klangen. Er begriff, was sie bedeuteten: ein Lied für ein Mädchen namens Julie.

    Es war ein köstlich trauriges Stück und enthielt dann, in den letzten Noten, eine unerwartet hoffnungsvolle Wendung … etwas, das er nie auch nur versucht hätte.
    Eliot hatte das Potenzial, eines Tages besser zu sein als er.
    Sein Sohn.
    Louis wäre das Herz vor Stolz geplatzt, wenn dieses Organ tatsächlich intakt gewesen wäre. Aber selbst, wenn er ein Herz gehabt hätte, welchen Nutzen hätte das gehabt? Louis Fänger, der einst so Große, war nun geringer als Schmutz.
    Und dennoch, konnte sich nicht selbst Schmutz verändern? Unter Hitzeeinwirkung und Druck konnte er sich in Marmor verwandeln und zu Stützen der Gesellschaft gemeißelt werden. Ganze Reiche wurden aus solchem Stoff errichtet! War er nicht noch immer der zweitgrößte Bluffer? Der Meister der Täuschung? Der Schöpfer erlesenster Lügen?
    Vielleicht …
    Er wandte sich vom Fenster ab und betrachtete sein Werk. Gestern war diese billig zu mietende Kellerwohnung unter dem christlichen Buchladen, Jünger des Lichts , noch mit avocadofarbenen Möbeln aus den 1970er Jahren und einem orangefarbenen Flokatiteppich eingerichtet gewesen.
    Gestern Abend hatte er die Fenster gestrichen. Die komplette Einrichtung hatte er in die Küche geworfen. Er hatte den Boden mit Packpapier abgeklebt und mit den Symbolen und winzigen Winkeln der Keilschrift bedeckt. Nicht direkt die Kritzeleien eines Wahnsinnigen; allerdings hätte selbst eine geistig gesunde Person, die sie zu lange angestarrt hätte, gesehen, wie die Linien sich in die Luft erhoben und tiefer in den Beton drangen.
    Louis bewegte die verkrampfte Hand. Er hätte Blut statt eines Sharpie Permanent-Markers verwenden sollen. Er hatte jedoch in den letzten fünfzehn Jahren gelernt, dass es Grenzen gab für ihn. Eine davon war, dass er nicht mehr als einen halben Liter Blut verlieren durfte.
    Außerdem hätte er es schon als Sieg betrachtet, wenn irgendwer aufgetaucht wäre und sich darüber beschwert hätte.
    Das Ritual des Theophilus war die niederste Form der Beschwörung,
ein Flüstern in den Äther. Mehr wagte er nicht. Gewiss, er würde Hilfe brauchen, um den drohenden Zusammenstoß zwischen den beiden Familien zu überleben – aber Hilfe hatte immer ihren Preis. Und er hatte so wenig, womit er bezahlen konnte.
    Alles, was er wirklich wollte, war, dass ein unbedeutender Schatten seine Anrufung beantwortete, ein Narr, den er selbst narren konnte.
    Es war sechs Stunden her, dass er fertig geworden war. Warum dauerte es nur so lange? Oder hatte er noch nicht einmal mehr die Macht, wie ein gemästetes, angebundenes Lamm um Hilfe zu rufen?
    Er betrachtete seine Hände – ganz aus Fleisch und Blut – so schwach. Wie hatte er so lange überlebt, nachdem er

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