Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils

nicht gerade erfreut sein.« Er gluckste; das Geräusch glich einer Infraschallwelle. »Behalten Sie meine Karte. Rufen Sie uns an. Unsere Organisation kann qualifizierte Leute immer gebrauchen.«
    »So weit kommt’s noch!«, antwortete Welmann.
    »Ja. Das wird es.« Crumble drehte sich seitwärts, damit er durch die Kanzleitür passte, und ging.
    Robert bemerkte, dass er den Atem angehalten hatte, und atmete endlich aus. Was hatte Crumble mit »Ihr Versagen melden«
gemeint? Der Kerl wusste doch noch nicht einmal, nach wem sie suchten!
    Welmann murmelte eine Reihe von unflätigen Flüchen und warf einen Blick den Flur entlang. »Weg«, sagte er und schloss die Tür. Er ging rasch zu den Aktenschränken hinüber.
    Robert sah, dass der mit dem aufgebrochenen Schloss die Beschriftung PA-PO trug.
    »Die suchen wir doch auch, oder? Post? Wahrscheinlich dieselbe alte Dame?«
    Welmann ignorierte die Frage und langte nach dem Griff. Er zuckte zusammen. »Tritt zurück.«
    Robert ging näher heran, um besser sehen zu können.
    Welmann zog ein Taschentuch aus der Tasche und riss die Schublade heraus. Rauch und Funkenregen erfüllten die Luft. Die Akten im Schrank waren zu einem Häuflein glimmender Asche verbrannt.
    Welmann knallte die Schublade zu.
    Er sah sich finster im Büro um und nickte zu den Computern hinüber. »An die Arbeit, Junge.«
    Robert begriff, dass jetzt nicht der rechte Zeitpunkt war, um Fragen zu stellen. Er ging von Schreibtisch zu Schreibtisch und betastete die Aluminiumhüllen der Computer. »Einer ist warm«, berichtete er Welmann. Er setzte sich hin und stellte die Maschine an.
    Welmann sah Robert über die Schulter, als traue er ihm noch nicht einmal zu, einen Computer anzuknipsen.
    Der Bildschirm flackerte blau auf.
    »BIOS Setup«, murmelte Welmann. »Die Festplatte ist leergefegt.«
    »Dann holen wir sie doch einfach raus, nehmen sie mit und scannen sie.«
    »Mach dir nicht die Mühe. Wenn die Typen etwas löschen, dann bleibt es auch gelöscht. Für immer.«
    Robert unterdrückte ein Schaudern. Er hatte den Eindruck, dass Daten auf Festplatten nicht alles waren, was Crumble löschte.
    »Wer war dieser Typ?«

    »Arbeitet für die andere Seite«, antwortete Welmann.
    »Welche andere Seite?« Robert drehte sich um. »Ich dachte, unser Boss und die anderen hätten keine ›Seiten‹?«
    Welmann presste die Lippen zu einer einzelnen weißen Linie zusammen. »Ich weiß ja nun auch nicht alles, Jungchen, aber es gibt andere. Zwischen seinen Leuten und unseren besteht ein Waffenstillstand. Keiner steckt die Nase in die Angelegenheiten der anderen, capisci ?«
    »Also war dieser Crumble nicht das, was er zu sein schien?«
    Welmann zuckte die Schultern, was »Ja« bedeutete, und sagte: »Wir müssen vorsichtig sein, dass wir jetzt nicht zwischen ein paar sehr große Räder geraten. Sonst könnten wir zu Mus zermalmt werden.« Sein Blick wanderte von Schreibtisch zu Schreibtisch. Er stand auf und tastete unter einer der Tischplatten herum. Mit einer heftigen Bewegung riss er eine CD-Hülle ab, die dort festgeklebt war.
    Er reichte sie Robert. »Rechtsanwälte haben immer eine Sicherungsdatei.«
    Robert rollte seinen Stuhl zum nächsten Computer hinüber und schaltete ihn an. Er entdeckte am Monitor einen Post-it-Zettel mit dem Passwort und tippte es ein. Dann schob er die CD ins Laufwerk und scrollte durch die Ordnerliste, die auf dem Bildschirm aufleuchtete.
    »Post«, sagte Robert. »Hier ist eine Datei über sie … nein, warte. Über ›Post, F. und E.‹.« Er sah sich die Ordner noch einmal an. »Keine Audrey Post , Chef. Tut mir leid.«
    »Öffne die Datei«, schlug Welmann vor, holte sich einen Stuhl und setzte sich neben Robert.
    Robert gehorchte, und juristisches Blabla kroch über den Monitor. Nachdem er ein paar Seiten überflogen hatte, begriff er das Wichtigste. »Es geht um einen Treuhänderfonds. Ein paar reiche Kinder kriegen Geld von ihrer Urgroßmutter. Geheime Konten auf den Kaimaninseln, in Genf … überall auf der Welt. Die Gören haben vielleicht ein Glück! Hat aber nichts mit der Frau zu tun, die wir suchen.«
    Welmann las das Dokument mit zusammengekniffenen Augen ebenfalls durch. Sein einstudierter, finsterer Neandertalerblick
verflüchtigte sich, als er seine Lesebrille mit dem Drahtgestell aufsetzte. Er schlug ein paar Mal auf die BILD-AB-Taste.
    »Nein«, murmelte Welmann dann. »Crumble hat von ›ihnen‹ gesprochen; dass er nach ›ihnen‹ sucht. Was hast du sonst noch