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Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils

Titel: Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Nylund
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schloss Fiona die Tür hinter sich und knipste die Schirmlampe in der Ecke – die einzige Lichtquelle im Zimmer – an. Das einzige Fenster ihres Zimmers war mit Bücherregalen zugestellt. Normalerweise empfand sie ihre Bücher als recht tröstlich, aber heute fühlte es sich an, als würde sie erdrückt. Sie ging an ihrem Globus vorbei und drehte ihn.
    Fiona streifte die Schürze und das T-Shirt ab und zog dann ihr Geburtstagskleid aus. Der rosafarbene Stoff löste sich von ihrer Haut, auf der eine Schicht halb geronnenes Fett klebte. Fiona wischte es mit dem Handtuch ab.
    Auf ihrer Kommode stand ein Spiegel, und sie erhaschte einen Blick auf sich selbst. Ihre Haut leuchtete. Ihr Haar, das normalerweise eine krause Mähne war, ringelte sich zu Locken, die ihr Gesicht umrahmten.
    Einen Moment lang fand sie, dass sie aus diesem besonderen Winkel beinahe normal aussah – überhaupt nicht wie eine Oberstreberin.
    Sie drehte sich hierhin und dorthin, fasziniert davon, wie ihr Haar aussah. Es war dunkel und glänzend, wie schwarze Bänder, und hob sich von ihrer blassolivfarbenen Haut ab; auch ihr Gesicht wirkte nicht zu lang.
    Sie sah beinahe schön aus. War das denn möglich – selbst, wenn es nur für einen Augenblick und bei der entsprechenden Beleuchtung so war?
    Bevor sie aber zu einer Entscheidung gelangen konnte, fielen ihr die Haare ins Gesicht und zerstörten den Eindruck wieder.
    Fiona zog sich saubere Unterwäsche und einen neuen BH an und schlüpfte in graue Trainingshosen und ein T-Shirt.
    Sorgfältig vermied sie es, noch einmal in den Spiegel zu sehen. Sie wollte lieber den Augenblick im Gedächtnis behalten, als es ihr beinahe gelungen war zu glauben, sie sähe normal aus.
    Mit einem tiefen Seufzen sammelte sie Kleider ein und legte sie in ihre Papiertüte. Sie schnappte sich auch das Gummiband, das über den Kommodenknauf gestreift war. Sie hatte
es von einem Bündel Spargel gerettet. Das purpurne Band sah gut aus auf ihrer Haut. Sie musste aber vorsichtig sein, es gab Regel 49 zu bedenken.
    Regel 49
    Keine Ringe, Ohrringe, Ketten, Medaillons, Amulette oder sonst irgendein Zierrat aus Metall, Holz, Knochen oder auch modernem Polymer, der als »Schmuck« zählt (ebenso verboten sind Piercings, es sei denn, sie wurden von einem lizenzierten Akupunkturisten verschrieben).
    Manchmal nahm sie das Gummiband mit zur Arbeit und trug es wie ein Armband, wobei sie sich der Tatsache voll und ganz bewusst war, dass sie eine Regel brach. So fühlte sie sich wie eine Rebellin, die vor aller Augen stolz etwas zur Schau trug, das gegen eine von Großmutters Regeln verstieß.
    Fiona schlang das Band um ein Bündel Socken, um sie zusammenzuhalten – nur für den Fall, dass Großmutter fragte. Dann würde sie nicht lügen müssen, was seinen Zweck betraf, sondern nur einfach nicht die ganze Wahrheit sagen.
    Aber wohin fuhren sie? Würde sie überhaupt die Chance haben, das Gummiband zu tragen?
    Fiona spazierte zu ihrem antiken Globus. Er war alt, mit vergilbten Ozeanen und verblassten Polkappen. Alaska hieß »Russisch-Amerika«, Hawaii die »Sandwichinseln«, und Texas war zur Hälfte von Streifen bedeckt, die es als »umstrittenes Gebiet« auswiesen, bevor es 1845 offiziell den Vereinigten Staaten beigetreten war.
    Sie liebte ihren Globus. Ihre Finger strichen über seine Wölbung, in der Hoffnung, dass diese überraschende Geburtstagsreise sie weit weg führen würde. Sie strich über Afrika und landete in Südeuropa. Unwahrscheinlich.
    Cecilia und Großmutter schwebte wohl eher eine Wochenendreise nach San Francisco vor. Doch selbst das wäre mal etwas anderes als das langweilige, alte Del Sombra.
    Fiona brauchte ihre Zahnbürste, also marschierte sie in den
Flur und sah, dass Eliot untypischerweise das Badezimmer pünktlich freigemacht hatte. Eine Dampfwolke waberte an der Decke und ließ ihr wenig Hoffnung, dass noch heißes Wasser übrig war. Sie schnappte sich die Zahnbürste und warf sie in ihre Tüte.
    Es klopfte an der Wohnungstür: vier höfliche, leichte Schläge.
    Fiona blieb stehen und wartete darauf, dass Cecilia erscheinen und die Tür öffnen würde, wie sie es gewöhnlich tat.
    »Cee?«, rief sie.
    Es klopfte wieder vier Mal.
    Fiona ging zur Tür, hängte den Sicherheitsriegel ein und öffnete sie.
    Ein Mann stand vor ihr. Er war hochgewachsen und hager und trug ein graues Sportjackett und einen schwarzen Rollkragenpullover. Er war so alt wie Großmutter und hatte silbernes Haar, das an der Seite

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