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Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils

Titel: Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Nylund
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scharlachroten Stahlseile der Golden Gate Bridge. Die
Nachtlichter der Brücke erwachten flackernd zum Leben. Das Auto raste durch die automatische FasTrak-Mautspur, ohne auch nur langsamer zu werden.
    Es musste mehr Zeit vergangen sein, als ihm aufgefallen war. War er eingeschlafen? Es war doch nur eine Minute gewesen …
    Er stieß Fiona an und nickte nach draußen.
    Sie starrte überrascht zur weit entfernten Insel Alcatraz hinüber. Kopfschüttelnd flüsterte sie: »Sind wir in San Francisco überhaupt langsamer geworden? Wegen des Verkehrs?«
    »Ich … erinnere mich nicht«, sagte er. »Ich glaube nicht.«
    Eliot sah zu, wie die Pazifikküste zu seiner Rechten dahinraste, ein Steilhang, der in brodelnde, dunkle Wasser abfiel. Es war unmöglich festzustellen, wie schnell sie fuhren. Dieses Auto nahm Kurven, die mit einem 30-Stundenkilometer-Warnschild versehen waren, ohne jedes Holpern oder Abgleiten und überholte andere Autos, als wären sie festgefroren.
    Großmutter unterbrach Onkel Henrys Schnellfeuermonolog mit ihren eigenen, fremd klingenden Worten.
    Henry nickte und hielt sieben Finger hoch. Er zählte sie ab und sprach bei jedem ein Wort.
    Großmutter nickte grimmig.
    Beim letzten Finger wies Henry auf sich selbst.
    Großmutter tätschelte ihm die Hand und drückte sie fest.
    Das überraschte Eliot. Zuneigungsbekundungen von ihr waren so selten wie Wandertauben – zumindest ihm und Fiona gegenüber.
    Fiona stieß ihn an und nickte zum Fenster hinaus.
    Eliot drehte sich um und zuckte fast zusammen, weil sie nun durch eine schneebedeckte Straße pflügten: Granitklippen ragten auf einer Seite auf, endlose Kiefernwälder auf der anderen. Was ihm jedoch endgültig das Herz in die Hose rutschen ließ, war die Sonne … die noch immer flammend am Horizont stand.
    Er hatte doch vor ein paar Minuten die Sonne in Del Sombra untergehen sehen; es war Nacht gewesen. Doch da war sie wieder und schwebte über dem Rand der Erde.

    »Norden«, flüsterte Fiona. »Sie haben gesagt, dass wir nach Norden fahren.«
    Er verstand, was sie meinte; trotzdem war es unmöglich.
    Je weiter man im Sommer nach Norden reiste, desto später ging die Sonne unter; manchmal stand sie den ganzen »Tag« über am Himmel. Doch damit das einen Sinn ergab, mussten sie wo sein? In Alaska? Jenseits des Polarkreises?
    Das Auto wurde langsamer und bog nach rechts auf einen ungepflasterten Weg ab.
    Eliot reckte sich, um mehr zu sehen, aber der Himmel verdunkelte sich, und Frostschlieren begannen sich auf dem Glas auszubreiten. Warme Luft wurde aus einem Gitter auf Eliots Füße geblasen, und er bewegte die Zehen.
    »Deinem Gesichtsausdruck nach würde ich sagen, du bist soeben zum Ranivoren geworden«, sagte Fiona.
    Eliot riss den Blick vom Fenster los und sah seine Schwester an. Sie versuchte, selbstzufrieden zu lächeln, aber ihre Lippen zitterten unsicher.
    Er wusste ihren Versuch zu schätzen, mithilfe einer Runde Vokabelbeleidigung einen schützenden Kokon der Normalität um sie zu spinnen … und das an dem Tag, der sich zu dem seltsamsten Geburtstag entwickelte, den sie je erlebt hatten.
    Eigentlich hatte er keine Lust zum Spielen, aber auch er konnte nicht anders. Er würde sie nicht einfach gewinnen lassen.
    »Vielleicht bin ich durch Cecilias Kochkünste zum Froschfresser geworden«, antwortete er. »Aber besser Ranivor als Larvivor.«
    Fiona rümpfte die Nase, um Eliot zu signalisieren, dass sie verstanden hatte. Larvivor waren Lebewesen, die sich von Larven ernährten.
    Sie öffnete den Mund, um zu antworten, sagte aber nichts. Stattdessen starrte sie an Eliot vorbei.
    Der Frost war von den Fenstern des Autos geschmolzen, dahinter waberte ein leuchtender Vorhang in Liebesapfelrot in der Nacht. Die Ränder flackerten gespenstisch grün, und die ganze Erscheinung zitterte wie ein Blatt mit Glitzersternen.

    »Aurora Borealis.« Eliot sprach, als würde er aus einem Lexikon ablesen. Es war leichter, auf Bücherwissen zurückzugreifen, denn das ergab immer Sinn. Auch, wenn der Kontext völlig wahnsinnig war.
    Um das Polarlicht zu sehen, mussten sie sehr weit nördlich sein.
    Es hatte sich angefühlt, als wären sie nur fünfzehn Minuten gefahren, aber Eliot rechnete es durch. Von Kalifornien bis zum Nordpol? Um so schnell zu reisen, hätten sie mit Überschallgeschwindigkeit fahren müssen. Er hätte es bemerkt, wenn sie die Schallmauer durchbrochen hätten.
    Über sich sahen sie die Lichter schimmern wie eine mondbeschienene

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