Gemischte Gefühle
Wegwerfmenschen.“ Es hörte sich an, als ob der Schwimmer lachte.
„Bei diesem Abweichler hilft nur noch Octobrachialgewalt“, knirschte Draco. Dann hob er seine Stimme: „An alle, an alle. Hier spricht der Große Betreuer. Wie unser Wissenschaftszentrum soeben bekanntgibt, handelt es sich bei dem Ausbruchversuch von K um keine freie Willensäußerung. Die Diagnose lautet: leichte Imunisierungsphase gegenüber Anpassungsdrogen. Indikationsbeschluß: Elektronischer Schnelltransfer von Aggressionshemmern wird ab sofort verdoppelt.“ Es folgte ein Umschaltgeräusch. „Draco an Einsatzleiter … Jagt ihn durch die Nahrungsschleuse in den Palast der Riesenhaie. Polizeitümmler frei!“
Man hatte Dracos Entscheidung Krabbe bewußt mithören lassen. Plötzlich spürte er das Kehlkopfmikrophon wie eine Würgehand an seinem Hals. Dennoch versuchte er mit lauter und deutlicher Stimme zu formulieren: „SOS an die Welt! Es ist mein freier Wille …! SOS an die Welt! Es ist mein freier Wille …! SOS an die …“
Der silbergraue Riesenschatten, der auf ihn zuschoß, raubte ihm den Atem.
In der Hauptzentrale war bloß ein ersticktes Gurgeln zu hören. Dann das Luftblasensprudeln aus einem Atemschlauch. Nichts von Belang.
„Informator an Großen Betreuer – Befütterung durchgeführt.“
„Sämtliche Personaldaten aus Computerterminal löschen“, ordnete Draco gutgelaunt an.
Es vergingen genau fünf Sekunden. Dann wurde das Datenmaterial als gelöscht bestätigt. Alle Existenzspuren von K wie Krabbe waren damit getilgt. Alle?
Sicherheitshalber gab Draco auch noch an die Schnelltransferüberwachung den Befehl, daß Khas persönliche Erinnerungswerte auch im Mutationsobjekt S wie Spica zu eliminieren seien.
Gehorsam kletterte das Mädchen im kupferfarbenen Overall in seine Lernmaschine. Sie achtete darauf, daß die drei Leitelektroden über ihrem Scheitelbein sauber in die Buchsen der Helmeinheit einrasteten. Dann schloß sie den Kontakt zu ihrem Gehirnstrommesser.
„Was assoziieren Sie mit dem Begriff Krabbe?“ hörte sie Draco eindringlich forschen.
„Krab-be?“
„K wie kritisch, künstlich, kontra.“
In Spicas Kopf begannen Kaskaden zu rieseln. Ihre Muskeln zuckten.
„Krabb-krabb“, stammelte sie. „Kribb-bel … krabbel … Krrr!“ Sie brach in Kichern aus.
„Gehirnstrommesser zeigt keinerlei Emotionswerte mehr an. Gedächtnismoleküle erfolgreich blockiert. Abweichende Wunschziele korrigiert“, diagnostizierte der Informator. Seine Stimme hörte sich dabei fast menschlich an.
Draco stimmte ein lautes Gelächter an. „Geschafft! Informationsbeschallung in allen Bootskörpern von Trident Village kann wieder auf Normalempfang geschaltet werden.“
Wenig später schallten gebieterisch die Synthesizer-Fanfaren durch alle sechsunddreißig Bootsbungalows.
„Achtung, Achtung, Großer Betreuer an alle! Ihr hört jetzt den Witz des Tages.“ Nach einer eindrucksvollen Kunstpause zeigte er, was er unter Humor verstand: „Sagt doch jüngst ein Enzymbruder zu seiner Enzymschwester: Ich werde versuchen, selbständig denken zu lernen!“
„Selbständig denken lernen?“ scholl es aufgeregt in allen Booten durcheinander. Spica begann als erste zu lachen. Andere fielen ein.
Draco schmunzelte. Über die Rückkopplung hörte er all die Frauen-, Männer- und Kinderstimmen zu einer hysterischen Lachorgie anschwellen, in die sich noch etwas zaghaft die ersten gutturalen Quaklaute mischten.
Das Monument war wieder das, was es sein sollte:
DAS MONUMENT DER HARMONIE!
Ronald M. Hahn Die Stimme der Imagination
Der Weltraum ist unendlich.
Er ist dunkel.
Der Weltraum ist neutral.
Er ist kalt.
Wenn die Kreativität nachläßt, dachte Stephan Gerber, ist es an der Zeit, eine Pause einzulegen. Er schob den Sessel ein wenig zurück, löste den Metallreif, der seinen Schädel umspannte, legte ihn auf das Armaturenbrett des Computers und versetzte den farbigen 3-D-Standfotos, die in einem Halter vor ihm aufgereiht waren, einen Stoß. Rotlippige und langbeinige Mädchen wirbelten durcheinander. Hartgesichtige Männer mit breiten Schultern fielen zu Boden. Das Summen der Maschinerie erstarb. Das Sternenschiff verging in einem Blitz. Das Universum implodierte. Es gab keinen Zweifel, er hatte einen BLOCK.
Gerber warf einen Blick aus dem Panoramafenster, suchte die Hügel der Stadt nach Leben ab und entdeckte hauptsächlich Beton. Riesige Maulwurfshügel erhoben sich zu beiden Seiten des Tales. Er
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