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Gemischte Gefühle

Gemischte Gefühle

Titel: Gemischte Gefühle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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an. „Also, ich muß Sie jetzt wirklich rausschmeißen, Herr … äh, tut mir leid, aber ich hab was Wichtiges vor und nun tatsächlich keine Zeit mehr …“
    „Es stinkt“, erklärte der Dicke unbeeindruckt. „Ich werde das Fenster öffnen. Unter diesen Umständen kann kein ehrlicher Mensch arbeiten. Das verstößt gegen meine Würde. Aber ich verstehe einfach nicht, warum Ihnen Grabbert nichts davon gesagt hat …“
    Robby wurde hellhörig. In der Tat hatte er die Lage mit einem Mal völlig in der Hand und durchschaute die ganze Komplexität dieser Begegnung. „Grabbert? Dieser Mistkerl von der Wobau ? Was haben Sie denn mit dem zu schaffen?“ In Wirklichkeit war Grabbert nicht nur ein Mistkerl, sondern auch ein gottverdammter Schleimer und Kinderschänder, der nur durch seine verwandtschaftlichen Beziehungen (Neffe eines Schwagers einer Tante von Nowossny, einem der Direktoren der Wohnungsbau GmbH & Co KG) zum Verwalter einiger der Wobau gehörenden Häuserblocks aufgestiegen war, anstatt irgendwo in der Gosse oder im Knast zu enden, wie es dieser Obernarr eigentlich verdient hätte … Darüber hinaus war Grabbert ein völlig korrupter Hausverwalter und ließ die Gebäude auf dem Holunderberg so gut es ging verkommen, wohl gemeinsam mit seiner Wobau-Sippschaft in der Hoffnung, die Häuser alsbald abbruchreif und die Genehmigung zu eben jenem Abbruch zu bekommen und dann die Grundstücke mit einem fetten Profit an irgendwelche Spekulanten aus Frankfurt oder Berlin zu verhökern. Robby nickte ernst. Genau so würden es die Bastarde anstellen, und das Erscheinen des Dicken war wohl ein Omen dieser erschreckenden Umwälzung auf dem Holunderberg.
    „Klar“, nickte der dicke Mann und drückte seine Zigarette aus.
    „Diese Bruchbuden werden abgerissen, und neue, feine, schöne Häuser dafür gebaut. Ich bin hier, um die Abbrucharbeiten vorzubereiten. Und ich kann Ihnen sagen, ich versteh’ wirklich nicht, warum Sie alle noch hier wohnen und nicht schon lange ausgezogen sind. Haben Sie keinen Brief bekommen?“ Mit einem kritischen Blick betrachtete der dicke Mann die Berge ungespülten Geschirrs, das zerwühlte Bett und die Kleidungsstücke auf Sesseln und Stühlen und all die anderen wirklich unwichtigen Kleinigkeiten, die Robbys Vergnügen an seiner Wohnung nicht sonderlich schmälerten, bei manchen unverständigen Besuchern allerdings ein verwirrtes Stirnrunzeln auslösten.
    „Was für einen Brief?“ fragte Robby und nahm mit einem faden Lächeln die Zigarette entgegen, die ihm der Dicke anbot, zündete sie an, rauchte. „Wieso überhaupt ein Brief? Wozu? Was will dieser Grabbert? Er soll mir vom Leibe bleiben. Ich werde erst mit ihm sprechen, wenn das Treppenhaus renoviert ist. Renoviert, klar? Richten Sie ihm das aus.“ Robby rauchte und musterte düster seinen mysteriösen Besucher.
    „Sie mißverstehen alles“, sagte der dicke Mann gelassen und kratzte sich die Genitalien. „Ich bin nur ein kleines Licht. Ich bekomme meine Anweisungen, und damit hat es sich. Ich bin nicht dafür verantwortlich. Ich weiß überhaupt nicht, was Sie und die anderen Gespenster in diesem Hause wollen. Stehe ich unter Anklage? Dann verwechseln Sie einiges. Ich sollte besser fragen, was Sie hier überhaupt noch zu suchen haben, Sie und Ihre unmöglichen Nachbarn, hm?“
    „Ich wohne hier“, erklärte Robby mit dem Rest Würde, den ihm seine Erregung und Nervosität noch ließen.
    Der dicke Mann sah ihn gleichgültig an. „Jetzt nicht mehr.“
    „Ich werd’ verrückt“, sagte Robby.
    Sie saßen sich schweigend gegenüber, rauchten, blickten sich an. Robby räusperte sich. „Wir werden das klären“, versprach er. „Ich weiß verdammt gut, daß wir das klären werden. Später. Ich muß weg. In einer Stunde bin ich wieder da. Ich werde Grabbert die Birne eindreschen. Ich werde ihn verklagen. Ich werde der ganzen Wobau die Hölle heiß machen.“ Robby nickte bekräftigend. Er wußte, er würde es tun. Er war wirklich sicher, und dann konnte Grabbert zum Teufel gehen und auch sein fetter Verwandter samt seiner Tante und der ganzen übrigen Nowossny-Bande, und die Zeitungen würden über ihn schreiben, die TV-Sender über ihn berichten, und vielleicht würde das auch die blonde junge Maid von gegenüber veranlassen, ihm ihre Badeshow live und in Farbe zu zeigen …
    „Haben Sie denn keinen Kündigungsbrief bekommen?“ fragte der dicke Mann.
    Robby wollte sich gerade erheben, zur Tür eilen und mit großen

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