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Gemischte Gefühle

Gemischte Gefühle

Titel: Gemischte Gefühle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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Fußgängerzone füllte sich allmählich wieder mit Menschen, und jetzt erschienen zwischen den gelb kränkelnden Gewächsen in den hier und dort stehenden Betonkübeln auch einige Polizisten und blickten sich unentschlossen um und reagierten auf die spöttischen Bemerkungen der Passanten mit jener beruflichen Nonchalance, die Robby schon immer an ihnen bewundert hatte. Da von den tobenden Fans des städtischen Fußballclubs (der im Jahr einen Zuschuß von einer knappen Million Mark aus Steuergeldern erhielt) niemand mehr zu sehen war, zogen die Beamten unverrichteterdinge wieder ab, allerdings nicht ohne zuvor einen Werbestand der Radikaldemokratischen Partei einer hochnotpeinlichen amtlichen Kontrolle unterzogen zu haben.
    Robby schlenderte weiter und bemühte sich, die Erinnerung an sein unerquickliches Gespräch mit Huspensky zu verdrängen. Teufel auch, der Sack hatte ihm das Messer auf die Brust gesetzt und ihm gedroht, die Unterstützung zu sperren oder ihn zum Sozialen Arbeitsdienst in Unterföhrenheim in der finstersten Ecke des Bayerischen Waldes zu verbannen, wenn er nicht umgehend das Stellenangebot der Deutschchemie AG annehmen würde; egal, ob Robby nun als Werkzeugschlosser ausgebildet war oder nicht. Robby spuckte verächtlich aus und blieb vor der Plattenkiste stehen, musterte geistesabwesend die LP-Cover, Musikkassetten und Videobänder im Schaufenster. Huspensky hatte leicht reden. Es war schon ein Unterschied, ob man Tag für Tag in einem klimatisierten Büro des öffentlichen Dienstes Akten wälzte und Arbeitslose schikanierte oder ob man in einer stinkenden Lagerhalle der Deutschchemie hochbrisante Fässer mit Trichlorphenol, Tetrachloridbenzodioxin und Hexachlorcyclohexan stapelte.
    Der Hi-Fi-Lautsprecher über der Tür der Plattenkiste brüllte die neues Hits. „Wann machst du deine Alte kalt?“ lallte Rocky St. James zu den süßen Klängen eines digital aufgenommenen Streicherquartetts. Robby schüttelte sich. Und im übrigen spielte es auch keine Rolle, ob er nun den HCH-Job wollte oder nicht – der geschniegelte Personalchef der Deutschchemie, Hubert Graf Kalle von Bohle und Anhalter, hatte ihm schon einmal erklärt, daß er Leute wie Robby für ein Sicherheitsrisiko hielt, aber interessierte das Huspensky?
    „Don’t forget your machine-gun“, rieten African Bullett, eine südafrikanische farbige Band ehemaliger Untergrundkämpfer, die nach dem Fall des Apartheid-Regimes in Pretoria über den Kontinent tingelten und Gelder für den Wiederaufbau lockermachten. Nein, was Huspensky wollte, das war klar wie ein Sonnenaufgang in der Karibik. Er wollte Robby den öffentlichen Geldhahn zudrehen, und dazu war ihm jedes Mittel recht, sogar die Deutschchemie.
    „Wahnsinn“, murmelte eine Stimme, die Robby seltsam vertraut vorkam, so rostig klang sie, und kaum hob er den Kopf, da sah er auch schon Don the Dope, den Superstar der Funk-Punk-Rock-Formation Pete Paranoia & his Nightmares, die ihre Gigs in einem verkommenen Lagerhaus auf dem höchsten Punkt des Holunderberges durchzogen und seit einem Monat die städtischen Alternativcharts mit It’s fine be mad in the White House anführten. Don the Dope hieß mit bürgerlichem Namen Detlef Damroß, und Robby kannte ihn seit seiner Schulzeit, kannte ihn sogar gut, alldieweil sie gemeinsam einen tattrigen Geschichtslehrer davon überzeugt hatten, daß das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 nach ihrer gründlichen historischen Analyse mindestens irgendwo im ostbengalischen Sumpfland anzusiedeln war und jede Abweichung von dieser Maximalforderung Verrat! Verrat! bedeutete. „Wahnsinn“, wiederholte Don the Dope und strich sich eine rosa Haarlocke aus den Augen. „Es ist unglaublich. Unerhört. Das bedeutet Revolution. Mindestens. Das werden wir nicht zulassen. Nein!“
    „I wanna fuck the pope“, lispelten die Nightgirls aus dem Hi-Fi-Lautsprecher.
    „He, Don, altes Haus“, sagte Robby und klopfte dem schlanken jungen Mann in dem hautengen Seidenpyjama wohlwollend auf den Rücken. „Was hast du auf dem Herzen? Ist euer Manager mit den Einnahmen des letzten Konzerts auf und davon und verpraßt jetzt die Drei Mark fünfundachtzig in einem Düsseldorfer Freudenhaus?“
    „Du kannst gut Witze machen“, klagte Don the Dope und schwenkte ein grellfarbenes LP-Cover. „Du bist einer von diesen Aussteigern und brauchst dich nicht mit den Widrigkeiten der Musik-Szene und profitgeilen Plattenbossen herumzuschlagen. Ich bin ruiniert, begreifst

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